Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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der Harnabsonderung und Aufhören des Durchfalles und des Erbrechens, 
ein betäubter Schlummer, aber ohne Störung des Bewußtseins, eine zähe pecb- 
artige Beschaffenheit des Blutes, immer mehr schwindender Herzschlag, steigende 
Kälte der Haut — Tod." 
Rausse irrt sich hier sicherlich, denn ohne jegliche Behandlung 
tritt bei Vielen die Cholera gleich mit den vorstehenden schlimmeren 
Zeichen auf, was er übrigens S. 143 selbst zugesteht, indem er hinzufügt: 
„Woher die Erscheinung, daß bisweilen die Cholera nicht mit den An 
fangssymptomen derEntleerungskümpseauftritt, sondern gleich mit Krämpfen 
und mit Erkalten der Extremitäten? — Die Erscheinung erklärt sich aus 
Erschlaffung und chronischer Krankheit der Verdauungsorgane; sie kommt nur 
bei solchen Personen vor, die seit lange in diesen Organen gelitten haben, Durch 
verkehrte Diät (gemischte Kostgängerei? d Red) und besonders durch vieles 
Mediziniren verliert der Magen zuletzt die Kraft der Muskelbewegung, durch 
welche das Erbrechen hervorgebracht wird. Dieser Zustand der Krämpfe und 
Todesangst tritt in der Cholera als zweites Stadium, auch bei denjenigen 
Kranken ein, deren Reinigungskämpfe durch medizinisches Einschreiten gestört und 
unterdrückt worden. Denn die alte Heilkunst, im gewohnten Unsinn, be 
kämpft das Abführen und Erbrechen, die Heilungsversuche der Krankheit (resp. 
des Körpers gegen die Krankheit, d. Red-); auf diese Weise hat sie bei der Cho- 
lera ungleich mehr Menschen getödtet, als die Seuche selbst- (Siehe Bock!). 
Zur genaueren Kennzeichnung der Cholera und der dabei auf 
tretenden verschiedenen Krankheitsbilder will ich noch einen andern Ge 
währsmann citiren. Prof. Bock sagt darüber Folgendes: 
„Der Durchfall ist wohl stets das erste Symptom, er ist schmerzlos und 
beginnt meistens in der Nacht, nach Mitternacht. Das Entleerte wird hierbei 
sehr bald ganz wässerig, geruchlos, weißlichgrau und reiswasser ähnlich. 
Das Erbrechen, welchesun der Regel erst einige Zeit nach dem Durchfalle auf 
tritt, und wohl nie ohne denselben besteht, aber recht wohl fehlen kaun, entleert 
zuerst den gerade vorhandenen Inhalt des Magens, das Genossene, dann Schleim 
und Galle, schließlich jedoch ^ebenfalls reiswasserähnliche Flüssigkeit. 
Diese Flüssigkeit, welche durch den Stuhl und das Brechen aus dem Darmkanal 
und Magen entfernt wird, stammt aus dem Blute und enthält außer Wasser 
auch noch andere Blutbestandtheile (Eiweiß, Salze),, sowie, eine große Menge von 
Oberhautpartikelchen der Darmschleimhaut. Bisweilen, in den schwersten und 
schnell tödtlichen Krankheitsfällen, bei der sog. trockenen Cholera,, kommt es 
gar nicht zur Entleerung der reiswasserähnlichen Flüssigkeit, sondern dieselbe häuft 
sich im gelähmten Darme und Magen an. Es ist gewiß einleuchtend, daß in 
Folge des großen Wasserverlustes das Blut eindicken muß und dies zeigt sich 
auch bei Aderlässen und in den Leichen ganz deutlich. Daß aber eingedicktes 
Blut nur mit Mühe durch das Herz vorwärts getrieben werden und nicht mehr 
so flott, besonders durch die feinen Haargefäßen, fließen kann, versteht sich wohl 
von selbst. Daher kommt es denn, daß der,Puls (des Herzens und der Puls 
adern), welcher anfangs gewöhnlich beschleunigt ist (bis zu ,140 Schlägen), nach 
und nach in dem Drade, als die Wasserentleerung und Eindickung des Blutes 
sich steigert, immer langsamer und schwächer wird, bis er endlich gar nicht mehr 
zu fühlen ist (Asphyxie). Mit der Eindickung des,Blutes und der geschwäch 
ten Circulation steht nun die geringere EntwickelungderEigen- 
w arme im Einklänge. Zunge und H a u t fühlen sich deshalb kalt an; 
die letztere ist bleigraü, anfangs kühl und dann entweder leichenartig oder frosch 
kalt (bei zäher Feuchtigkeit), zusammen gezogen (wie Gänsehaut), runzliger (beson
	        
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