Volltext: Der Naturarzt 1871 (1871)

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paarmal in dieser langen Zeit ein Stückchen Braten) ein anderes und 
besseres Resultat erzielt, ganz bestimmt aber keine Abnahme weder 
an körperlicher, noch geistiger Kraft, wie so Viele eben noch 
immer glauben, wenn sie von dieser Lebensweise hören oder lesen, wie 
ich fast täglich bis zum Eckel von Laien und Aerzten vernehmen muß, 
wenn wir im Gespräche auf das Kapitel „Ernährung" kommen! 
Der verstorbene Hofrath Dr. Steinbacher sagt in seinem „Hand 
buche des Naturheilverfahrens": „Daß er manche Stunde in der Küche 
zugebracht habe Zwecks wissenschaftlicher (Moleschott-Liebig'scher) Zuberei 
tung seiner karnivorischen Curspeisen!" Pure Zeitverschwendung 
und vergebliches culinarisches Dichten und Trachten! Nicht 
ohne tiefen Gehalt läßt die griechische Mythologie Prometheus für 
seinen Feuerdiebstahl aus dem Olymp auf Befehl Jupiters an den Felsen 
geschmiedet werden, wo ihm der Geyer Tag für Tag die Leber aushacken 
mußte, welche bei Nacht immer wieder neu wuchs! Merkst Du den 
tiefen Sinn nicht, lieber Leser? Bei Tage sündigen wir durch kulina 
rische Genüsse auf Kosten unserer Eingeweide, welche dann bei Nacht 
wieder Ruhe haben und sich erholen können, bis die Arbeit des mate 
riellen, durch die Kochkunst noch gesteigerten Genusses wieder von Neuem 
beginnt und endlich der Geyer der Krankheiten uns lange vor 
dem natürlichen Altersziel auf den Kirchhof bringt! — 
Was nun vollends die exakte Wissenschaft über die kulinarische Zu 
bereitung der Nahrungsmittel weiß, gesteht ein College Liebig's, der Er 
langer Professor der Chemie Gorup-Besanez in seinem berühmten 
Werke Seite 756 ganz offen ein mit den Worten: Uebrigens ist 
eine Chemie der Kochkunst nicht nur erst zu schreiben, son 
dern — erst noch zu schaffen! Das ist doch beschämend genug und 
verweist mit dürren Worten dahin, daß der Magen selbst die beste 
Küche ist und wir unsere Speisen so wenig wie möglich gekocht 
und gekünstelt genießen sollen! 
Daß noch Niemand so gescheidt gewesen, auch unsern Hausthieren 
zur Erhöhung ihrer Arbeitskraft und besseren Ausnutzung derselben die 
Nahrung künstlich zuzubereiten? Warum geben wohl Renz und Con- 
sorten ihren edlen Rossen zur Erhöhung ihrer Intelligenz, ihrer Muskel 
kraft keinen Reis- oder Haferbrei oder Heupudding? Es ist 
doch sonderbar, daß gerade der Mensch von der Mutter Natur dazu 
bestimmt sein soll, erst nach vielen Tausenden von Jahren seiner irdischen 
Existenz durch Zufall das ihm Zuträgliche an Nahrung und Zubereitung 
derselben zu entdecken und erst nach so langer Zeit den Höhepunkt seiner 
Kraft- und Verstandesausbildung zu erreichen! Ob die Spannkräfte, 
welche nach Liebig die Natur durch die Sonnenkraft in diePflanzen- 
w e l t niederlegte, durch deren Verwandlung in thierischen Leib und durch
	        
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