Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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denn es können 1—3 Jabre vergehen, bis die Kranken trotz exquisitester 
approbirter Medieamentenverordnung und trotz üppigster 
Fleischnahrung, auch trotz wiederholtem Besuche von Carlsbad den 
noch elend zu Grunde gehen! 
Ich fragte darauf meinen Patienten, ob er inzwischen das Düring'sche 
Schriftchen gelesen habe und gesonnen sei, sich von mir in ähnlicher Weise, 
nur etwas modifieirt, behandeln zu lassen? Darauf entgegnete derselbe, 
daß ihm der Inhalt des Schriftchens sehr viel Muth und Hoffnung gemacht 
habe und er darum fest entschlossen sei zu einer ähnlichen Behandlung unter 
meiner Leitung, da er als junger Ehemann gerne noch länger Lust zum Leben 
habe. Nun übergab ich ihm meine für diesen Fall mitgebrachte C tt r V e r s 
ordnungy welche wie folgt lautete: 
Morgens 7 2 6 Uhr feuchte Ganzpackung mit extra Leibumschlag ca. 1V 2 Stunde, 
während derselben Fenster offen und ein paar Schlücke frisches Wasser trinken; darauf 
Abreibung mit kaltem Trieftuch, kräftiges Trockenfrottiren, Ankleiden und Promenade 
s / 4 —1 Stunde mit öfterem Tiefathemholen im Freien. 
8 Uhr nach der Rückkehr x / a Kanne saure Milch ohne Zucker mit altbackenem 
Grahambrod. 
9—12 Uhr Bureauaufenthalt, wobei manchmal an's Fenster treten und ein 
paar Minuten frische Luft einathmen, auch nach Lust ein paar Gläser frisches Wasser 
trinken. 
12-1 Uhr Promenade vor Tische, dann heim zum Vegetarianermahl, bestehend 
abwechselnd aus trockenem Gemüse — Reis, Gries, Graupen, Grütze mit Wasser 
gekocht, wenig Butter und Salz: grünem Gemüse — Spinat, Artischocken, Spargel, 
Schwarzwurzel, gelbe Rüben, Kohlarten: Hülsenfrüchte — Erbsen, Bohnen, Linsen 
mit Compoten — alles das nach Dürings Vorschrift zubereitet! 
Kartoffeln, Mehlspeisen, Kuchen, Fleisch, Weißbrod, Bier, Caffee und 
Cigarren — nicht erlaubt, wohl aber bei Tische ein Glas frisches Wasser halb 
mit Rothwein gemischt. 
Nach Tische kurze Promenade, dann in's Bureau bis 6 Uhr, und nun die große 
Promenade bis 6 Uhr, worauf zu Hause kleines Abendbrod, bestehend aus frischem 
Obst, Pfirsiche, Aepfel und Grahambrod ohne Butter. 
Von 7— x / a 9 Uhr zweite feuchte Einpackung wie Morgens mit darauffolgender 
nasser Abreibung, Abtrocknung und halbstündige Promenade vor dem Schlafengehen; 
über Nacht feuchten Rumpfumschlag und ein Fensterflügel die ganze Nacht im 
Schlafzimmer offen stehen lassen, den Tag über öfters kleine Schlücke recht frischen 
Wassers trinken und manchmal größere im Munde behalten und nach kurzer Zeit 
wieder auswerfen, sog. Mundbäder. 
Nach jeder Mahlzeit die Zähne mit medizinischer S e if e putzen, um der Säure 
bildung und Caries der Zähne vorzubeugen. 
Zweimal wöchentlich Mittags vor Tische ein Halbbad von 240 R. mit Ueber- , 
gießung von 20°; und Frottirung. Sonntag — Wegfall der abendlichen Einpackung, 
dafür Nachmittags längerer Spaziergang in's Freie. 
Meine Verordnung unterschied sicli von der Düring’schen dadurch, dass ich 
1. das Kalkwasser zur Milch wegliess und dafür gutes Schrotbrod dazu gab; 2. das 
Fleisch vorerst ganz strich, Ms kein Zucker mehr im Harn sich zeigte, also die 
übliche Vorschrift der Mediziner — nur recht viel Fleisch zu essen — geradezu 
umkehrte und doch zum zuckerfreien Curresultate binnen vier Wochen gelangte! 
Düring verordnet Vormittags und Mittags dasselbe. 3. nach jeder Mahlzeit lässt 
Düring eine Dosis 2 kohlensaures Natron schlucken, um die Säurebildung zu paralisiren 
resp. zu neutralisiren; ich unterliess dieses ebenfalls und verordnete dafür die Mund 
bäder und das Zähneputzen mit mediz. Seife (ein alkal. Pulver aus der Apotheke). 
(Schluß folgt.)
	        
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