Volltext: Der Naturarzt 1877 (1877)

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während sie bei flanellener Bedeckung — nicht eintraten. Ich kann nun dem ehrenwerthen 
Kollegen hier keineswegs beistimmen, da ich nimmermehr glaube, daß unter Wachs- 
taffet- oder Kautschukbedeckung die ausgedünsteten Krankheitsstoffe innerhalb der Bandage 
festgehalten, von der Haut wieder aufgesaugt werden und daher dann die Schmerzen 
entstehen! Ich habe mit Wachstaffet-, Guttapercha- und Kautschuk-Bedeckung seit 2 Jahr 
zehnten ebenfalls manipnlirt und gefunden, daß selbige für blutarme, froschkalte Subjecte 
recht gut passen, weil bei ihnen feüchtkalte erregende Umschläge unter flanellener Bedeckung, 
namentlich im Winter, lange nicht warm werden und so ihren Zweck nicht erfüllen; eben 
deshalb müssen warmblütige Subjecte solche Umschläge bei Wachstaffet-Bedeckung öfter 
erneuern, weil sie sonst zu heiß werden und dann die Nerven überreizen und 
S ch m erzen hervorrufen. Ich wollte schon früher des von dem hiesigen Gummiwaaren- 
fabrikanten F. E. Baeumcher erfundenen, sogenannten verbesserten Halsumschlages 
nach P r i e h n i tz'scher Methode Erwähnung thun, der nach Mund e'scher Anschauung 
wirklich das non plus ultra von Umschlagsunsinn darstellt. Der Erfinder sagt 
nämlich in seinem Prospect wörtlich: bei allen Arten Leiden des Kehlkopfes hat sich das 
Priesznitz'sche Verfahren — nasser Aufschlag bedeckt mit luftdichtem Stoff und über 
Beides eine wollene Binde gelegt — vortrefflich bewährt; wenn nun öfters das richtige 
Resultat nicht erzielt wurde, so war es nur den Patienten zuzuschreiben, welche die 
Sache nicht correct ausführen konnten, weil ihnen das geeignete Material (?) dazu 
fehlte! Baeumcher hat nun diesem Uebelstand abgeholfen und einen correcten H a l s - 
u m s ch l a g geschaffen, der aus einem s ch w a m m a r t i g e n F i l z st o f f besteht, welcher 
auf der Rückseite g u m m i r t ist und außerdem nochmals mit einer Lösung von 
Gummi mit einem gleichfalls gummirten Zeugstoff luft- und wasserdicht 
verbunden ist. 
Dieser Baeumcherstche Prießnitzumschlag, welcher nicht ausgewaschen und wieder 
getrocknet werden kann, hält also nach M u n d e^s Anschauung die ausgedünsteten Krankheits 
stoffe doppelt fest, treibt sie wieder in die Haut hinein und ist also nichs weniger als 
eine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung (Verböserung!) des P r i e ß - 
n i tzstchen Umschlages, welcher am besten und einfachsten aus alter Leinwand gemacht 
wird, wie sie in jeder Haushaltung vorhanden ist, darüber die trockene Bedeckung wie oben 
besprochen; diese leinenen Compressen müssen stets doppelt vorhanden sein, damit sie 
jedesmal nach Abnahme gewaschen und gelüftet werden können, was beim Baeumch er 
sehen nicht der Fall ist. — (Auch Gebr. Weil in Frankfurt a. M. zeigen verbesserte 
Halsumschläge an!) 
2. Warum ich keinBnchüberNatur heil Methode schreibe? und fügen wört 
lich noch bei: Ich kann mir leicht vorstellen, wie arg die Red. des N.-A., die Patienten Ihre Zeit 
und auch Ihre geistigen Kräfte in Anspruch nehmen; allein könnten Sie denn nicht irgend 
eine Einrichtung erfinden, wodurch Sie Zeit erübrigen würden? Es w är e S ch a d e, 
wenn Sie kein Buch schrieben! Sie wären der rechte Mann dazu! Ihre 
reichen Erfahrungen würden Ihnen das Werk noch erleichtern, ebenso wie das von Ihnen 
im N.-A. niedergelegte Material, das Sie selbstverständlich (besonders die Krankengeschichten, 
die stets von unzweifelhaftem Nutzen sind) in das Werk aufnehmen würden. Sie werden 
sich nicht nur ein großes Verdienst erwerben, sondern Sie würden auch, wie ich glaube, in 
Anbetracht Ihrer vielen Freunde, auf einen faßbareren Erfolg mit Gewißheit rechnen 
dürfen. Also bitte, machen Sie uns Allen die Freude! — Antw. Ich war, ehe mir Ende 
1870 die Red. des N.-A. angetragen wurde, fest dahinter, ein „L e h r b u ch über Natur- 
heilkund e“ herauszugeben unter dem Titel „Antibock 66 oder ,,A u ch ein Buch vom 
g e s n n d e n u n d kranken Mensche n", allein — ich habe seit 1871 keine Zeit mehr 
gefunden, es zum Abschluß zu bringen und nur die Götter wissen, wenn ich die nöthige 
Muße dazu erhalte! Also gedulden Sie sich eben noch ein gutes Weilchen! — 
Ab. Z. in Dresde n. Ob mir bekannt sei, daß vor Kurzem der Erg runder 
der höheren Diätetik und Natur heil künde, mein guter Freund Herr F. W. 
Hauvold hier im Krankenhause gestorben? Antw. Habe Nichts davon in öffentlichen 
Blättern gelesen und mich schon gewundert, daß seine Stilübungen in den Dresdner Nach 
richten seit Jahr und Tag aufgehört haben. Der Mann litt jedenfalls am Größen 
wahn, denn sonst wäre er 1865, als ich ihm gelegentlich eines aufdringlichen Besuches 
in meiner Wohnung (s. N.-A. 1874, Nr. 8), wo er, der Unbekannte, sich mir zur Heilung 
meines Ohrenleidens saus facon angeboten und ich ihm dann seine Stümperei, sein com- 
pletes Nichtswisserthum eklatant vor Augen gehalten, in sich gegangen und hätte hübsch ferner 
unterlassen, das Publikum mit seinen heillosen E r g r ü n d u n g e n zu behumbugen. 
Denn, wie mir mehrfach von Patienten erzählt wurde, soll er am akuten Krankenbette 
seinen Mann garnicht gestellt, eine erbärmliche Rolle gespielt haben und in chronische n 
Fällen liefen die Wenigen, die auf seine charlatanerischen Annoncen reinfielen, schon nach 
den ersten Wochen ans seiner Vollblut-Milchkur wieder davon. Siehe übrigens
	        
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