Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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bequem finden, sich hinter Gesetzesparagraphen zu verschanzen, von wo aus sie dann ihre 
Giftpfeile unter dem Schutze der Staatsbehörde ungefährdet abdrücken und so ihre 
Unwissenheit mit dem Mantel brutalster Polizeiwillkühr drapiren und alle Verantwortlich 
keit von sich ab und auf die Staatsgewalt wälzen können! 
4) Da nun zur Zeit die von ungelehrten Laien erfundene und bereits zum Theil 
von der gelehrten Heil-Wissenschaft gnädigst adoptirte Naturheilmethode wie alle 
mit Fieber einhergehenden akuten Krankheiten, so auch die Pocken meisterhaft zu 
behandeln und in narbenlose Genesung überzuführen versteht, und auch Dhr^eiche 
Winke zur sachgemäßen Vorbeugung dieser Krankheit, also ganz ungefährliche und 
bessere Schutzmaßregeln, als die Staatsheilkunde anzugeben vermag, so fällt jeglicher 
Grund für längere Fortdauer der mit Recht mißkreditirten und nur durch staatlichen 
Schutz und Zwang rühmlos dahinsiechenden sog. Kuhpockenschutzimpfung über 
den Haufen. 
5) Unlängst sind von einem berühmten Mediziner, dem schwer gelehrten Prof. Dr. 
Virchow, im preußischen Landtage die denkwürdigen Worte gefallen: „Es ist zu beto 
nen, daß zwischen Thier- und Menschenarzneikunde wissenschaftlich keine 
Scheidegrenze ist oder sein sollte, indem die biologischen Grundgesetze für 
Mensch und Thier als die gleichen angenommen werden müssen!" — und gegenwärtig 
verwerfen alle Autoritäten der Thierheilkunde, der kgl. preußische Veterinär- 
rat h an der Spitze und das l a n d w i r t h s ch a f t l i ch e M i n i st e r i u m das I m p f e n 
im Prinzip und erklären es als eine veraltete, als g e m e i n s ch ä d l i ch erkannte 
Maßregel, welche dem derzeitigen Standpunkt der Wissenschaft ni ch t mehr entspreche, 
ferner hat gelegentlich der Berathung des Gesetzentwurfes über die Abwehr 
und Unterdrückung der Viehseuchen am 4. Juni d. I. im preußischen Abge 
ordnetenhause derselbe Prof. Dr. Virchow auf Grund einer Zuschrift des deutschen 
L and w ir th s ch a f t s r a th e s den Passus „das einzige Mittel zur Ab 
wendung der Volkswirthschaftlichen Schäden, welche die Pocken- 
krankheit im Gefolge hat, ist das Verbot jeglicher Schutzimpfun g" 
— zur Grundlage der Beschlußfassung zu machen beantragt und aus der Schrift des Dr. 
Dammann über ein deutsches Viehseuchengesetz angeführt: „daß in Schlesien, wo man 
die Lämmerimpfung nicht ausübt, die Pocken fast gänzlich aufge 
hört haben, somit dort, wo man nicht impft, die Seuche nicht so ge 
fährlich ist, als da, wo man impft" — nach diesem Allem kann es uns nicht 
verdacht werden, wenn wir bitten, einstweilen unsereKinder unter die neue 
Viehseuchenordnung des preußischen Staates stellen zu dürfen, 
sofern man jetzt nach mehr als halbhundertjährigen schlimmen Erfahrungen es noch nicht 
wagen sollte, die Impfung auch für den Menschen als eine veraltete 
und gemeinschädliche Maßregel zu erklären und demzufolge selbige ganz zu 
verbieten; dagegen sollten die impfwüthigen Mediziner mit sammt ihrem 
dummgläubigen Anhange noch 25 Jahre sortzuimpfen gezwungen werden (aber 
nur bei sich selbst und ihren Kindern), damit auch ihnen die Augen durch eigenen Schaden 
aufgehen, wie es jetzt bei den V e t e r i n ä r ä r z t e n bezüglich der Lämmerimpsung der 
Fall ist. 
6) Wir erinnern zum Schlüsse noch an die denkwürdigen Worte des englischen 
Ministers Disraeli in seiner politischen Rede in Manchester, wo er sagte: „Es kann 
nicht oft und nicht energisch genug entwickelt werden, daß wenn es 
sich um Größe und Bedeutung einer Nation handelt, die hygieinischen 
Verhältnisse derselben zuerst in's Auge gefaßt werden müssen; ferner: 
die Verbesserung des Gesundheitszustandes des Volkes ist diejenige 
soeiale Aufgabe, welche allen andern voranzugehen hat und die in erster Linie die 
Aufmerksamkeit des Staatsmannes in Anspruch nehmen muß. Gute Wohnungen, 
reines Trink Wasser, unverdorbene Nahrung, frische Luft sind 
die Hauptbedingungen, durch deren Herbeischaffung wir dasWohl 
und Behagen derMenschen fördern können! Der Einführung eines thie 
rischen Giftes in den Menschenleib als Präservativ gegen Erkrankung, dieser 
blödsinnigen medizinischen Erfindung, wird hier mit keiner Silbe Erwähnung gethan und 
sie ist es gerade, welche bei der zwangsweisen systematischen Durchführung der Impfung 
statt zum Wohle ganz sicher zum Ruin des Volksgesundheitszu- 
standes führen muß, wovor uns der weise fürsorgliche Sinn der Mitglieder eines 
hohen Reichstages durch sofortige Rücknahme des infernalischen Impf- 
gesetzes bewahren möge! —
	        
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