Volltext: Der Naturarzt 1868 (1868)

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gen und Därmen (Kollern, Knurren), Neignng zur Diarhöe 
sind fast allgemein. I 
13. Bei Verstopfung zu solcher Zeit (und zu jeder 
andern!) ziehe man Klystiere den inneren Abführmitteln 
vor, da die Wirkung der letzteren leicht in eine dauernde 
übergeht. (Sehr richtig. Noch besser, wenn auch die Kly— 
stiere keine Arzneien oder arzneiähnliche Stoffe, sondern 
blos reines Wasser milderer Temperatur enthalten; am 
besten, wenn man den Stuhl einzig durch entsprechende 
Nährweise, namentlich durch das vorzuͤglich dahin wirkende 
Grahambrod in Verbindung mit rohem Obst, ja ausdrück— 
lich: mit rohen Obst zu regeln sucht. Der Heraus— 
geber.) 
14. Furcht einerseits und Leichtsinn an— 
dererseits sind die gefährlichsten Feinde in der Cholera, 
wie in jeder andern Volksseuche. Schon Andreas Mus— 
kulus nennt in seiner Schrift: Gewisse bewährte Arzney 
wider die Pestilentz. Frankfurt a. O. 1865“ die securitas 
und die desperatio (Sicherheit, hier Uebermuth und Ver— 
zweiflung) zwei Teufel während einer Epidemie. 
15. Sobald die mangelhaft und ungesund genährten 
Armen Frankfurts reichlichere und bessere Kost erhielten, 
verminderten sich die Erkrankungs- und Todes— 
fälle auf die auffallendste Weise, selbst dort, wo 
Choleraheerde waren. 
An diese Erfahrungen des Herrn Dr. Löwenstein in 
Frankfurt a. O. wollen wir sogleich die Besprechung einer 
kleinen Arbeit des Regierungs- und Medizinalrathes Dr. 
Le Viseur anreihen, da sie uns Gelegenheit bietet, die 
Hygieine und Diätetik der Cholera, so wie ihre specielle 
Behandlung einläßlicher zu erörtern. 
I. Ueber die Cholera und die erfolgreichste Kur 
derselben. Von Dr. C. J. Le Viseur, Regierungs- und 
Medicinalrath a. D. Posen. Im Selbstverlag des Ver— 
fassers. 1867. S. 44. 
Seit die Cholera alljährlich ihren Umgang im civili— 
sirten Europa hält, tauchen auch mit ihrem jedesmaligen 
Erscheinen neue Schriften über sie auf. Man sollte mei— 
nen, die Medicinwissenschaft, die in Folge ihrer therapeu— 
tischen Grundsätze selbstverständlich ein großes Stück auf 
Feststellung des Wesens der einzelnen Krankheiten hält 
und halten muß, sollte nun nachgerade wenigstens über 
die Cholera und die Deutung ihres Wesens und ihrer 
Erscheinungen und demgemäß über eine sichere Heilweise, 
einen festen Curplan im Reinen sein. Nichts weniger aber, 
als dieses! Unser Verfasser z. B. will, auf Grund der Be— 
obachtung „vieler Hunderter von Cholerakranken“ die An— 
steckung der Cholera von Person auf Person durchaus in 
Frage gestellt wissen (S. 9) — eine Ansicht, die der vie— 
ler anderer Aerzte und Forscher vollständig entgegen lautet. 
Unser Verfasser ist Mediciner. Als solcher hat er 
selbstverständlich sein specifisches, sein Lieblingsmittel bei 
der Cholera; es ist das der Campfer, innerlich in den 
Magen und als Klystier; weiter will er Senfpflaster auf 
den Unterleib gelegt, sowie allenfalls Klystiere von Bal— 
drian- oder Chamillenthee gegeben wissen. Im Uebri— 
gen ist er Gegner aller weiteren Medikamente und na— 
mentlich der auf die Durchfälle stopfend einwirkenden Mit— 
tel, Opium ꝛc. 
Da Verf. im Weiteren auf hygieinische und diätetische 
Bedingungen und zwar im ausgedehntesten Maße und — 
dies anerkennen wir rühmend — in fast allüberall mu— 
stergültiger Weise den Hauptton legt, so glauben wir ihm 
gerne, daß wie er versichert, sich bei solchem Verfahren 
die Kranken in der Regel sehr gut stehen werden. 
Wir entheben die wichtigeren hygieinischen und diäte— 
tischen Maßregeln seiner kleinen Schrift im Auszuge. Er 
leitet jnne mit den Worten ein (S. 9): 
„Die Lehre von der Erhaltung der Gesundheit durch 
eine unserer Natur und unseren Verhältnissen angemessenen 
Lebensordnung Diätetik genannt — gilt überhaupt und 
allgemein für jede Zeit, aber zur Zeit einer Cholera— 
epidemie liegt in der Nichtbeachtung eines ganz 
besonders streng diätetischen Verhaltens wahre 
Lebensgefahr. Dieses Verhalten betrifft wesentlich die 
Wohnung, die Kleidung, die Nahrungsmittel und 
die körperliche und die geistige Lebensordnung. 
In der strengen sachgemäßen Rücksicht auf jedes 
dieser Dinge während einer Choleragepidemie ha— 
ben wir das einzige bewährte und mächtige Schutz— 
mittel gegen die Krankheit. Alle anderen für „Prä— 
servative“ (Schutz- oder Vorbeugungsmittel) ausgegebenen 
Mittel beruhen auf theoretischen oder meist auf gewinn— 
süchtigen Täuschungen und sind wenn sie den natür— 
lichen Körperzustand alterirende (aufreizende, 
fremdbeeinflussende) Stoffe enthalten, direet 
schüdlich. 
Verf. will für trockene, geräumige, fleißig gelüftete und 
von übelriechenden Stoffen sorgfältig frei erhaltene Woh— 
nungen gesorgt wissen. Die in den größeren Städten 
mehr und mehr als Wohnungen mitbenutzten Kellerräume 
nennt er die „Mordgehülfen der Cholera“. Er räth 
ferner, ganz besonders während der Cholera weniger die 
engeren, dumpfer und versteckter gelegenen, sondern gerade 
die größten, luftigsten und hellsten Räume der Wohnun— 
gen zu Schlafzimmern zu benutzen. 
Mit allem Eifer wendet er sich S. 14 und folgende 
gegen die Räucherungen mit Wachholderbeeren, Aepfel— 
schalen, Bernstein, kölnischem Wasser, Räucherkerzchen und 
andern wohlriechenden Sachen. Dagegen befürwortet er 
»as Aufstellen von Essig oder Chlorkalk in Schalen zwecks 
angsamem Verdunstens; doch — sagt er weiter — „ver— 
tteht sich von selbst, daß alle derartige Sorgfalt nicht aus— 
reicht, wenn die schweißigen Betten nicht oft genug gelüf— 
et, die Ausleerungen und Auswurfstoffe nicht bald ent— 
fernt werden und wenn der Zugang von stinkenden Dün— 
ten aus Gehöften und Abtritten fortdauert. 
Eindringlich räth er betreffs der Kleidung S. 18 zwar 
an, während der Choleragepidemie weil momentan besser ge— 
gen Erkältung schützend, wollene Stoffe auf der blo— 
ßen Haut zutragen, doch will er ganz richtig S. 19 
bei Arbeit im Freien, bei sonst lebhafter Körperbewegung 
nur eine dünne und leichte Oberkleidung getragen und 
nur zum Schutz gegen allzuschnelle Abkühlung für die Zeit 
des Ausruhens wärmere Oberkleider bereit gehalten wissen. 
Ausdrücklich warnt er vor verweichlichender allzuwarmer 
Bekleidung. 
In Betreff der Ernährung will er strengste Ordnung 
gehalten wissen; namentlich warnt er vorm Naschen in 
den Zwischenstunden der Mahlzeiten, wie überhaupt vor 
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