Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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bis auf die verdammte Aussprache! — Das sagen Sie getrost Jedem, der nach 
mir fragen sollte! 
Nachdem ich Anfangs November Wider in Stuttgart mich wonlich ein 
gerichtet hatte, besuchte ich Herrn A. und liß mich seiner Frau Schwester vor 
stellen, welche schon mit Ungeduld meiner Ankunft entgegengesehen, denn cs 
verlangte sie sehr, eine Entscheidung über ihr Schicksal zu vernemen. 
Nun, und was fand ich? Als damaligem Laien, der noch nicht im Sinne 
hatte, sich dem ärztlichen Berufe zu widmen, kann man es mir nicht verdenken, 
wenn ich es noch nicht so verstand wie jetzt, die Patienten wenn nötig bis 
in ire früheste Jugend nach iren Erlebnissen auszufragen, und so der 
Ursache ires Uebels auf die Spur zu kommen, welche dann wider einen 
guten Fingerzeig für die einzuschlagende Behandlung abgibt, geschweige daß 
ich damaliger lediger Jüngling eine Frau nach iren Kindbettgeschichten rc. 
hätte fragen mögen und eine Anung davon gehabt, im Jare 1878 dise Ge 
schichte dem Drucke übergeben zu wollen und deshalb damals Alles Wort für 
Wort gleich niderzuschreiben! Leider kann ich augenblicklich zum Ueberfluß 
auch das A t t e st ires Mannes nicht vorfinden, das mir derselbe ein paar 
Jare später nach Brunnthal zur Ermutigung für eine änliche Patientin 
einsante. Ich kann also dise kranke Frau nur noch aus meiner allerdings 
zimlich lebhaften Erinnerung in der Hauptsache schildern, welche darin besteht, 
daß sie im November 1851 nicht einen Schritt one ire beiden 
Krücken machen konnte und 13 Monate später im Februar 1853 ihren Back 
fisch von Töchterlein auf einen Ball im obern Museum in Stuttgart one 
dise Spazirhölzer in der Tat und Warheit selbst hin brachte! 
Was nun in disem Zeitraum mit ihr geschehen, will ich kurz und bündig hier 
mitteilen, woraus man sich die gute Lere zihcn kann, daß man nicht gleich 
Arm und Bein hinzuhalten braucht, wenn so ein paar von Gelersamkeit 
strotzende und auf ire Universitätsbildung und Dressur pochende Approbirte 
den Raptus bekommen, solche runtersägen zu wollen unter Androhung 
der Gefar, daß sonst der Tod vor der Türe stehe!! 
(Schluß folgt.) 
Unsre Regirungen und das herrschende Mich inert,m. 
Von Ioh. 'Net. Arailck, Prof. vr. med. und Leibarzt II. Majestäten des Kaisers 
Alexander I. von Rußland und des Kaisers Franz I. von Oesterreich. 
Mitgeteilt und bevorwortet von Hheodor Kahn. 
Man hat meinen agitatorischen Bestrebungen gegen das medizinische 
Rcceptenklecksertum und gegen Das, was man heute für medizinische Wissen 
schaft und Gelersamkeit ausgibt, wol bisweilen nachgesagt, sie seien zu herbe, 
zu schroff, zu rücksichtslos, es sei lange nicht so schlimm; die Mediziner von 
heute befleißigten sich einer strengeren Wissenschaftlichkeit und exactercn Natur 
treue, wie vorher, rc. rc. Man vergaß aber immer dabei , daß ich alle meine 
Auslassungen stets mit entsprechenden Citaten aus der Mediziner selbsteigenen 
Literatur belegt hatte und also weniger mein Urteil, als das der Mediziner 
über ihre Kunst veröffentlichte. Und wenn ich immer neu das protestirende 
Wort gegen den medizinischen Receptenschwindel und gegen die Unwissenschaft 
lichkeit und Naturgesetzlosigkeit der medizinischen Praxis erschallen lasse, so ver-
	        
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