Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

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Schlaf; dieser von der Wissenschaft noch nicht erschöpfend erklärte, nor 
male und periodisch wiederkehrende Zustand, worin das Gehirn seine Thätig 
keit ganz einstellt, nämlich was Empfindung, Bewußtsein, psychische 
Action und willkürliche Bewegung anbelangt und nur die unwillkürlich 
vor sich gehenden, der Ernährung dienenden sog. vegetativen Processe fort 
dauern — ist im Fieber gestört, denn die gesteigerte Umsetzung aller Körper- 
bestandtheile, auch des Gehirns, läßt dasselbe nicht zur Ruhe kommen. 
Die Abmagerung des Körpers im Fieber erklärt sich leicht durch 
den gesteigerten Stoffverbrauch und die verminderte Einfuhr von 
Heiz- und Ernährungsmaterial, weshalb man sagen kann: daß der Fiebernde 
nach und nach seinen eigenen Körper als Brennmaterial verbraucht und der 
selbe daher zuletzt an Erschöpfung zu Grunde geht. 
Mit Vorstehendem sind so ziemlich alle Erscheinungen des körperlichen 
Passionsbildes, genannt Fieber, besprochen und erübrigt blos noch in Kürze 
die Fingerzeige anzugeben, wie diesem Leidenszustand am raschesten und 
sichersten abgeholfen werden kann. 
Zur physiatrischcn Behandlung von Fieberkranken. 
1) Zunächst schaffe sich Jedermann einen Blutthermometer (Oxy 
dationsmesser) in's Haus, um in vorkommenden Erkrankungsfällen dieses 
wichtige Instrument, grmsi den ärztlichen Comp aß, bei der Hand zu 
haben, und übe sich vorher im Gebrauch desselben bei geschlossener Achsel 
höhle, bei Maximumthermometern im Mastdarm. 
2) Wenn nun z. B. eines seiner Kinder eines Abends oder in der Nacht 
über Unwohlsein klagt, dessen Haut bei der bloßen Berührung sich heiße 
anfühlt, als gewöhnlich, dann ist der richtige Moment gekommen, zuerst mit 
dem Thermometer nachzuforschen, wieviel Prozent über Pari (hier 
37" Cels.) der vitale Cours steht, denn darnach richtet sich die physiatrische 
Behandlung. 
3) Zeigt nun dieser unser Oxydationsmesser über 37° 0., so muß 
(und je mehr darüber, desto mehr) ganz entgegengesetzt von dem, was 
früher die weise Staatsheilkunde ihren Jüngern gelehrt und diese wieder 
dem gläubigen Publikum gepredigt — zuerst für kühleLagerung des 
Kranken (keine Federbetten weder unter noch über dem 
Kranken!!) und immer frische Luft im Krankenzimmer gesorgt werden 
durch Oeffnung von Fenstern und Thüren — ein bischen Luftzug 
schadet gar nicht, im Gegentheil sehr heilsam! — und selbstverständlich 
soll im Winter nur ganz wenig geheizt (nicht über 15° 6.), im Sommer 
der Kranke in ein nach Norden gelegenes kühles Zimmer gebracht werden! 
4) Soviel, wasindirecte Abkühlun gdurchfrische Luft und kühle 
Lagerung anbelangt. Nun kommen wir zur direkten Abkühlung 
mittelst Wasser innerlich wie äußerlich, und da lautet die Parole 
wieder anders, als bei der bis 1869 monopolisirt gewesenen Pfuscherin, 
gen. allopathische Staatsheilkunde, nämlich: laß doch Dein Kind frisches 
Wasser trinken nach Herzenslust (nach Belieben mit Fruchtsaft gemischt) bei 
Tag wie bei Nacht, und gieb' ihm keinen heißen Thee; ferner je nach der 
Thermometerzahl kühle die Haut desselben mittelst Waschungen, Wick 
lungen und Bädern wie aus der vorstehenden Krankheitsgeschichte ersicht 
lich, und merke Dir, daß, je höher die Körpertemperatur steigt, desto öfter 
und anhaltender, aber durchaus nicht viel kälter gewaschen, gewickelt
	        
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