Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

aber ohne Rasttag, ebenso Japan und der ganze mongolische Schlag; das alte 
Mexico hatte 13tägige Wochen, aber wieder ohne Rasttag. 
Weil die Thätigkeit des Gehirns nicht unter dem Commando des Willens steht, 
wie die Thätigkeit der Muskeln, so sind auch die Feiertage der Geister nicht so 
fest bestimmbar, wie die Feiertage der Philister. Kein denkender Mensch wird daher 
von einem Philosophen, Gelehrten, Dichter, Künstler im Ernste fordern, mit der Sonn 
tagsfeier es so zu halten, wie die Alltagsmenschen, die Gevatter Schneider und Hand 
schuhmacher, die Bauern und die dicken und satten Spießbürger zu ihrem Heile damit es 
halten müssen; denn für die große Menge sind Sonntage nothwendig, aber 
gute Sonntage! 
In den ersten Paragraphen sagt Vers., daß ganz unabhängig von der Zeiteintheil- 
ung in Jahre, Monate und Tage die Gruppirung von einem Sonntag und 6 Arbeits 
tagen zu einer Woche vorwiegend auf hygieinischem Bedürfnisse und alt - 
t e st a m e n t a r i s ch e r Grundlage beruhe, denn Moses, dieser erste Meister der 
Gesundheitslehre, habe das Gesetz der Sonntagsruhe aufgestellt und streng darauf 
bestanden und jede Uebertretung desselben mit dem Tode bestraft. Die allgemeine Ein 
führung des siebenten Tages als des Ruhetages nach 6 Arbeitstagen beruhe 
nicht auf einem Mysterium der Zahl 7, sondern auf dem erfahrungsgemäß erkannten und 
bestätigten Bedürfnisse der menschlichen Natur, nach 6 Tagen gleichmäßiger 
Berufsthätigkeit einen T ag frei zu haben, der Gesundheit und dem Genius 
gewidmet! — 
Leider kommen aber beide bei der Weise schlechtweg, in welcher unsere heutige 
arbeitende Classe ihren Sonntag zu feiern Pflege, nämlich durch wüste Sauf 
gelage 2C. 
Wie dem höheren G r e i s e n a l t e r ist dem Säugling und soll dem Kinde 
bis zum vollendeten 7. Lebensjahre jeder Tag — Sonntag sein und Schulkinder 
müssen immer noch 2 halbe Wochen ruhetage haben. Für die F a m i l i e sei der 
Sonntag recht eigentlich der Familientag; er werde es auch in höherem Grade durch die 
besondere Sauberkeit an Körper und Kleidung, im H a u s e und auf Markt 
und Gasse, zumal auch durch die bessere K o st rc. 
Einen weiteren hygieinischen Vortheil bringe die Sonntagsruhe, weil so manche 
versteckte K r a n k h eit s a n l a g e durch nichts so sehr zu Erkrankungsansängen werde, 
als durch stumpfsinnig ertragene M o n o t o n i e des L e b e n s und der Arbeit, darum 
seien auch B e r u f s a r t e n , welche zu anhaltend und einförmig den Menschen anspannen, 
der Gesundheit am n a ch t h e i l i g st e n; Vers, zählt zu denselben den Post - und 
Telegraphendienst. 
Die Alltäglichkeit des Lebens zu unterbrechen, an Stelle des Dunstes und 
gesundheitswidrigen Schmutzes der gewohnten Berufsthätigkeit periodisch Zeiten geistiger 
und leiblicher Reinigung, Erfrischung und Kräftigung treten zu lassen, also eine inten 
sivere und extensrvere S o n n t a g s w i r k u n g zu erzielen, sei in den letzten 
Jahrzehnten besonders . für die Beamtenklasse und dann für die Begüterten als tief 
gefühltes Bedürfniß anerkannt worden. Die Ferien- und Badereisen, der Aufent 
halt in Sommersrischeil und Luftkurorten, die Villegiaturen der Reichen auf ihren Land 
sitzen, das Alles und Aehnliches habe im Grunde einen andern Zweck nicht, als ihn 
die Sonntag s r u h e für den arbeitenden Stand beabsichtige! Und es stehe 
fest, daß durch richtig angewandte und richtig erfüllte Sonntage der 
Zweck der K r ä f t e e r n e u e r u n g weit besser erreicht werde, als durch Alles dieses 
und besonders durch die Bahnfahrten u. s. \v. 
Mit dem Gedanken der Feier des Sonntags verbinde sich außer dem Gedanken der 
Ruhe auch der der Reinlichkeit und zwar einer doppelten, einer innern 
der Seele, ihrer Erhebung über die gewohnten Arbeitssorgen und einer äußern, bei 
allen Gewerken periodisch so sehr nothwendig; diese Reinlichkeit erstrecke sich von Haut 
und Haar der Menschen auf ihre Kleider, Betten, Wohn räume, Hof und 
Garten; wenigstens sollte dies so sein! Unser Volk sei im Großen und 
Ganzen nicht weiter als zu M oses' Zeiten, in manchen Stücken sogar hinter jenen 
Alten zurück! Zwangsimpfung habe man im deutschen Reiche durchgesetzt — 
zwangsweise also nöthige man nun auch Alle, s ich llnd seine Kleider 
und Betten in regelmäßigen Zwischenräumen zu waschen, ja zu d e s i n f i c i r e n; 
namentlich die Betten, und das Volk habe nur schlechte Betten, wahre Krank- 
heitsbrutösen, hundertmal durchschwitzte Federfücke, in denen alle Krankheiten, 
Wochenbetten und sogar Todesfälle der Familien durchgemacht wurden, ohne daß an 
gründliche Reinigung oder Erneuerung auch nur entfernt gedacht werde! 
Diese schaden hundertmal mehr, als unsere überkluge Therapeuten und
	        
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