Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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nothwendig sei. Was sollte aus den Gewächsen in den Treib 
häusern werden, wenn der Gärtner es nicht verstände, ein 
gedeihliches Wachsthum und Blühen der Pflanzen dadurch 
herbeizuführen, daß er die erforderlichen Naturkräfte richtig 
benutzt?*) 
Der Kunstgärtner wird, damit er die Wirkungen der 
Naturkräfte gründlich kennen lernt, besonders ausgebildet; für 
das menschliche Leben giebt es aber noch keine Personen, die 
sich mit den Lehren einer künstlichen, aber natürlichen Pflege 
unseres Körper- und Seelenlebens besaßt haben; die Erzieher 
des Menschengeschlechtes gleichen daher den Lehrlingen, die die 
Hauptsache ihres Handwerks noch nicht begriffen haben. Ist 
denn das Leben der Menschheit oder das Leben in dem Thier- 
reiche weniger kostbar, als das im Pflanzenreiche? Wir ha 
ben allerdings für das Körperleben Heilkünstler und für das 
Seelenleben Theologen; sie haben es aber bisher nicht ver 
mocht, die Wirren zu bekämpfen, die auf dem Gebiete der 
Heilkunde und der Theologie fortdauern. 
Die Aerzte bemühen sich, die Krankheitserscheinungen oder 
örtlichen Leiden mittelst Pflanzen-Saftes, Mineral-Gift's und Lan 
zette zu heben, nicht aber die Wurzel des Lebens durch naturge 
mäße einfache Mittel, wie der Kunst-Gärtner, zu heilen. So 
haben sie die in Frankreich und leider auch in Deutschland 
sichtbare körperliche Degeneration hereinbrechen lassen; was 
nimmer geschehen wäre, hätte man das Erkennungsvermögen 
des Menschen, vom Jugendalter an, mit der wahren oder ra 
tionellen Lehre über naturgemäße Pflege des Körpers und 
der Seele bereichert. So lange dies nicht geschieht, werden 
auch die kirchlichen Uebelstände niemals aufhören, weil die 
Seelenkräfte erst zur Klärung und Kräftigung gelangen, wenn 
Leib und Seele sich durch naturgemäße Pflege harmonisch entwickeln. 
Die Ursachen der vielen Krankheiten, der verschiedensten 
Gebrechen, des Hinsiechens und des frühen Todes lassen sich 
in dem Entwickelungsgänge der Civilisation verfolgen. Die 
ersten Menschen waren gegen krankhafte Zustände durch das 
unverdorbene Jnstinktvermögen und dadurch geschützt, daß sie 
kein anderes Leben, als ein naturgemäßes, kannten. 
Mit der Ausbreitung der Civilisation suchten die Men 
schen ihre materiellen Schätze für das kurze Erdenleben zu ver 
mehren, während das zu erringende ewige Seelenheil unbeachtet 
blieb. So entsprang in dem Paradiese des Erdenlebens der 
übermäßige Hang nach Genuß und Bequemlichkeit, — die 
Schlange alles Uebels; statt bei den einfachsten Nahrungs 
mitteln und Getränken zu bleiben, wie sie die Natur uns 
darbietet, suchte man diese Bedürfnisse durch künstlich bereitete 
zu befriedigen. Die Reinigung des Körpers mit frischem 
Wasser, durch Waschen oder Baden, wurde zur Nebensache, 
und wo sie noch hin und wieder stattfindet, bedient man sich 
des warmen Wassers. So gewöhnte man sich immer mehr 
an das naturwidrige Leben, während sich gegen das Naturge 
mäße ein Borurtheil bildete, wie es noch heute gegen das 
frische Wasser besteht. Man kann solches nicht in den Schuhen 
leiden, aber noch weniger am Körper. Aber Alkohol, das ist 
ein modernes Getränk, dem sich viele Menschen ergeben, obne 
zu wissen, daß es in einer steten Betäubung der Sinne ihre 
Thatkraft erschlafft, und daß sie dadurch oft sich herabwürdigen, 
unter die Thiere des Stalles. 
*) Anmerkung. Die Naturkräfte — die frische Luft mit ihrem 
Sauerstoff und den übrigen Elementen, Licht,, Wärme und Wasser — 
bilden die Naturheilmittel, die uns von der Natur direct zugehen, wo 
gegen wir unter Medicamenten solche Heilmittel verstehen, die'künstlich 
m den Apotheken aus Erzeugnissen der Natur zubereitet werden. 
Bei dieser Lebensweise wird natürlich das innere Leben 
unseres Organismus überreizt, während die äußeren Theile 
desselben der Verweichlichung anheimfallen; eine Erschlaffung 
der Körper- und Seelenkräfte, also auch des Jnstinktvermögens, 
ist die unausbleibliche Folge. Hiermit waren die Keime krank 
hafter Zustände ausgelegt, die in Leidenschaften aller Art her 
angewachsen und als die Quelle der Leiden unserer Zeit zu 
betrachten sind; indem sie, wie das Unkraut unter guter Saat, 
die natürlichen guten Triebe in uns überwuchern und nicht 
zur Blüthe kommen lassen. Wie kann dies auch anders sein? 
Wir vernachlässigen, mißbrauchen und schänden unseren Kör 
per auf jede mögliche Weise, in bloßer Gewohnheit, ohne die 
Folgen in ihrem wahren Umfange zu kennen, während es 
unsere heilige Pflicht ist, von dem Körper, als Tempel der 
Seele, alle Unsauberkeiten fern zu halten, ihn zu reinigen und 
zu pflegen nach den Gesetzen der Natur. 
Dies eben aufgerollte Bild läßt unsere Körper- und See 
lenzustände in keinem günstigen Lichte erscheinen; dasselbe trübt 
sich aber noch mehr, wenn wir unsere Durchschnitts-Lebens 
dauer näher betrachten. Die neuesten statistischen Mittheilun 
gen geben dieselbe auf einige dreißig Jahre an. In dem 
Thierreiche findet man aber, daß die Lebensdauer fast regel 
mäßig fünfmal die Jahre des Wachsthums übersteigt. Hier 
nach würde das Alter des Menschen durchschnittlich auf min 
destens 100 Jahre zu berechnen sein und daß dies keine un 
richtige Annahme ist, beweisen die vielen Fälle, in denen ein 
zelne Menschen jenes Alter bedeutend überschritten haben. 
Der Grad menschlicher Lebensdauer ist also von 100 auf 32 
herabgesunken; bei dieser klaren Einsicht in unsere Lebensver 
hältnisse müssen wir offenbar in Staunen und Schrecken ge 
rathen. Denn, wie sollen die materiellen Lebensgüter wieder 
gewonnen werden, wenn der unproductive Lebensabschnitt dem 
productiven gegenüber in keinem günstigen Verhältniß steht? 
und wie können ferner die geistigen Kräfte der Seele zur 
Reife gedeihen, wenn der Körper krank und elend, viel zu 
früh, ohne Erreichung seines natürlichen Zweckes, in das 
Grab gesenkt werden muß? 
Ja! der Mensch, der das Ebenblld Gottes darstellen 
soll, ist zu einem Jammerbilde umgestaltet. Es ist die höchste 
Zeit, daß wir umkehren aus diesem Wege des Verderbens 
und, im Selbstbewußtsein unserer göttlichen Bestimmung und 
der uns innewohnenden natürlichen Kräfte, das naturwidrige 
und sündhafte Leben hassen lernen und im naturgemäßen Le 
ben, in welchem sich der Geist des echten Christenthums offen 
bart, die wahren Freuden des Seins und Werdens zu em 
pfinden vermögen. (Schluß folgt.) 
Dlesächsischen^)Wasserheilanstalten„Schweizer- 
Mühle" und „Königsbrunn", 
nächst Königstein in der sächsischen Schweiz. 
1. 
Lagenverhiiltnisse. 
In der Richtung von Dresden nach Prag, an der diese 
beiden Städte verbindenden Eisenbahn und an der Elbe, liegt 
*) Früher gab es in Sachsen außerdem noch 4 andere Wasser 
heilanstalten: Kreischa, Tharandt, Hohenstein und Johns 
dorf; sie sind aber — wohl meist aus Gründen örtlicher Unpassend- 
heiten eingegangen Die diätetische (Schroth'sche) Heilanstalt Dres 
dens werden wir später besprechen.
	        
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