Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

50 
Jrnpfgesetz für das Deutsche Reich, 
erlassen ant 8. April 1874 
von Miser Wilhelm und KeichMmler Fürst Zismnrrl^ 
mit Zustimmung des deutschen Bundesrathes und des Reichstages. 
8 1. Der Impfn u g mit Schutz Pocken sollen unterzogen werden: 
a) jedes Kind vor dem Ablaufe des auf sein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahres, 
sofern es nicht nach ärztlichem Zeugniß (8 10) die natürlichen Blattern über 
standen hat; 
d) j e d e r Zögling einer öffentlichen Lehranstalt oder einer Privatschule, mit Aus- 
nähme der Sonntags- und Abendschulen, innerhalb des Jahres, in welchem der Zög 
ling das zwölfte Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht nach ärztlichem Zeug 
niß in den letzten fünf Jahren die natürlichen Blattern überstanden hat oder mit 
Erfolg geimpft worden ist. 
8 2. Ein Jmpfpflichtiger (8 1), welcher nach ärztlichem Zeugniß ohne Gefahr 
für sein Leben oder für seine Gesundheit nicht geimpft werden kann, ist 
binnen Jahresfrist nach Aufhören des diese Gefahr begründenden Zustandes der Impfung 
zu unterzieheu. — Ob diese Gefahr noch fortbesteht, hat in zweifelhaften Fällen der zustän 
dige Jmpfarzt (8 6) endgültig zu entscheiden. 
8 3. Ist eine Impfung nach dem Urtheile des Arztes (8 5) erfolglos geblieben, so 
muß sie spätestens im nächsten Jahre und, falls sie auch dann erfolglos bleibt, im dritten 
Jahre wiederholt werden. — Die zuständige Behörde kann anordnen, daß die letzte Wieder 
holung der Impfung durch den Jmpfarzt (8 6) vorgenommen werde. 
8 4. Ist die Impfung ohne gesetzlichen Grund (88 1, 2) unterblieben, so ist sie binnen 
einer von der zuständigen Behörde zu setzenden Frist nachzuholen. 
8 5. Jeder Impfling muß frühestens am sechsten, spätestens am achten Tage nach 
der Impfung dem impfenden Arzte vorgestellt werden. 
8 6. In jedem Bundesstaate werden Imp sb ezi rke gebildet, deren jeder einem 
Jmpfärzte unterstellt wird. — Der Jmpfarzt nimmt in der Zeit vom Anfang Mai 
bis Ende September jeden Jahres an den vorher bekannt zu machenden Orten 
und Tagen für die Bewohner des Jmpfbezirkes Impfungen unentgeltlich vor. Die 
Orte für die Vornahme der Impfungen, sowie für die Vorstellung der Impflinge (8 5) 
werden so gewählt, daß kein Ort des Bezirks von dem nächst belegenen Jmpforte mehr als 
5 Kilometer entfernt ist. 
§ 7. Für jeden Jmpfbezirk wird vor Beginn der Jmpfzeit eine Liste der nach 
8 1, Litera a. der Impfung unterliegenden Kinder von der zuständigenBeLmLe- 
aufgestellt. Ueber die auf Grund des 8 1 , Litera 
Kinder gen ^mit od^otz 
e <y$ ^ ^^^-rK^alb^ie ganz oder vorläufig unterblieben ist. Nach dem 
^>olg vouzoE^M^ahres sind die Listen der Behörde einzureichen. Die Einrichtung der 
orrd durch den Bundesrath festgestellt. 
8 8. Außer den Jmpfärzten sind ausschließlich Aerzte befugt, Impfungen 
vorzunehmen. Sie haben über die ausgeführten Impfungen in der im 8 7 vorgeschriebenen 
Form Listen zu führen und dieselben am Jahresschluß der zuständigen Behörde vorzulegen. 
8 9. Die Landesregierungen haben nach näherer Anordnung des Bundesraths dafür 
zu sorgen, daß eine angemessene Anzahl von Jmpfinstituten zur Beschaffung und Erzeugung 
von Schutzpockenlymphe eingerichtet werde. Die Jmpfinstitute geben die Schutzpockenlymphe 
an die öffentlichen Jmpfärzte unentgeltlich ab und haben über Herkunft und Abgabe der 
selben Listen zu führen. Die öffentlichen Jmpfärzte sind verpflichtet, auf Verlangen Schutz 
pockenlymphe, soweit ihr entbehrlicher Vorrath reicht, an andere Aerzte unentgeltlich abzugeben. 
8 10. Ueber jede Impfung wird nach Feststellung ihrer Wirkung. (8 5) von dem 
Arzte ein Impfschein ausgestellt. In dem Impfschein wird, unter Angabe des Vor- und 
Zunamens des Impflings, sowie des Jahres und Tages seiner Geburt, bescheinigt, 
entweder, 
a. daß durch die Impfung der gesetzlichen Pflicht genügt ist, oder 
b. daß die Impfung im nächsten Jahre wiederholt werden muß. 
In den ärztlichen Zeugnissen, durch welche die gänzliche oder vorläufige Befreiung von 
der Impfung (88 1, 2) nachgewiesen werden soll, wird, unter der für den Impfschein
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.