Volltext: Der Naturarzt 1875 (1875)

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langwierigen, ungünstigen Verlauf nahmen. Solch ein Contrast verfehlte seine 
Wirkung nicht. Die Mutter meines kleinen Patienten faßte großes Zutrauen 
zur Naturheilmethode und da sie seit vielen Jahren an hochgradigen Cougestionen 
und an Verstopfung litt, so ließ sie sich ebenfalls von mir behandeln. 
Mein Recept war einfach : Grahambrod, Hafersuppe, Milch, Obst. Ge 
müse, frische Luft, Schlafen bei offenem Fenster, Sitzbäder und Fußbäder. 
Auch hier ließ der Erfolg nicht lange auf sich warten, in einigen Tagen war 
das Uebel gehoben. Nun tarn die Reihe an den Vater; dieser litt an einem 
sehr schweren, fast unheilbaren Uebel, er war ein Trinker und schon zeigten 
sich die traurigen Folgen der Trunksucht. Meine Vorstellungen und die guten 
Erfolge, welche die naturgemäße Heilweise an Frau und Kind erzielt hatte, 
öffneten auch dem Vater die Augen, und er sprach den sehnlichen Wunsch aus, 
von seinem schrecklichen Uebel befreit zu sein. Ich brauche Ihnen nicht lange 
zu sagen, was ich hier verordnete. Es wurde mir die Freude, ebenfalls am 
Vater einen gehorsamen Patienten zu finden; er führte in seiner Haushaltung 
einen einfachen, naturgemäßen Tisch ein, mied die Spirituosen und . . . bald 
zogen Friede und Gesundheit in ein Arbeiterhaus, wo früher nur Hader und 
Krankheit sich festgesetzt hatten. 
Hätte ich Raum, so würde ich Ihnen noch ein weiteres Beispiel mittheilen, 
wo ebenfalls die Kinder einer andern Familie durch die Naturheilmethode vom 
Keuchhusten befreit wurden und nachgehends die Mutter und der Vater, eben 
falls ein an das Gutleben gewohnter Arbeiter, sich zu den Prinzipien natur 
gemäßer Lebensweise bekehrten. In einem Briefe, den ich später vom Vater 
erhielt, schrieb er mir: „Jetzt sind wir Alle gesund, meine Frau, meine Kinder 
und ich; ich arbeite mit mehr Lust als früher und lege fast das Doppelte zurück." 
Daß die naturgemäße Heil- und Lebensweise immer mehr durchdringt und 
daß sie in der Laien-, sowie in der ärztlichen Welt, immer mehr Anklang 
findet, davon hatte ich auf meiner letzten Reise mich zu überzeugen reichliche 
Gelegenheit. Fast alle Aerzte, mit denen ich diese hochwichtige Frage besprochen, 
waren der Meinung: die jetzige Lebensweise sei eine zu hochhin 
aufgeschraubte; sie sei die Hauptursache der in den letzten Jahrzehnten 
in so hohem Maße zunehmenden Magen- und Darmkrankheiten, sowie auch 
derjenigen der Centralorgane, d. h— des Gehirns und des Rückenmarks, und 
endlich der Blutarmuth-mnv Nervenkrankheiten; auch durfte ich mehr als ein 
mal von -medizinischen Autoritäten den inhaltreichen Ausspruch hören: „Wir 
ttnuffsen durchaus einfacher leben, um dem zahlreichen Heer 
derKrankheiten vorzubeugen!" — Die meisten Aerzte, die ich kennen 
gelernt, legen auf die Diät ein großes Gewicht. Sicher ist, daß dieselbe zu 
sehr mit Füßen getreten wird und sicher auch, daß sie sich furchtbar an denen 
rächt, die ihre Gesetze mißachten. 
Unter den Faktoren der Naturheilkunde ist daher die Diät einer der wich 
tigsten. Wir werden meist krank, weil wir 1. zu viel essen ; 2. weil wir zu 
viel Fleisch essen; und 3. weil der Fleischgenuß uns zum höchst verderblichen 
Genuß der Spirituosen, des Thee's, des Kaffee's und des Tabaks führt. Wir 
werden, um gleich Alles zu sagen, ebenfalls krank, weil wir zu schlechte 
Luft einathmen, weil wir unsern Körper hinsichtlich der Hautpflege ver 
nachlässigen, und schließlich, weil wir unser Gehirn überanstrengen, überreizen. 
Ja, wir essen, um wenig zu sagen, zu viel Fleisch; denn wir leben in 
dem Wahn: nur Fleisch giebt Fleisch, nur Fleisch giebt Kraft. Dies ist ein 
grober Irrthum, den unsere Gesundheit und unser Geldbeutel schwer bezahlen 
müssen. — Früher glaubte man, unser Körper bedürfe durchaus, um zu leben
	        
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