Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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kein Kinderspiel, aber ebenso wenig ein Ding der Unmöglich 
keit sei, ein ä ch tes, besser gesagt: ein richtiges Graham brod zu 
bereiten. Herr Koffer giebt nun wörtlich folgendes an: 
„Ein bis zwei Pfund Waizenschrot^ werden bis zur vollen Sättigung mit 
„dem entsprechenden Quantum lauwarmen Wassers (ohne Hefe, 
„Sauerteig und Salz) zu einem losen Teige angemacht und derselbe so- 
„sort dem sich hierauf entwickelnden (spontanen) Gärungsprozesse durch einige 
„Zeit überlassen. Diese Zeit näher bestimmen zu wollen, ist unzulässig; es muß 
„vielmehr dem praktischen Blicke und der Erfahrung überlassen bleiben, den rich- 
„tigen Moment zu bestimmen. Zur allgemeinen Richtschnur möge nur dienen, 
„daß die Temperatur des Lokales den entschiedensten Einfluß auf den Fort- 
„gang des Prozesses übt und daß man es zur Säure-Entwickelung nicht kommen 
„lassen darf. Hat der Brodteig unter Einwirkung des erwähnten Prozesses die 
„dem praktischen Blicke leicht erkennbare Consistenz erreicht, so wird er sofort ge- 
„knetet und in flachovale Kuchen von 1 bis IV2 Zoll Dicke ausgearbeitet, welche 
„unmittelbar einer mäßigen Backofen-Temperatur überwiesen werden. Nach 
„Maßgabe des Fortschreitens im Backen wird der Brodkuchen einer höheren 
„Temperatur, und zwar der gewöhnlichen Backofenhitze, bis zu dem Zeitpunkte 
„ausgesetzt, wo die Rindenbildung als beendet erscheint, von welchem Momente 
„an das Brod wieder in eine mäßigere Temperatur gebracht wird, wo es 
„sodann bis zu seiner Vollendung bleibt." (Aber wie geschieht dieser Temperatur 
wechsel? Zwei Backöfen stehen einem Bäcker gelten zur Verfügung. Die Red.) 
„Auf den vorbeschriebenen Bereitungsprozeß nehmen jedoch noch die verschiedensten 
„Momente, welche von den Meisten übersehen oder gar nicht geahnt werden, 
„einen entscheidenden Einfluß. Dieselben sind: 1) die Gattung des Waizen- 
„kornes, ob nämlich Hart- oder Weichk 0 rn; 2) das K l i m a, in welchem 
„es gereist ist, sowie auch die B 0 d e n b e s ch a f f e n h e i t; 3) das Mehl- 
„Produkt selbst, ob nämlich ein grober, mittlerer oder feiner 
„Waizenschr 0 t vorliegt! Jedes dieser Momente bedingt die entsprechende 
„Modifikation in der Behandlung; wer daher glaubt, nach den engen Grenzen 
„eines Rezeptes das richtige Grahambrod sich bereiten zu können, der wird gar 
„argen Täuschungen verfallen, und wer nicht den ausdauernden Muth besitzt, 
„alle Mißerfolge zu überwinden und an jedem mißlungenen Backversuche for- 
„schende Studien zu machen, der wird endlos im Finstern ohne sicheren Halt 
„herumtappen und sich nicht genug verwundern können, warum es ihn: unter 
„zehn Versuchen höchstens einmal gelingt, ein, wenn auch nicht vollkommenes, 
„so doch bis zur Erträglichkeit genießbares Waizenschrotbrod zu gewinnen." 
Herr Koffer meint ferner: daß die Erzeugung des Grahambrodes sich nicht 
an die Grenzen der gewerbmäßigen Technik binden lasse, sondern daß inan hier 
bei selbst denken und forschen müsse, zumal ein Rezept nur einen^festen Anhalts 
punkt, eine gewisse Richtschnur abgeben könne, das Weitere aber Sache der durch 
häufige Praxis gewonnenen Erfahrung sei, welche allein das richtige Verfahren 
bei den oben bezeichneten Momenten angeben könne. Er betont dann ferner, 
daß der würzige, angenehme und süße G e s ch m a ck des Graham- 
brodes nur bei m ö g l i ch st frischem Schrot erzielt werden könne. 
Was schließlich die Besprechung der als besondere Broschüre (Verlag von 
Lechner in Wien) erschienenen „Abhandlung über Grahambrod 
von Koffer" anbelangt, welche ein Herr Dr. B r e u e r m einer Wiener 
medizinischen Zeitschrift vom Stapel gelassen, so ist darüber nicht viel zu sagen, 
denn er läßt dem Grahambrod als wichtigem und die Gesundheit be 
förderndem Nahrungsmittel alle Gerechtigkeit widerfahren und be 
dauert nur, daß eine genauere Anweisung zur Bereitung desselben nicht bei 
gegeben sei; schließlich passirt ihm noch der Fehler, daß er ein anderes, nicht so
	        
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