Volltext: Der Naturarzt 1878 (1878)

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so empfiehlt die medizinische Schule ferner Einschnitte der Cysten, welche 
sich dann entleeren, eitern und einschrumpfen; die Operation der Ausschälung 
der ganzen Drüse hat sich als gefahrvoll erwiesen und ist wieder ver 
lassen worden. Es ist kürzlich aber von Dr. E. Rose, Prof, in Zürich, eine 
Brochüre erschienen, bet.: „Der Kropftod und die Radikalkur der Kröpfe", 
worin gesagt wird, daß, während alle Therapie des Kropfes, so lange ein Rest 
von ihm noch bleibe, oft so sehr vergänglich und nicht ganz gefahrlos sei, es 
bei der Radicalkur des Kropfes, der totalen Exstirpation der 
Drüse bis jetzt auch zweifelhaft, ob sie nothwendig und ihrer Ge 
fahr Werth sei! Richtig sei, daß Leute m i t Kröpfen auffallend häufig 
collabiren (rasch zu Grunde gehen); als Ursache des Kröpft ödes müsse 
man jetzt die lappige Erweichung der Luftröhre annehmen, wodurch nämlich 
aus dem starren Luftschlauch ein schlappes Luftband werde, welches wegen 
des Druckes der geschwollenen Drüse die Luft nicht mehr passiren läßt, 
und so den Erstickungstod herbeiführt, wogegen nun sich die Tracheo 
tomie (Luftröhrenschnitt) dringend empfehle, welchem dann die E x st i r p a l i o n 
der ganzen Drüse, resp. Kropfes zu folgen habe! — Prosit! Be- 
daure Jeden, dem dieses Schicksal bevorsteht! — 
Geht's denn aber ohne Operation n i ch t a u ch? Wollen sehen, was davon 
bekannt geworden! Zunächst etwas Historisches; den Königen von England 
und Frankreich wurde die Kraft zugeschrieben, Kröpfe durch Berühr 
ung heilen zu können; in Frankreich soll noch Karl X. den Tag nach 
seiner Krönung, 30. Mai 1825, im Hospital St. Marceul 121 Kropf 
leidende berührt haben, welche zwar nicht geheilt, aber reich beschenkt 
davongingen; gegenwärtig ist diese Kurmethode nicht mehr möglich, weil weder 
England, noch Frankreich — Könige haben! — Dr. K. Munde hat in seiner 
Hydrotherapie das Wort Kropf blos im Register aufgeführt und 
sagt nur ganz kurz dort: „gegen Kropf — Einreibungen mit Petroleum(?), 
Terpentinöl (?), erregende Umschläge, Packs! L> o l ch e Verordnung ist 
mir doch auffallend von einem Wasserarzt, da Petroleum doch nicht un 
gefährlich. Th. Hahn sagt in seinem „H a n d b u ch" auch ganz kurz nur: 
man vertausche den Wohnort, die Trinkquelle, um die weitere Ausbildung zu 
verhindern; im Uebrigen möge man durch eine allseitig naturgemäße Lebens 
weise sonst günstigere Bedingungen zu erlangen suchen , und fügt bei: die 
schwedische Heilgymnastik giebt vor, durch methodische Streichungen, 
Klopfungen, Drückungen eine allmäliche Erweichung und Verkleinerung des 
Kropfes erzielen zu können, doch habe e r (Hahn) einen Erfolg bei ihr noch 
nicht beobachtet! Die homöopathische Schule behauptet auch, den Kropf 
heilen zu können; Jahr, Hahnemann's großer Schüler, sagt in seinem 
„Leitfaden" Folgendes: Welches hier die speciellen Anzeigen für die einzelnen 
Mittel sind, habe ich noch nicht ermitteln können, ich habe Kröpfe mit 
Caus., Natr. carb., Jod, Spong., Calc., Brom und Lycop geheilt (?), ohne sagen 
zu können, warum dasselbe Mittel, das in einem Falle so schnell und 
ausgezeichnet geholfen (?) hatte, in einem andern auch gar nichts 
that! Gewöhnlich fange ich meine Behandlung mit Spong. an. worauf ich dann, 
wenn es erfolglos bleibt, Sulph. gebe und dann Jod, nach diesem gebe ich Natr. 
carb. und danach Brom, nach diesem Calc., Lycop, Caus. und nützen auch diese 
nichts, so gebe ich wieder 8pong., dann Hepar, Jod, Sulph. und endlich 
abermals Brom. Ein wahres h o m ö o p a t h i s ch e s L o t t e r i e s p i e l! Wer 
hat Lust dazu? — Schaden kann es sicher nichts, diese Streukügelchen zu 
schlucken und wer Geduld und Glauben hat, kann ja warten und vielleicht
	        
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