Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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Warum ist namentlich für Kranke die fleischlose Diät 
entschieden zuträglicher als die gemischte Kost? 
(Fortsetzung.) 
Gustav Struve, der kürzlich verstorbene Nestor der deutschen 
Vegetarianer sagt in seiner 1869 erschienenen Schrift, betitelt „Pflanzen 
kost" Seite 6 Folgendes: 
Ich hatte im Jahre 1849 schon eine siebenzehnjährige Erfahrung 
in Angelegenheiten der Pflanzenkost hinter mir und zwar aus einer Zeit voll 
von Wechselfällen. Die Pflanzenkost hatte sich an mir bewährt 
in Tagen des Friedens und des Krieges, der Freiheit und der 
Gefangenschaft. Sie hatte mir die Kraft gegeben, die stärksten An 
strengungen, die a n h a l t e n d st e A r b e i t i m St ud i rz i m m er, 
auf der Rednerbühne und im Felde zu bestehen; sie hatte 
mich gestählt gegen die feuchte Luft der Rastatter Casematten und mir so viel 
Ruhe eingeflößt, daß ich mitten in der Aufregung des Prozesses, der meine 
Ehre und meine Freiheit, ja auch mein Leben bedrohte, die beiden ersten Bücher 
meiner Weltgeschichte schreiben konnte. Als ich nach Amerika kam (1851), 
mußte ich mit der größten Anstrengung arbeiten, um 
mir e i n e n e u e Exi stenz zu s ch a f fen. Zehn Jahre lang blieb ich 
an den Schreibtisch gefesselt, um meine Weltgeschichte zu vollenden und mehrere 
Zeitschriften zu redigiren. Im Jahre 1861 griff ich z u m S ch w e r t e, um 
als Mann von 55 Jahren das Meinige zur Unterdrückung der Rebellion der 
Sklavenhalter beizutragen. Ich ertrug die furchtbaren Strapazen 
der Jahre 1861 — 1862 zwar nicht, ohne mehrmal denselben für den Augen 
blick zu erliegen, allein ohne doch bleibenden Schaden an meiner Gesundheit 
zu nehmen. 
Seite 32. Nicht die Löwen, Ti g er und H y än en, sondern die 
Elephanten, Kameele, Ochsen und Pferde sind es, welche die 
größten Strapazen auszuhalten im Stande sind. Der Elephant trägt 
auf seinem Rücken unermeßliche Lasten, das Kameel leidet geduldig Hunger 
und Durst, die Ochsen ziehen den Pflug und den Wagen und die Pferde tra 
gen und ziehen den Menschen. Wollte man ähnliche Arbeiten und Entbehr- 
üngen den fleischiressendep Thieren zumuthen, sie würden nach wüthendem 
Widerstreben bald zu Grunde gehen. Ganz denselben Gegensatz finden wir 
auch bei dem Pflanzen und dem Fleisch essenden Menschen. Alle schweren 
Arbeiten im Felde und im Walde, im Hause und auf der Flur verrichtet der 
arme Bauer und Tagelöhner, an welchen o f t n u r einmal i m I a h r e 
ein S tü'ck ch e n Fleisch kommt. Der reiche Mann aber, welcher täglich 
2—3 Mal Fleisch ißt, dazu Champagner, Kaffee und Zhee trinkt und seine 
Cigarre raucht, bricht bei dem ersten Versuche einer angestrengten körperlichen 
Arbeit zusammen. Unter den Menschen sind ferner die Lastträger von Con 
sta ntinopel, die Beduinen der Wüstes die Irländer und Schottländer, w e l ch e 
alle ausschließlich oder doch fast so von Pflanzen leben, 
der beste Beweis, daß der'Mensch bei Pflanzenkost der h ä r t e st e n 
Arbeit und der schwersten Entbehrungen f ü.h i g i st! Ich 
selbst, d r ich seit mehr als 36 Jahren ausschließlich von Pflanzenkost lebe, 
kann wohl sagen, daß ich im Laufe dieser Zeit alle erdenklichen Arten 
von Strapazen, Entbehrungen und Mühseligkeiten mit 
ungewöhnlicher Leichtigkeit ertragen habe! Es waren Zei 
ten, in denen ich Monate lang des Tages nur 4—5 Stunden Schlaf und
	        
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