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Schlaf; dieser von der Wissenschaft noch nicht erschöpfend erklärte, nor
male und periodisch wiederkehrende Zustand, worin das Gehirn seine Thätig
keit ganz einstellt, nämlich was Empfindung, Bewußtsein, psychische
Action und willkürliche Bewegung anbelangt und nur die unwillkürlich
vor sich gehenden, der Ernährung dienenden sog. vegetativen Processe fort
dauern — ist im Fieber gestört, denn die gesteigerte Umsetzung aller Körper-
bestandtheile, auch des Gehirns, läßt dasselbe nicht zur Ruhe kommen.
Die Abmagerung des Körpers im Fieber erklärt sich leicht durch
den gesteigerten Stoffverbrauch und die verminderte Einfuhr von
Heiz- und Ernährungsmaterial, weshalb man sagen kann: daß der Fiebernde
nach und nach seinen eigenen Körper als Brennmaterial verbraucht und der
selbe daher zuletzt an Erschöpfung zu Grunde geht.
Mit Vorstehendem sind so ziemlich alle Erscheinungen des körperlichen
Passionsbildes, genannt Fieber, besprochen und erübrigt blos noch in Kürze
die Fingerzeige anzugeben, wie diesem Leidenszustand am raschesten und
sichersten abgeholfen werden kann.
Zur physiatrischcn Behandlung von Fieberkranken.
1) Zunächst schaffe sich Jedermann einen Blutthermometer (Oxy
dationsmesser) in's Haus, um in vorkommenden Erkrankungsfällen dieses
wichtige Instrument, grmsi den ärztlichen Comp aß, bei der Hand zu
haben, und übe sich vorher im Gebrauch desselben bei geschlossener Achsel
höhle, bei Maximumthermometern im Mastdarm.
2) Wenn nun z. B. eines seiner Kinder eines Abends oder in der Nacht
über Unwohlsein klagt, dessen Haut bei der bloßen Berührung sich heiße
anfühlt, als gewöhnlich, dann ist der richtige Moment gekommen, zuerst mit
dem Thermometer nachzuforschen, wieviel Prozent über Pari (hier
37" Cels.) der vitale Cours steht, denn darnach richtet sich die physiatrische
Behandlung.
3) Zeigt nun dieser unser Oxydationsmesser über 37° 0., so muß
(und je mehr darüber, desto mehr) ganz entgegengesetzt von dem, was
früher die weise Staatsheilkunde ihren Jüngern gelehrt und diese wieder
dem gläubigen Publikum gepredigt — zuerst für kühleLagerung des
Kranken (keine Federbetten weder unter noch über dem
Kranken!!) und immer frische Luft im Krankenzimmer gesorgt werden
durch Oeffnung von Fenstern und Thüren — ein bischen Luftzug
schadet gar nicht, im Gegentheil sehr heilsam! — und selbstverständlich
soll im Winter nur ganz wenig geheizt (nicht über 15° 6.), im Sommer
der Kranke in ein nach Norden gelegenes kühles Zimmer gebracht werden!
4) Soviel, wasindirecte Abkühlun gdurchfrische Luft und kühle
Lagerung anbelangt. Nun kommen wir zur direkten Abkühlung
mittelst Wasser innerlich wie äußerlich, und da lautet die Parole
wieder anders, als bei der bis 1869 monopolisirt gewesenen Pfuscherin,
gen. allopathische Staatsheilkunde, nämlich: laß doch Dein Kind frisches
Wasser trinken nach Herzenslust (nach Belieben mit Fruchtsaft gemischt) bei
Tag wie bei Nacht, und gieb' ihm keinen heißen Thee; ferner je nach der
Thermometerzahl kühle die Haut desselben mittelst Waschungen, Wick
lungen und Bädern wie aus der vorstehenden Krankheitsgeschichte ersicht
lich, und merke Dir, daß, je höher die Körpertemperatur steigt, desto öfter
und anhaltender, aber durchaus nicht viel kälter gewaschen, gewickelt