Volltext: Der Naturarzt 1868 (1868)

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Der Mensch sei nach Gottes Ebenbild geschaffen, sagte 
man vor alter Zeit; nach den heutigen Ansichten soll dieß 
nicht mehr wahr sein; sein Ebenbild soll er in den — 
Affen suchen, wenigstens soll er von diesen abstammen. 
Wir hätten nun gar nichts dagegen einzuwenden, wenn 
Bock und Consorten ihren Stammbaum bis auf die 
Orang-Utang und Gorilla u. s. w. zurückführen wollten; 
nur sollten diese Herren dabei auch consequent sein und 
ihre Vorfahren genauer studiren und nachahmen. Sie 
sollten doch wissen, daß die Affen von Früchten leben und 
nach ihren Mahlzeiten gar nicht so träge sind, wie die 
Tiger ꝛc., sondern nachher wie vorher ganz lustige poßir— 
liche Sprünge und Kletterkünste machen und allerlei Unfug 
treiben, ohne zu einer ordentlichen Verdauung des Kaffee's 
and Schlafen's zu bedürfen. 
Hätte Bock sich als Vorbild den Affen gewählt, so 
wäre das doch noch mit einigem Grunde geschehen; allein 
andern Menschenkindern gar das Schwein als Muster 
ür ihre Lebensweise vorzuführen, das ist denn doch zu 
arg. Im Schweinstall wollen anständige Leute keine Le— 
bensart lernen. 
„In welcher behaglichen Lage verdaut aber nicht Hund 
und Katze, Ochs und Schwein, und nach dem Trinken 
schläft da nicht gleich der Säugling ein?“ ruft näm— 
lich Bock aus. Er hatte hier offenbar wieder eine poe— 
tische Anwandlung, da sich das nahezu so hübsch reimt, 
wie oben: sollst du ruh'n und Schläfchen thun. Hätte 
doch Bock hier Gelegenheit gehabt, gar ein Verslein zu 
machen, z. B. einen schläfrigen Alexandriner: 
Ach wie behaglich daut im Liegen nicht das Schwein, 
Und nach dem Trinken schläft nicht auch der Säugling ein? 
Gottlob, daß nicht nur etwa das Schwein, sondern 
auch etwas menschliches, ein Säugling für uns Erwachsene 
zin Vorbild werden kann. Ich wollte wahrhaftig, Bock 
müßte seine Lebtage statt Kaffee pure Milch trinken, wenn 
auch nicht gerade von einer Amme. Er würde vielleicht 
oon seinem Mittagsschläfchenbedürfniß gründlich geheilt. 
Denn Bock ist ja kein Kind mehr, das nach jedem Trin— 
ken einschläft. 
Nach dem Säuglinge führt uns Bock, rathe lieber 
Leser, wen vor? Jagdhunde. — Wenn man von Jagd— 
hunden einige ein Mittagsschläfchen nach dem Fressen 
nehmen, die andern dagegen sich mäßig bewegen ließ, 
wieder andere tüchtig abhetzte, so hatten diejenigen, welche 
geschlafen, schon prächtig verdaut, wogegen bei denen, die 
zur Bewegung gezwungen worden waren, die Verdauung 
noch im Beginne war. Was beweist dieses Experiment 
aber für das menschliche Mittagsschläfchen? Die Hunde 
sind reine Fleischfresser, die ihre Nahrung zu erjagen haben, 
der Mensch hingegen ist Fruchtesser, der seine Nahrung 
bei gleichmäßiger, nicht gerade anstrengender Arbeit sich 
erwirbt. Dazu ist beim Menschengeschlecht gerade der 
Theil, welcher die meiste körperliche Arbeit verrichtet, der 
Taglöhner, der Handwerker und Gewerbsmann, am wenig— 
sten eines Mittagsschläfens bedürftig. Erst, wenn er bis 
zum behäbigen, schlemmenden Spießbürger vorgerückt ist, 
gönnt er sich wohl dasselbe! 
Nach den Jagdhunden marschiren bei Bock die Spa— 
nier und Italiener auf, die sich bei ihrer Siesta äußerst 
wohl befinden. Aber diese Leute sollen wegen ihres hei— 
zen Klima's ein wenig faul sein, und ist einzig darum 
n Italien das Sprichwort gewachsen von: „Dolce far 
niente““, dem süßen Nichtsthun.“) .1 
Wir wollen nun Bock nicht länger folgen, wie er auf 
ehr gelehrte Weise darthut,“ daß der Magen selbst wäh— 
end 1bis 6 Stunden je nach der leichtern oder schwerern 
Verdaulichkeit der genossenen Speisen keine Bewegung 
nache. Wollten wir nach der Bock'schen Theorie unser 
deben einrichten, so müßten wir ja durchschnittlich bis 8 
Stunden ausruhen oder gar schlafen, um den Magen in 
einen Funktionen nicht zu stören. Ein ordentlicher Fein— 
chmecker und Vielesser mag allerdings soviel Zeit auf 
eine Verdauung verwenden müssen, bevor es ihm nachher 
vieder recht wohl wird. F 
Die meisten Menschen, besonders wenn sie schon ein 
Sündenleben bezüglich der Diätetik geführt haben, werden 
vissen, daß sie Nachts gar nicht gut geschlafen, wenn sie 
nit vollem Magen zu Bette gehen. Bock weiß das sehr 
vohl und warnt sogar vor einem solchen Beginnen. Wer 
Mittags nach dem Essen einen Schlaf nimmt, wird sich 
benfalls von der Widernatürlichkeit desselben überzeugen. 
Wie will nun aber Bock verhindern, daß aus dem an— 
zerathenen Schläfchen nicht ein Schlaf wird? Wenn 
»in Mensch einschläfft — und das muß doch auch beim 
„Schläfchen nehmen“ geschehen —, so hat er das Erwa— 
hen gar nicht mehr in seiner Gewalt. Diejenigen Men— 
schen, welche die unnatürliche Gewohnheit haben, Mittags 
ein Schläfchen zu thun, verfallen gar häufig in einen 
virklichen Schlaf, der freilich nichts Erquickendes hat. 
Wenn diese Leute, die ohnedem meist zu den Trägen ge— 
ören, erwachen, so sind sie nicht guter Laune und nicht 
zufgelegt zu irgend welcher Arbeit, sondern sie sind ver— 
drießlich, mürrisch, faul. Werden sie in ihrem widerna— 
ürlichen Schlafe während des Tages aufgestört, so geben 
Manche selbst eigenthümliche Töne von sich, die denen 
eines gewissen grunzenden Thieres ähneln, das man in 
einer behaglichen Lage während der Verdauung störte. 
Bock hat vollkommen Recht, wenn er sagt, der Schlaf 
sei als eine Erholung für das Gehirn zu betrachten. Um 
zas zu wissen, braucht man nicht einmal Professor zu sein. 
Dagegen möchten wir gegen den Satz protestiren, daß 
der Schlaf nur dem Gehirn zu gute kommt. 
Wir denken dagegen, der Schlaf, insofern er ein natür— 
icher ist, habe auf den ganzen Menschen eine wohlthätige 
Wirkung. Wenn der Schlaf nur dem Gehirne zu gute 
ommen sollte, so können wir gar nicht begreifen, wie 
Bock Schlaf und Verdauung zusammen reimen will. 
Gleichwohl hindert Bock dieser Widerspruch nicht an 
dem Ausrufe: „Das Mittagsschläfchen bietet so— 
nach einen doppelten Vortheil, einmal den 
einer bessern Verdauung, so dann den einer 
Erholung des Gehirns. Er räth das Mittags⸗ 
chläfchen daher denen dringend an, welche vor dem Essen 
geistig sehr thätig waren. 
Die Verhaltungsmaßregeln, die Bock bezüglich des 
Mittagsschläfchens ertheilt, damit durch dasselbe kein 
*) Uebrigens giebt es kaum thätigere Arbeiter, auch zur Mittags⸗ 
zeit, als das italienische Landvolk. Die Lazzaroni sind nur den 
italienischen Großstädten eigen. — —*75 J 
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