Volltext: Der Naturarzt 1877 (1877)

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durch diese Krankheit zu verhüten. Für sorgliche Aeltern und 
leichtsinnige Aerzte, gr. 8. 20 S. Mit 5 Tafeln Abbildungen. 
Bautzen, Reichel. Preis 1 Mark. 
Verf. sagt, daß die englische Krankheit (Rachitis) so genannt werde, weil 
der Engländer Glisson sie zuerst beschrieben ; dieselbe "sei eine K n o r p e l w u ch e r - 
u n g und K n o ch e n a u f l o ck e r u n g , in Folge beffeu eine verzö gerte Knochen- 
s u b st a n z b i l d u n g , entstanden durch H e m m u n g und unzureichende 
L e b e n s l n s t z u s u h r z u nr B l u t, eben deshalb Hemmungundunzurei ch e n - 
der Stoffumsatz in einzelnen Knorpeln und Knochen; nach langen 
kalten Wintern, wo die Kinder wenig an die Lust kommen , verfallen im Frühjahr 
gewöhnlich viele Kinder in diese Krankheit. Vers. beschreibt nun die allmählige Ent 
stehung dieses Uebels, merkbar durch äußere Erscheinungen an der Wirbelsäule, an den 
Armen und Beinen, welche er näher bezeichnet und auf Tafeln andeutet, dabei die Art 
und Weise der Untersuchung der Kinder mittheilend. Nachdem Verf. sodann die ü b - 
liche Behandlungsweise mit dem ganzen Kram von Streck- und Druck ap p ar a t en 
kritisirt und verworfen, und von der L e b e r t h r an k u r gesagt, daß durch dieselbe zwar 
sehr viel Mißwachsbefallene gebessert, aber nur solche, die noch nicht weit vor 
geschritten waren (desgleichen vom Leberthran mit phosphorsaurer K a l k - 
erde), geht er zu seiner eigenen Kurmethode über, das Resultat einer 48jächr- 
igen Erfahrung und Beobachtung, welche nicht nur in allgemeiner Anregung des Lüoff- 
umsatzes im ganzen Körper der Mißwachskinder, sondern vor Allem in ö r t l i ch e r 
Steigerung dieses Umsatzes bestehe, weil bei dieser Krankheit gerade einzelne 
Gegenden ganz besonders in v i e l st ä r k e r e s Hinken gerathen mit diesem 
Umsatz der f e st e r e n Theile der Knorpel und Knochen. Werden diese 
Gegenden nun durch Eindringen von Reizmitteln für die Säftecirculation, für den 
Umlauf des Blutes, veranlaßt, schneller die Ernährung zu vollziehen, so werde eben 
dadurch der ganze Fehler gehoben, wenn von beiden Seiten, von Innen durch 
Steigerung der Blutbereitung und von A u ß en durch kräftige Anregung 
der Blutverwendung hinreichend gesorgt werde. Verf. empfiehlt nun Bewegung 
der Glieder in freier Lust als wesentliche Mithülfe bei der Kur, aber 
jedenTag, und den Schleifstein mit beiden Armen für S e i t e n v e r k r ü m m t e 
bis zur Ermüdung. Nächst der L u f t z u f u h r v e r m e h r u n g durch fast beständigen 
Aufenthalt in derselben sei aber auch die N a h r u n g s z u f u h r der Kinder nicht zu 
versäumen und — hier spiele die Milch die Hauptrolle, aber nicht die Milch derThiere, 
welche die M e n s ch e n m i l ch nie v o l l st ä n d i g ersetze; Verf. sagt dann , welche Er 
nährung für die Mütter die beste sei, nämlich die Pflanzenkost, resp. die Mehl 
st o f f n a h r u n g , welche die Fleischnahrung nebst Bier bei weitem übertreffe! 
Als einen der besten Zusätze zur Milch bezeichnet Verf. sodann den Hafer 
schleim, und beschreibt dessen Zubereitung; dieser Haferschleimzusatz zur Milch sei 
namentlich d a von großem Werth, wo Neigung zum Durchfall vorherrsche; wenn der 
selbe grünlich, so setze man dem Schleim mehre Eßlöffel K a l k w a s s e r zu, ebenso bei 
Erbrechen. Verf. behauptet sodann, daß man mit Haferschleim allem, oder 
Haferlinsen schleim die Kinder vollkommen ernähren könne, ohne a l l e M i l ch; 
es sei dieser Schleim nahrhafter als die L i e b i g 'sche Suppe und das beste Ersatz 
mittel für die Milch (s. Inserat in mehren Nummern des N.-A. vom vor. Jahre 
von H. Weib ezahn-H aferme hl). Das Schart au ffche Milch Pulver leiste 
nicht mehr wie Haferschleim mit Milch; die Fleischbrühe, welche von vielen 
Aerzten auch für Kinder empfohlen werde, sei kein Nahrungsmittel, ebensowenig 
Bier; dagegen ist Vers. nicht g e g e n F l e i s ch , welches er roh gewiegt sogar 
schon Kindern im 2. Jahre geben läßt!! Und größeren Kindern läßt er sogar nach 
jeder Mahlzeit einen Eßlöffel M a l a g a w e i n geben; kleineren Kindern 1 Theelöffel, 
im Backfischalter läßt er noch etwas Quassiaholz im Malaga weichen, wodurch der 
Appetit gesteigert werde. Auch huldigt Verf. dem Irrwahn, daß die Nahrungsmittel im 
Magen schneller verdaut werden, wenn man unmittelbar vor oder bei dem Essen 
P e p s i n w e i n nehmen lasse, selbst von kleinen Kindern! Unsinn — eine feuchte 
Leibbinde übertrifft diese Ma gensporn st iche sammt und sonders! 
Zum Schluffe sagt Verf. noch Folgendes': 
Zu bemerken wäre noch das Hafer- und L i n s e n m e h l, welche jetzt in größeren 
deutschen Städten im Handel zu haben sind. Die Analyse ergab, daß das Hafermehl 
ein Nährverhältniß wie 1 zu 7, das L i n s e n m e h l ein solches wie 1 zu 2,30 hat, eine 
Mischung beider ebenso kräftig nährend wie Kuhmilch, und diese Mischung 
die Kuhmilch ersetzen kann, wo sie nicht zu haben oder bei Armuth nicht zu erschwingen
	        
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