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Naturärztliche Behandlung der Wunden mittelst kalten und
temperirten Wassers.
Von Jos. Faller, großherzl. badischer Amts-Wundarzt in Freiburg.
Vorbemerkung. Man ergänze diese treffliche Abhandlung durch Nachlesung
dee Aufsaͤhe imRaturarzt“ 1867, Nr. 20-22, und 1869, S. 149.)
Wir sehen einer schweren Zeit entgegen; schon sind die ersten
Kanonenschüssfe gefallen und vielleicht in wenigen Tagen werden wir tau⸗
sende schwere Verwundete, die dem Rufe des Vaterlandes gefolgt sind,
hon blutiger Wahlstätte zurückkehren sehen. Was werden diese Verun⸗
glückten zu dulden haben, wenn sie überdies noch das Schicksal treffen
follte, in die Hände solcher Aerzte oder Wundärzte zu fallen, die noch
wenig oder gar nicht mit dem naturgemäßen Heilverfahren betraut sind!
Für Jene, welchen die Pflege solcher Verwundeten anvertraut wird,
ist es demnach von großer Wichtigkeit, die naturgemäße Heilweise kennen
zu lernen.
Es düurfte darum einem alten Praktiker gestattet sein, wenn er
neuerdings auf ein Heilverfahren aufmerksam macht, welchem er im
„Naturarzt“, Zeitschrift für Gesundheitspflege und Heilweise, Jahrg.
1865, erstmals und seitdem fast alljährlich das Wort geredet hat. Leider
aber wird diese Zeirschrift allzu wenig, von Aerzten sowohl wie von
Laien gelesen und nach Verdienst gewürdigt, sonst würden unmöglich so
viele Mißgriffe bei der Behandlung der Wunden mit Wasser vorkom⸗
men. Am meisten wird hier geschadet bei ausgedehnten, großen und
tiefen Wunden, wenn das Wasser zu kalt oder gar Eis genommen wird,
weil die Nerven zu sehr gereizt und dadurch die Wunde in stärkeren
Entzündungszustand versetzt wird, als zur nachfolgenden gutartigen Eite—
rung erforderlich. Wird die Wunde in herkömmlicher, allöopathischer
Weise, mit trockenen Bandagen, Salben und Pflastern ꝛc. behandelt und
das Wasser schon in den ersten Tagen wieder weggelassen ꝛc., bei ein⸗
tretender Eiterung nicht zur höheren Temperatur uübergegangen, so ist es
für den Patienten noch schlimmer.
Mäöoͤchtten doch alle heutigen Medizinärzte sich einmal herbeilassen zu
Versuchen in ihrer eigenen Praris, sie würden sicherlich nicht mehr
länger zweifeln, daß das kalte und temperirte Wasser das vorzüglichste,
segensreichste und rationellste Heilmittel in Krankheiten und insbesondere
bei Wunden und Geschwüren und nicht minder, ich möchte sagen, vor—
zugsweise bei allen Graden von Verbrennungen ist. —
Den ersten Eindruck der heilkräftigen Wirkung des kalten Wassers
gegen Brandwunden erhielt ich schon im Jünglingsalter: Ein junger