Volltext: Der Naturarzt 1868 (1868)

203 
lg 
r 
te 
1⸗ 
en 
i⸗ 
28 
se 
—B 
er 
Je 
37 
9t 
J 
1 
1 
4 
7 
ag 
te 
ne 
⸗ 
ie 
is 
id 
zt 
aʒ 
tt 
en 
18 
e⸗ 
— 
27 
4 
3. 
F. 
*— 
tl⸗ 
Dde 
n 
jollte man der Naturheilweise gestatten, in freiem Streben 
ind Regen seine Aerzte heranzubilden, in Lehranstalten, wie 
die freiere Schwesterrepublik jetzt schon in Newyork, Bal⸗ 
more und andern Orten sie besitzt. — Wenn man aber 
verücksichtigt, daß ungebildete Kaien das Naturheilver— 
sahren gefunden und ausgebildet haben, und jetzt sieht, wie 
ie Medizinerzunft dasselbe in ihre Zunftstube hinein⸗ 
gerissen, so daß ein Laie dasselbe jetzt nicht mehr ungestraft 
usuͤben, ein examinirter Ignorant dagegen damit treiben 
ann was er will, so kann man dieses Privileg der Zünftigen 
mit Recht einen Diebstahl am Volke nennen! 
Herr Billo trat dann auf, um die vorliegende Frage der 
Freigebung auf die Vorgänge im Aargau anzuwenden. Sein 
Hauptziel ging darauf los, die uns Allen bekannten Vor⸗ 
Jänge zu erläutern; den Vorwurf abzuweisen, als hätten 
„olitische Umtriebe der Sache untergelegen; die bestehenden 
lebelstände bloszulegen und zum Theil durch Beispiele zu 
eweisen. Sein Antrag lautete: Wenn nicht vollständige Frei⸗ 
gebung belieben sollte, so ist die Mindestforderung, die wir 
n die Regierung stellen dürfen: 1) die unentgeldliche Aus— 
ibung der Heilkunde durch Unpatentirte darf so lange nicht 
herhindert werden, als kein dadurch verursachter Schaden 
nachgewiesen werden kann; 2) Nichtpatentirten, die sich durch 
hre Heilerfolge einen gewissen Ruf erworben, soll auf ihr 
Begehren, unterstützt von 500 stimmfähigen Bürgern, das 
ärztliche Patent ertheilt werden. —V⏑⏑ —— 
Die Mittheilung Rödigers über Gründung des volks⸗ 
chümlichen Centralvereins war kurz und bedarf keiner öffent⸗ 
üchen Besprechung .·. Gpuutel J 
r. Bruckuner referirte über Mittel und Wege, wie der 
Homdopathie bei Epidemien Anerkennung zu verschaffen sei, 
ind führte aus Amerika Statistiken an, die, wenn sie genau 
und, allerdings erstaunlich sein müßten. * p ” 
Die rein homoopathischen Referate riefen der Diskussion. 
Ss wurde da, von den meisten Wortführern vergessen, 
daß die Vers ammlung nicht nur aus Homöopathen zusam⸗ 
mengesetzt war, sondern auch Solche enthuelt, die einem ganz 
ubetheiligten Standpunkte angehörten. Zudem wurde außer 
Acht gelassen, daß wir nicht eine aargausche, sondern allge⸗ 
nein schweizerische Versammlung waren. 5* 
Am 91/2 Uhr Montags wurden die Verhandlungen fort⸗ 
gesetzt, und es kamen jetzt noch einige der interessantesten 
Referate; die Versammlung betrug etwa 50 Personen. 
Zuerst kam Dr. Fischer aus Württemberg. Derselbe be— 
urwortete in ruhigem und sehr verständlichem Vortrage die 
rreie Heilpraxis vom Standpunkte der V olkswirthschaft. 
herr VDr. Fischer ist in diesem Thema kein Neuling, hat er 
doch als Mitglied der deutschen naturforschenden Gesells chaft 
schon seit sieben Jahren vornehmlich den Fortschritt— und die 
Freiheit angestrebt. Seine Hauptaussprüche gehen ungefähr 
dahin: Damit der ärztliche Beruf fruchtbringend werde, was 
er jetzt nicht ist, muß nothwendiger Weise der examinato⸗ 
rische Zwang beseitigt werden. Die Wissenschaft ist eine Re— 
oublik und jeder wissenschaftliche Mann ist ftimmberechtigter 
Bürger darin. In diesem Staate gibt es keine Diktatur und 
keine andere Gewalt, als die geistige, die sich geltend macht 
und regiert durch die Gründe der Wahrheit, der Vernunft 
ind Erfahrung. Von allem Wissen, das uns dargeboten ist, 
darf der Arzt zum Wohl und Heil der leideuden Mensch⸗ 
heit benützen, was er feiner individuellen, wissenschaftlichen 
Bildung gemäß für gut findet. Das bietet ihm die Uni⸗ 
— Universitäten sind nur so eingerichtet, da⸗ 
nit darin gewiss e Stände der bürgerlichen Gesellschaft 
weckmäßig ausgebildet werden, d. h. sie sind herabges un⸗ 
en zu Dresfiranstalten von Staatsdienern, wie sie 
Jer büregaukratische Staat braucht. Und die schwei⸗ 
erischen Universitäten sind nur der Abklath ch der deutscheu! — 
die wirklichen Fortschritte und einzigen stichhaltigen Resul⸗ 
ate des Forschens — der 
angen Reihe der gahrhunderte betrafen ausschließlich im— 
nden d gilfonefsenf haften der Medizin, det 2ug 
omie, Physiologie, Physik und Chemie, während der eigent⸗ 
iche Zweck selbst, das Heilen der Krankheiten, ungefoͤrdert 
ind so die Heilkunst— auf demselben wissenschaft⸗ und prin⸗ 
pienlosen Punkte blieb, auf dem sie in der Kindheit der 
Menschheit sich befunden hatte. — Der volkswirthschaftliche 
hrundsatz muß zur Anerkennung kommen, daß in einem 
vohlgeordneten, kultivirten Staate alle Bürger, 
aalle Gewerbe unter das Gesetz, und nicht unter die 
willkür der Polizei gestellt werden solblen, selbst 
olche Gewerbe, welche Gefahr bringen können. Dafür ist 
»as Gesetz da, daß Fahrlässigkeit und Verbrechen 
Jestraft werden; die Polizei gewährt keine Bürg— 
chaft dafür, daß sie folche verhüten könne. — Daß 
hei der. Einführung der unbedingten Lehr⸗ und Lernfreiheit 
und mit der Aufhebung des obugatorischen Staatseramens 
in gründliches Stuͤdium nutzlos erscheinen würde, ist 
eine falsche Behauptung! Gerade das Gegentheil wird ein⸗ 
eeee saße sa eht shon gedermaun- dag r Wenn 
r fich emporschwingen will damit anfangen muß, etwas 
Tüchtiges zu lernen. Und der volkswirthschaftliche Grundsatz 
ste allgemein bekannt und anerkannt, daß gr ündliche Bil— 
e eee uide Factenntaisse ein Kapitatesind 
d e e ohern posittven Werth hat, als dessen 
erhung materielle Opfer kostet. —R 
An den ausgezeichneten uud höchst belehrenden Vortrag 
„on Dr. Fischer aͤnschließend, nahm Professor Rapp das 
Wort und geißelte mit schneidender Schärfe den Unfug auf 
en Universitäten. Dies er geistreiche Redner that dar: Daß 
zie klinischen Anstalten den Studenten nicht— das Heilen der 
drankheiten lehren, sondern ihn zum fühllosen Forscher der 
grankheitsprodukte und der todten Leiber erziehen, der nicht 
die Heilung wünscht, sondern mit sehnsüchtiger Neugier den 
Tod erwartet, damit der „interessante“ Fall ihm Stoff biete 
u neuen Enideckungen*). Die Heilung ist dann am leich— 
esten, wenn noch kein Exrsudat sich gebildet; da aber fehlt 
em Arzt jeder Anhaltspunkt, um die auf der Klinik erlernten 
denntnisse in Anwendung zu bringen. — Die Universitãten 
ind engherzig gegen neue Ideen. Professor Rapp selbst hät 
ils Professor an einer größern Universität, seiner Ueberzeu⸗ 
jung gemäß, s einen Schülern über Allöopathie, Homöopathie 
ind Naturheilweise Vortrage gehalten, damit sie mit den 
derschiedenen Systemen bekannt werden. Man hat ihm das 
oerboten, und er nahm daher seinen Rücktritt, welcher ihm 
zebst Pension von fl. 2000 gerne ertheilt wurde, damit nicht 
etwarein freier Geist in die studirende Jugend fahre. — 
Es entspann sich dann ein kleiner Kampf. Einige rabiate 
Homödopathen schlugen. vor, mit homöopathischen Apotheken 
*P Vergl. Naturarzt 1867. Nr. 5. S. 48.“
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.