Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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und Füße hinzufügen, welches ebenso gut eingepackt und 
gegen jeden Luftzutritt abgeschlossen würde. Besser nimmt 
man dann zur Ueberdeckung, resp. Einpackung, eine große wol 
lene Decke, welche zugleich den Rumpf- und den Beinein 
schlag umfaßt, auf welche — ausgebreitet auf dem Bett — 
man also erst das feuchte Laken für die Füße und Beine 
(herauf bis über den Unterleib reichend) legt, dann den Rumpf 
umschlag zufügt und nun sich darauf legt, zuerst den Rumpf 
umschlag umnimmt, dann den Beinumschlag, und zuletzt die 
wollene, trockene Decke um Alles genau anschließend fügt und 
verstopft, worauf durch Bettenauflage, welche namentlich hinter 
die Schultern und unter die Füße ebenfalls gut umgestopft 
werden müssen, die Einpackung vollendet wird. In dieser 
Einpackung, bei welcher die Arme außerhalb der feuchten Wicklung 
bleiben und das Hemd anbehalten und über die wollene Decken 
einpackung herabgezogen wird, haben Sie die volle Schroth- 
sche Form und sehen, daß dieselbe nicht ohne Wasser möglich 
ist. Das Kypke'sche Buch, dessen Ankündigung S. 40 unseres 
Blattes Sie angesprochen hat, redet allerdings in seinem Titel 
von „diätetischer Heilmethode ohne Wasserkur"; aber diese 
Bezeichnung ist nur richtig bezüglich der Diät, wo sich aller 
dings von ihr der Wassergenuß ganz ausgeschlossen findet, 
während bei ihren, hauptsächlich auf die Auflösung und Aus 
scheidung von Krankheitsstoffen berechneten, nächtlichen Einpackun 
gen' wie Siegesehen haben, das Wasser nicht zu entbehren ist und 
daher der Kypke'sche Beisatz „ohne Wasserkur", wenn er nicht zu 
ähnlichen Irreleitungen, wie bei Ihnen, noch öfter führen soll, besser 
entweder ganz wegfiele oder in die entsprechenderen Worte um 
gewandelt würde: „mit modificirter Wasseranwendung bei den 
Einpackungen"*) — Auch bei der Beineinpackung giebt es 
Uebergänge, welche Sie wohl ebenfalls mit Nutzen an 
wendeten-: feuchte Strümpfe, Fuß- und Wadenein 
schläge, Einzeln-Einschläge jedes Beines, resp jedes 
mal mit zugehöriger trockener Ueberdeckung, resp Verpackung 
Wollten Sie also in der 4ten Woche nicht sogleich zu dem 
ganzen Unterleibs- resp. Beineinschlag übergehen, so könnten 
Sie den Uebergang mit jenen Einzeln-Formen machen, und 
würden wir Ihnen rathen, diesfalls mit den Füßen anzufan 
gen und diese nächtlich in weiße, dicke, feuchte (ausgerungene) 
Strümpfe zu bringen, mit wollenen, trockenen darüber und so 
fortfahrend nach und nach zur Einpackung auch des ganzen 
Unterkörpers in der 5ten und 6ten Woche überzugehen. 
Daß Ihnen, bei Ihrem Alter und Schwächezustand, ein 
Schläfchen nach Tische nicht abzuschlagen, überhaupt öfterer 
Wechsel zwischen mäßiger Bewegung (in freier Luft) und Ruhe 
anzurathen ist, versteht sich von selbst. — Ihre übrigen An 
fragen hinsichtlich Essens und Trinkens erledigen sich nach dem 
Obigen ebenfalls. Dagegen wollen wir den von Ihnen ge 
äußerten Wunsch, zu hören, ob Ihnen der Baunscheidt'sche 
Lebenswecker Nutzen verschaffen könne, doch noch mit wenn 
auch vor der Hand nur wenigen Worten über diesen Gegen 
stand befriedigen: Wenn Sie dieses Instrument ohne die frag 
liche strenge Diät sub c und ohne die oben sub a und b er 
wähnten Formen zur Kräftigung und Anregung Ihrer Ausschei 
dungsorgane in Anwendung bringen wollten, so würden Sie 
wohl höchstens nur eine sehr momentane, also schnell vorüber 
gehende Erleichterung davon verspüren, selbst wenn Sie die 
kleinen Stacheln nicht blos an der BaiAdecke, sondern überall, 
*) Diese Weglassung vder -Umänderung empfiehlt sich auch des 
wegen, weil das Buch sonst leicht unter t diejenigen gerechnet werden 
möchte, welche den Leuten ein £ für ein lt vormachen, und diesen 
Borwurf verdient es doch im Uebrigen durchaus nicht. 
wo Sie Schmerzempfindungen haben, wirken lassen wollten. 
Die Stiche, welche das kleine Nadelkissen der Haut beibringt, 
sind allerdings im Stande, einen mehr oder weniger starken 
Erguß von Blutwasser (seruiu) zu Wege zu bringen — von 
jenem Bestandtheile unseres Blutes also, welcher ebensowohl 
den Träger der eigentlichen Nahrungstheile des Blutes, 
als das Mischungselement für dessen unreine, der Ausschei 
dung aus dem Körper bedürfende Stoffe darstellt. Die in 
Folge der Anwendung des Baunscheidt'schen Instruments 
sich auf der Hautstelle, wo sie stattgefunden, kundgebende Feuch 
tigkeit ist mithin jedenfalls ein Bluterguß, eine Ausscheidung, 
welche je nach Umständen entweder wirklich nachhaltig, oder 
nur vorübergehend nützlich, aber auch gar nicht oder selbst 
nachtheilig wirken kann, je nachdem nämlich blos im Blutlaufe 
Krankheitsstoffe cireuliren und noch nicht zu veralteten Abla 
gerungen oder Desorganisationen geführt haben, je nachdem 
ferner beides zugleich obwaltet, je nachdem die Ablagerungen re. 
schon die Hauptsache bilden und endlich schon ein bedeutender 
Schwächezustand vorhanden ist. Schweiß $ allerdings auch 
ein Erguß von Blutwasser und weil der Schweiß, als solches, 
Krankheitsstoffe mit sich führt, bildet er, wie bekannt, häufig 
ein großes Erleichterungs-, ja hauptsächliches oder alleiniges 
Heilungsmoment, namentlich in acuten und bei diesen wieder 
vorzugsweise in den durch epidemische Zustände bedingten Er 
krankungen. Aber es ist auch genügend durch die Erfahrung 
erwiesen, daß der Schweiß namentlich in vielen chronischen 
Zuständen keineswegs allein helfen, daß er im Gegen 
theil nachtheilig und selbst lebenbedrohend werden kann. Es 
ist daher, wie beim Schweißerzeugen, so auch beim Anwenden 
des Baunscheidt'schen Instruments, die Befähigung des Anwen 
denden als Regel vorauszusetzen, daß er beurtheilen könne, 
ob hier, im gegebenen Falle, ein Blutwassererguß angezeigt 
sei oder nicht. Bei den Erfolgen, welche der Baunscheidtis 
mus bisher erzielt, hat der Zufall jedenfalls eine große und, 
wir dürfen hoffen, mehr günstige Rolle gespielt; zu wünschen 
wäre aber, daß derjenige, der ihn anwendet, sich erst belehrt 
(durch Lesen physiologisch-populärer Schriften) oder, falls er 
dies nicht will, durch Einholung eines Rathes von Sachver 
ständigen, ob in seinem Falle eine Reizung der Haut zu Blut- 
wassererguß nützlich, nutzlos oder schädlich sein könne. 
Die Oelanwendung hinter dem Gebrauch des Instruments 
halten wir nicht bloß für unnöthig, sondern sogar meist für 
nachtheilig und möchten wünschen, daß sie allenthalben nur 
durch reines Wasser (kalt oder kühl — je nach Kraft - Um 
ständen und Gewohnheit des Patienten) ersetzt würde. Jeden 
falls halten wir aber für wichtig, daß das Baunscheidt'sche 
Instrument auch in den Kreis wissenschaftlicher Beobachtung 
und älso ärztlicher Anwendung mehr gezogen werde, als bis 
her. Wir selbst sind noch in Versuchen mit demselben be 
griffen und wollen daher vorläufig kein ganz definitives Urtheil 
abgeben, behalten uns vielmehr vor, später und besonders auf 
diesen Gegenstand zurückzukommen. 
Ihre medicamentöse Anwendung von Rhabarber, Koch 
salz re. gegen anhaltende, beängstigende Leibesverstopsung wol 
len und können wir Ihnen zwar nicht verbieten, da bei Ihren 
Jahren und der Eingebürgertheit des Uebels wahrscheinlich 
nur momentane Erleichterungen überhaupt noch in Aussicht 
stehen; aber wenn Sie, gemäß den übrigen bei der naturärzt 
lichen Behandlung zu machenden Erfahrungen, noch auf eine 
Hebung Ihrer Körperkraft sollten rechnen können, so müßten 
wir Ihnen anrathen, jenes palliative, nur für den jedesma 
ligen Fall und auch dann meist nur unter Erhöhung des
	        
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