Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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Diese Organismen sind die Pflanzen. Die Pflanzenwelt 
bildet ein Reservoir, in welchem die flüchtigen Sonnen 
strahlen fixirt und zur Nutznießung geschickt niedergelegt 
werden; eine ökonomische Fürsorge, an welche die physische Existenz des 
Menschengeschlechtes unzertrennlich geknüpft ist und die bei der 
Anschauung einer reichen Vegetation in jedem Auge ein instinktartiges 
Wohlgefallen erregt. Die Pflanzen nehmen eine Kraft, das Licht 
auf und bringen während ihres Lebensprozesses eine andere Kraft 
hervor: die chemische Differenz, wobei eine Umwandlung der Ma 
terie stattfindet. 
Die durch die Thätigkeit der Pflanzen angesammelte physische Kraft 
ist nun aber die Lebensbedingung einer andern Klasse irdischer Geschöpfe, 
nämlich der Thiere und Menschen. Dieselben nehmen während und 
Zwecks ihres Lebens fortwährend aus dem Pflanzenreiche stammende 
brennbare Stoffe in sich auf, um sie mit dem Sauerstoff der Atmo 
sphäre wieder zu verbinden, und das Resultat dieses Oxydations 
prozesses ist die diese Geschöpfe charakterisirende Leistung: Hervor- 
brin,'gung mechanischer Effekte, Erzeugung von Bewegun 
gen, Hebung von Lasten re. und die thierische Eigenwärme. 
In dem Thierorganismus wird fortwährend eine Summe von 
chemischen Kräften aufgewendet. Ternäre und quaternäre Ver 
bindungen der Urstoffe, welche unsere Nahrungsmittel darstellen, erleiden 
während des Lebens in ihrer Zusammensetzung die wichtigsten Veränder 
ungen und werden endschließlich in Form binärer Verbindungen, als 
verbrannte Stoffe nach kurzem Verweilen wieder ausgeschieden. Die che 
mische Kraft, welche in den eingeführten Nahrungsmitteln und dem ein 
geatmeten Sauerstoffe enthalten ist, ist also die Quelle zunächst 
zweier Kraftäußerungen, der Bewegung und der Wärme, 
und demnach muß die Summe der von einem Thiere produzirten phy 
sischen Kräfte gleich sein der Größe des gleichzeitig erfolgenden chemischen 
Prozesses, denn die einzige Ursache der thierischen Bewegung und 
Eigenwärme ist ein chemischer, ein Oxydationsproceß. 
In dem thätigen Thiere muß dieser Oxydationsproeeß oder Stoff 
wechsel natürlich viel größer sein, als im ruhenden und da das Resultat 
desselben sich zunächst in zwei verschiedene Effekte theilt, müssen dieselben 
auch mit einander bis auf einen gewissen Grad im Antagonismus stehen, 
nämlich je größer der zur Wärmebildung verwendete Bruchtheil des 
ganzen Oxydationseffeetes ist, umso kleiner wird der den mechanischen 
Zwecken gewidmete Rest sein und ebenso umgekehrt, je größer die Ar 
beitsleistung, desto kleiner die Wärmebildung. 
Die alltägliche Erfahrung giebt den Beweis davon; wer weiß nicht, 
daß man, um bei einem Marsche weit zu kommen, langsamen Schrittes 
anfangen muß? Sacht aus dem Stalle — meint der erfahrene
	        
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