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Einführung in alle unsere Gemeinden veranlassen konnte,
ind — doch hat Depaul die „gefährlichen und traurigen
Wirkungen“ dieses Gemisches kennen gelernt. Wie viel lang—
oierige und mühsame Arbeiten verlangt überh aupt schon die
verstellung desselben; wie complicirt ist seine Zubereitung!
sud dies Alles, um ein Nahrungsmittel zu erhalten, das
eit davon entfernt ist, den angenehmen Geschmack und die
Zusammensetzung der Muttermilch zu besitzen. Wie kann
nan nur diese natürlich vorgesehene Flüssigkeit mit jener
vunderlichen Zusammenstellung, Liebii g'sche Milch genannt,
zergleichen! Ich halte dafür, daß bei Mangel von Mutter⸗
nilch oder einer guten Amme das einzige gesunde und ver—
ünftige Nahrungsmittel für die kleinen Kinder Kuh⸗, Zie⸗
en⸗ oder Eselinnen⸗Milch ist, rein oder (anfänglich) durch eine
ewisse Menge gezuckerten Wassers verdünnt; — ich“ halte
s sogar für sehr unvorsichtig, ja, für gefährlich, dieser
joch natürlichen Nahrung die Liebig'sche Milch zu unter—
chieben. —“ —
Noch größeres Gewicht als dieses doch nur mehr red⸗
gerische, denn überzeugende Verdammungsurtheil hat die
Aeußerung, welche in derselben Akademiesitzung der bekannte
Themiker Poggiale abgab. Er sagte: „Es ist mir wohl
ehr unangenehm, das Erzeugniß und die Erfindung eines
o ausgezeichneten und fremden Gelehrten, wie Liebig es
st, kritisiren zu müssen; allein dessen künstliche Milch scheint
nir nicht auf wissenschaftliche Grundlagen zubereitet zu sein;
ie ersetzt uns micht die Frauenmilch. Die Frauenmilch ent⸗
zält drei Hauptelemente, ein stickstoffhaltiges, den Käsestoff,
her zur eigentlichen Ernährung bestimmt ist und zwei kohlen⸗
toffhaltige, das Fett und den Milchzucker, die mehr der
sthmung und Wärmebildung dienen. Um nun das relative
Nengenverhältniß dieser drei Bestandtheile festzustellen, hat
ich Liebig an eine alte Analyse (Aufsuchung der elemen⸗
arischen Bestandtheile) von Haideln gehalten, die folgende
Zzahlen gab:für 1000 Theile Milch 31 Theile Käsestoff,
„L Fette und 43 Milchzucker. Als Liebig diese Analyse
m Jahr 1844 zum ersten Male citirte, gab er sie für die
»er Milch einer kranken Frau aus; sie stellt auch
virklich nicht den Zustand der gesunden Milch dar. Seit
ener alten Haide l'schen Analyse, die lieber nicht mehr
zenutzt werden sollte, hat die Chemie große Fortschritte ge—
nacht und Payen, der auch Milch analysirt hat, fand
janz andere Zahlen: 78 Theile für Milchzucker; 141 Theile
iber als die Summe aller nährenden und der Athmung
dienenden Elemente (in 1000 Theilen).“ —J—
Nach den Untersuchungen Bousfingault's und mei—
— Mittel 36 Käsestoff,
40 Fett und 50 -52 Milchzucker. In dieser Milch ist
also das Verhältniß des Käsestoffes, des bildenden, nähren⸗
den zu dem der Athmung dienenden (Zucker und Fett), wie
0 zu 22, nicht wie 10 zu 30, wie Liebig es angiebt.
In der Frauenmilch ist nach der citirten Analyse von Hai—
deln dasselbe Verhältniß wie 10 zu 24 und nicht, wie
Ldiebig irrthümlich und wahrscheinlich in Folge eines Druck⸗
fehlers berichte.“
Liebig beginnt die Bereitung seiner Milch damit, daß
er die Kuhmilch abrahmt und sie so eines Theiles ihres
Fettes beraubt; dann ersetzt er dieses Fett durch Mehl und
gekeimte Gerste, welche beide den Zweck der Zuckerbildung
Jaben. Ich haäbe berechnet, daß 16 Theile Mehl und 10
Beobachtung zu dem Resultate gekommen, das sich mir je län—
jer je mehr glänzend bewährte. J st dagegen das Kind schon
Hund, so wird es in wenigen Tagen hergestellt, indem man
sbige Regel sogleich in Anwendung bringt und im Fernern
ur Erfrischung und Reinhaltung der Haut und zur Milde—
ung und Auflösung des ätzenden Saftes Charpie oder
peiche Läppchen von Leinwand, in die Falten legt
ind 4 bis 6 Mal des Tages durch frische ersetzt. Am
ersten und zweiten Tage sollen die Charpien feucht sein;
dann, bei nahezu gehobener Entzündung, trocken. In 4
—DD0 und
das Wundsein wird dann bei fortgesetzter Reinlichkeit nie
nehr eintreten. — F
Wenn ich in der Einleitung darauf hingewiesen habe,
daß Alles, was die Lebenskraft ermuntert, auch die
Eütwicklung fördert, so darf ich Ihnen, darauf gestützt,
vohl noch Etwas anempfehlen, was fast mehr als Alles
Andere, nebst Bewegung, richtiger Nahrung, Reinlichkeit und
rischer Luft, die Heranbildung der jungen Kräfte des Kin⸗
des unterstützt. Es ist dies das tägliche Bad.
Nicht nur reinigen soll das Bad; es hat auch einen
andern Zweck, den der Abhärtung. Was heißt Abhär—
ung? Die Befähigung, den äußeren Einflüssen: Nässe,
ditze, Kälte, zu widerstehen!
Die kühlen Bäder entziehen jedesmal etwas Wärme und
rxmuntern hiedurch die Lebenskraft zur höhern eignen
organischen Wärmeentwicklung, das Verlorene zu ersetzen;
das vermehrt den Wärmestrahlungsprozeß nach Außen, er—
söht die Reaktionskraft, belebt und kräftigt die Haut!
Allerdings sollen Länge und Temperatur des Bades so
ein, daß sie der Kraft des Organismus entsprechen; sie
ollen nicht mehr Wärme entziehen, als der Körper im
Stande ist, mit leichter Anstrengung wieder zu ersetzen: Ein
leichter Kampf übt die Kraft; ein schwerer, Kampf,
jäufig verlangt, kann sie aufreiben und überwältigen!
Von der 4. bis 7. Woche an (je nach dem Kräftezu—
stande des Kindes) erhalte das Kind jeden Morgen nur
ein Bad, das in der Dauer möglichst kurz, ÿ1/ Mi⸗
zute und in der Temperatur ungefähr 240 R. sei. Bei
schwächlichen Kindern soll diese Temperatur bis auf 2
Jahre beibehalten und erst dann auf 222R. und später
joch auf 20 und 180 gesenkt werden. Bei kräftigern
Kindern dagegen darf schon im 6., 7. Monat auf 220 R.
und im 12. und 14. Monat auf 20 und 180 gegangen
werden. Unter 180 R. zu gehen, ist in keinem Falle
cathsam; die mit die ser Temperatur erreichte Abkühlung
ist unter allen Verhältnissen genügend.
—AA——
lleber den Werth der sog. Liebig'schen Milch.
Vorbemerkung des Herausgebers. Wir entnehmen einer im
Fult v. J. in der Pariser medic. Academie stattgefundenen Be—
hrechung über die als bestes Ersatzmittel der Muttermilch von vielen
Seiten angerühmte sog. Liebig'sche Milch die nachfolgenden, gegen
den Gebrauch dieses künstlichen und nicht sehr empfehlenswerthen
Nahrungsmittels gerichteten BemerkungenJ).. —
Boudett sagt hierüber: „Der Name Liebig hat
diesem Gemische, zu dessen gewinnbringender Verwerthung
nehre Industrielle durch bezügliche Schriften Liebig's ver—
leitet worden sind, eine Bedeutung verschafft, die leicht dessen