Volltext: Der Naturarzt 1877 (1877)

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Heilaberglauben gründlich kurirt worden; er habe aber auch die Ueberzeugung erlangt, daß 
schon Millionen von Menschenleben dem Wahne des Arzneiglaubens gefallen sein müssen! 
Nach Kypke's Anleitung habe er ferner die ersten Versuche in seiner eigenen Familie 
angestellt unb nachdem solche zu seiner Freude gelungen seien, auch Andere auf dieses ein 
fache Heilverfahren aufmerksam gemacht und sei stolz darauf, sagen zu dürfen, daß dasselbe, 
soweit es in'der Schweiz bereits Wurzeln geschlagen, größtentheils die Frucht seiner 
Anstrengungen sei. Was diese seine Arbeit anbelange, so mache er höchstens Anspruch 
darauf, daß sie als die Frucht eines allerdings nicht blos oberflächlichen Studiums 
der gesummten ch r o t h ffchen Literatur betrachtet werde; immerhin dürfe er aber bei 
fügen, daß er an Alles den Maßstab seiner eigenen Erfahrung gelegt und Nichts auf 
genommen, was sich in der Praxis nicht bewähren dürfte. 
Das Schroth 'sche Heilverfahren s o speciell zu beschreiben, daß es auf jeden 
einzelnen Krankheitsfall passe, sei selbstverständlich reine Unmöglichkeit; dennoch dürfte unter- 
allen bisher erschienenen Schriften seine a m m e i st e n zur S e l b st b e h a n d l u n g be 
fähigen , da das fragliche Heilverfahren in keiner andern so ausführlich dargestellt sei, 
als hier! Ipsissima • verba!! In wie weit dies wahr ist, will ich nnuntersucht lassen, obgleich 
ich die ganze Schrott) 'sche Literatur besitze, denn der Geschmack und die Begriffe 
sind gar verschieden! Ich begnügte mich daher blos noch den Inhalt des 
Schriftchens anzuführen und einige berichtigende Bemerkungen beizufügen. Verfasser beginnt 
mit einer „ kn r z en G e s ch i ch t e d e r H e i l k u n st " , die sich ganz hübsch liest und 
in der er von den ersten Anfängen derselben bis zur neuesten Zeit alle irgendwie be- 
merkenswerthen Heilkünstler Revue passiren läßt. Dann giebt er eine „Ausführliche 
Darstellung der S ch r o t h 'scheu K u r " , welcher er „die Erscheinunge n 
während derselben" und zuletzt die Begründung dieser Heilmethode 
folgen läßt; dieselbe gipfelt sich in der Behauptung, daß Vater Schrot h durch sein 
Verfahren das Gebühren der Natur bei akute n Krankheiten nachgemacht habe, welches 
bekanntlich darin bestehe, daß der Kranke bei schlechtem Geschmacke, üblem Geruch aus dem 
Munde, Eckel, belegter Zunge, Appetitlosigkeit, einen Abscheu namentlich vor Fleisch 
nahrung, trägen Stuhlgang, dunklen und sparsamen Urin und beschleunigten Puls, 
erhöhte Körpertemperatur, Mattigkeit zeige, was Alles der deutlichste Beweis sei, daß eine 
veränderte Thätigkeit im Organismus eingetreten, um irgendwie entstandene Störungen 
des Stoffwechsels wieder auszugleichen, wodurch dann nach einiger Zeit die krankhaften 
Stoffe in Form von Schweiß und Bodensatz im Urin ausgeschieden werden und so 
die frühere Harmonie aller Organe (Gewebe), ihrer Struetnr wie Verrichtungen wieder 
hergestellt werde. Einen ähnlichen Heilgang müsse man nun bei Behandlung chronischer 
Krankheiten einzuschlagen suchen und den habe Vater Schroth sinnreich entdeckt. 
Darauf möchte ich bemerken, daß eine solche Begründung nichts weniger als richtig oder 
zutreffend ist, denn wenn die Vorgänge bei akuten fieberhaften Krankheiten wirklich durch 
aus nur heilsam wären, dann dürfte absolut kein Mensch an denselben sterben und eben 
sowenig dürfte ärztlicherseits etwas dabei geschehen; ja die Aerzte wären ganz unnöthig! Dem 
ist aber nicht so, wie männiglich bekannt und eben deshalb kann auch ein Verfahren, das 
jene p a t h o l o g i s ch e n Vorgänge zu provociren strebt, durchaus nicht als vorzüglich, 
als das non plus ultra und alle bisher dagewesene weit übertreffend, dargestellt werden, am 
wenigsten, wenn solche Komödien dabei vorkommen, wie die berüchtigten Sauf tage in 
Linde wiese! Das Ideal einer vernünftigen und naturgemäßen Heilweise hat uns 
schonCornaro durch seine str eng e M äßig keit gegeben^ wodurch der Körper in Stand 
gesetzt wird, sich nach und nach von allen Schlacken und Krankheitsstoffen zu reinigen und 
eine regelmäßige Function aller Organe herzustellen, wodurch eben „Gesundheit" be 
dingt wird! Daß neben dieser Ma gen Pf lege noch eine Haut-, Lungen- und 
Muskelpslege beobachtet werden muß , das versteht sich von selbst. Zum Theil ist 
nun Cornaro's Mäßigkeit von S ch r o t h copirt worden, und bezüglich der Haut 
pflege der Gräfenberg, bleiben somit noch die beiden andern „Pflegen", wovon bei 
S ch r o t h keine besondere Vorschrift gegeben wird. Daß Dr. Stein bacher, der fast 
xin Jahr sich in L i n d e w i e s e bei Schroth aufhielt, dessen vorzügliche Heilweise nicht 
streng adoptirte, sondern eine Methode kultivirte, die aus der P r i e ß n i tz Äschen und 
Schroth'schen zusammengesetzt war und mit der er ebenfalls schöne Heilungen erzielte, 
spricht keineswegs für die S ch r o t h' sche Unfehlbarkeit! Man lernt daraus, 
daß, wie viele Wege nach Rom, so auch mehre in den Posthof der Gesundheit führen! — 
Im 5. Kapitel giebt Verf. die Behandlung einzelner Krankheiten nach Schroth 
zum Besten und zwar die der Krankheiten der V e r d a u u n g s - , der Athmnngs- 
o r g a n e, der Nieren und Blase, bei Blutverderbnissen, Geschlechts -, Haut -, rheu 
matischen, Nerven- und Gehirnkrankheiten, Blutflüssen rc. 
Ich habe diese beiden Schriftchen deshalb eingehender besprochen, weil ich der Schroth' -- 
schon Methode immerhin einigen Werth beilege, jedoch ihrer Verhimmelung entschieden
	        
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