Volltext: Der Naturarzt 1876 (1876)

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Als Erfolge auf dem Gebiete der Gefundheitsgefetzgebung sei das 
Jmpfgesetz (? oho!) und die Errichtung eines deutschen Reichs-Gesundheits 
amtes zu verzeichnen, sowie ein bedeutender Fortschritt auf dem Gebiete des 
Veterinärwesens (wozu ich für meine Person die Abschaffung resp. das 
Verbot der Lämmerimpfung zähle), was aufs Neue dokumentire, daß der 
Werth des Thieres höhen als der des Menschen angesehen werde!! Auch 
der Umstand spreche dafür, daß auf dem Gebiete der Fabrikinspection bte 
Hygieine fast noch gar keine Berücksichtigung gefunden habe, denn die Be 
schaffenheit der Arbeitsräume, des Arbeitsmaterials, die Dauer der 
Arbeitszeit mit Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiter entziehe sich bei 
uns noch jeder gesetzlichen Bestimmung, während es in dieser Beziehung in 
der Schweiz und England besser aussehe. Auch die obligatorische Fleisch 
beschau harre zur Zeit noch der gesetzlichen Realistrung. Eine der größten 
sanitären Errungenschaften sei ferner die Kanalisation der großen Städte, 
sowie der Schlachtzwang in öffentlichen Schlachthäusern und das Verbot der 
Kellerwohnungen bei Neubauten (vorerst nur in Berlin). 
Eine lange, lebhafte Debatte veranlaßte das Thema: 
„Die technischen Gesichtspuncte, welche für die Unschädlichmachung und Ausnützung 
„des städtischen Cänalwassers in sanitärer, landwirtschaftlicher und national-ökonomischer 
„Beziehung maßgebend sein müssen." 
Es wurden zuletzt folgende Thesen zum Beschlusse erhoben: 
1. Die direete Ableitung des städtischen Canalwassers in fließende Gewässer ist, sei 
es, daß sämmtliche menschlichen Exkrete in dasselbe gelangen oder nicht, in der Regel aus 
sanitären Gründen bedenklich. Wie weit dieselbe nach der Wassermenge, Geschwindig 
keit, geologischer Beschaffenheit der Flüsse re. zu gestatten sei, sollte möglichst durch exakte, 
gesetzliche Normen festgestellt werden. Zur Vorbereitung der letzteren beantragt der Verein 
für öffentliche Gesundheitspflege beim Reichskanzleramte: System-Untersuchungen in den 
deutschen Flüssen. Immer aber ist diese Einleitung als ein volkswirthschaftlicher N a ch - 
t h e i l zu kennzeichnen. 
2. Die Berieselung geeigneter, mit Culturpflanzen bestandener Ländereien ist, eine 
rationelle Anwendung technisch richtiger Prinzipien vorausgesetzt, erfahrungsgemäß das ein 
fach st e u n d d u r ch s ch l a g e n d st e Mittel, das C a n a l w a s s e r sanitär unschädlich zu machen 
und es gleichzeitig zu Gunsten der Interessenten landwirtschaftlich in befriedigendem 
Maaße auszunützen. 
3. Bei der öfters vorliegenden Schwierigkeit der Erwerbung eines Rieselfeldes in 
passender Lage der Stadt erwächst den Regierungen, welche die Städte mit der Obsorge für 
die sanitären Interessen belasten, gleichzeitig die Verpflichtung, denselben auch das Ex 
propriationsrecht für die erforderlichen Maaßnahmen so weit als nöthig zu gewähren. 
Nun folgte das Thema: „Der Nutzen und die Einrichtung der 
Milch-Controle in den Städten". 
Res. führte an: daß die größte Gesundheitsschädigung von der Ver 
fälschung der Nahrungsmittel herrühre, welche lediglich schnödem Geld 
gewinne entsprösse; unter diesen sei leider gerade die Milch, das fast alleinige 
und wichtigste Nahrungsmittel der Kinder in ihrem zartesten Alter, der größten 
Verfälschung unterworfen und unglücklicherweise wieder die Milch-Controle 
eine unendlich schwierige; ja außer der directen Fälschung sei dieselbe noch 
sehr vielen indirecten schädlichen Einflüssen unterworfen, daß das Zusammen 
wirken aller Factoren, d. h, der Behörden, Sachverständigen und Consumenten 
erforderlich sei, um diesem schnöden Uebelstande wirksam zu steuern; schon bei 
dem Transporte in heißer Jahreszeit könne die Milch Schaden leiden, Ge 
fäße von Kupfer, Zink und solche mit Bleiglasur seien als Milchbehälter 
gesetzlich zu verbieten; unvermuthete Revisionen der zum Verkaufe ge 
brachten Milch und regelmäßige Veröffentlichung des Resultates desselben seien 
eines der wirksamsten Mittel, den Bewohnern den Genuß einer gesunden Milch 
zu sichern; die Quevenne'sche Milchwage dürfte sich am besten hierzu em-
	        
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