Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

305 
•WWW/" 
geschah denn auch, das Kind wurde täglich einmal in eine 
feuchte Einwickelung gebracht und darnach abgerieben. An 
Stelle der Brust- und Unterleibsumschläge wurde die feuchte 
Leibbinde angelegt und täglich dreimal gewechselt, auch wurde 
Morgens und Abends ein kleines Lavement von verschlagenem 
Wasser applicirt. Nach 14 Tagen war das Kind soweit her 
gestellt, daß es ausführen konnte. Der Arzt, der dies zufäl 
lig sah, war überrascht und erneuerte seinen bisher ausgesetz 
ten Besuch, um sich zu überzeugen, ob das Kind wirklich durch 
einfache Anwendung des Wassers zur Gesundheit gelangt sei. 
In dieser Beziehung ließ sich nun nichts mehr einwenden, und 
die Eltern, hierüber hocherfreut, gebrauchen seit dieser Zeit 
bei jeder in der Familie auftretenden Krankheit das Wasser 
mit dem besten Erfolge; aber auch der Hausarzt machte gute 
Miene zum bösen Spiele, wiederholte seine Besuche und zeigt 
sich den Anwendungen des Wassers nicht mehr abgeneigt. 
In dem Fieber, das wir bei Wunden, beim Schnupfen, 
bei der Entwickelung von Geschwüren, beim Durchbruch von 
Hautkrankheiten, wie Masern, Scharlach, Pocken re., überhaupt 
bei aAen krankhaften Zuständen des Körpers in geringerem 
oder größeren Grade finden, erkennen wir demnach die Wehr 
kraft, mit welcher der Organismus die Ausbreitung der Krank 
heit zu verhindern und die Heilung einzuleiten bestrebt ist. 
Wir können daher mit Recht sagen, — wer dies Bestreben 
naturgemäß unterstützt, der erschließt die wahre Heilquelle; 
wer es aber abschwächt, der schmiedet die Nägel zum Sarge! 
Croup oder häutige Bräune. 
Mitgetheilt von Baptist« Vanoni, Naturarzt in München. 
Auch in der Abhandlung über die von den Kunstärzten 
sehr gefürchtete Kinderkrankheit macht Herr Dr. Bock, in der 
Gartenlaube Nr. 23 Jahrgang 1861, sein Verweichligungs- 
Princip geltend. Man kann zwar den diesfallsigen Stand 
punkt des Herrn Professors und Gesundheitslehrers vielfältig 
und sattsam schon wahrnehmen, wenn man in seinem „Buche 
vom gesunden und kranken Menschen" liest und daselbst z. B. 
Seite 438 gesagt findet: „Eine vorsichtige Mutter 
kann eigentlich ohne Thermometer und Wind 
fahne gar nicht existiren, wenn sie ihre kleinen 
Kinder vor gefährlichen Hustenkrankheiten be 
schützen und vor den oft unheilbaren Folgen der 
selben bewahren will." 
Doch halten wir uns zunächst an den betr. Artikel der 
„Gartenlaube". Dort sagt Herr Bock wörtlich: 
„Die mit Recht gefürchtetste von allen Kinderkrank 
heiten ist der Croup oder die häutige Bräune, denn es 
sterben die allermeisten der davon befallenen Kinder. 
■ Stirbt ein Kind, welches vom Croup heimgesucht sein 
soll, nicht,' so hat es in der Regel nicht am Croup ge 
litten. Ich würde rathen, in solchen Fällen nur dann an 
die Existenz dieser Krankheit zu glauben, wenn man das 
Product derselben, nämlich: hautähnliche oder röhrenför 
mige Gerinsel (von Faserstoff) aushusten sieht." 
Hierauf erlaube ich mir zu entgegnen: Nur für Kunst 
sallopathische und homöopathische) Aerzte ist die häutige 
Bräune, (wie auch Typhus und Cholera) die zu fürchtendste 
Krankheit; für den erfahrenen, vernünftigen Hydro-Thera- 
peuten-ist diese Krankheit, wie alle acuten, meist im Heil 
erfolge sicher und gewiß, wenn auch im höchsten Stadium oft 
mühsam. 
Die Entstehungs-Ursache der Bräune ist in nächster Ver 
anlassung meistens Erkältung, in entfernterer Hinsicht aber 
am häufigsten Verweichlichung, welche physiatrisch be 
greiflicher Weise bei jenen Kindern fast regelmäßig zu befürch 
ten steht, welche nach Anweisung des Dr. Bock Sei 
tens ihrer vorsichtigen Mutter nur mit Thermo 
meter und Windfahne behandelt werden, d. h. nur 
unter ängstlicher Abwägung der athmosphärischen Verhältnisse 
und Berücksichtigung catarrhalischer Zustände dem Einflüsse 
der freien Luft ausgesetzt, dagegen, durchaus wicht so scxupu- 
lös, im Innern der Stuben einem schlechten, verdorbenen Luft 
kreise, bei vorausgegangener Unterdrückung der Hautthätigkeit 
und Störung der Verdauung, überlassen werden. Der Croup 
im lebensgefährlichen (Erstickungsgefahr)-Stadium kommt stets, 
wie Typhus, Cholera und Tuberculvse re., nicht urplötzlich, 
sondern mit Vorboten, mit Symptomen, die man aber nicht 
gehörig beachtet und gegen die man nicht einschreitet. Bei 
Kindern, deren Eltern — besonders die Mutter — mit den 
Grundsätzen der rationellen Hydrotherapie vertraut sind, tritt 
kein Fieber, also auch keine häutge Bräune, in's höchste Sta 
dium, und sie haben ■ meistens jegliche Lebensgefahr bereits be 
seitigt, ehe der etwa in der Nähe befindliche und zugerufene 
Arzt kommt. 
Dem Herrn Professor Bock, sowie seinem Gesinnungsge- 
nossen Herrn Dr. Richter (welcher?), empfehlen wir zum Stu 
dium das Merkchen von Thomas Lauda: „Das hydropathische 
Heilverfahren bei der häutigen Bräune." Prag, Haase Söhne 
1842, sowie insbesondere „die Kindes - Pflege" von Dr. I. 
F. Mayer, Kesserling's Verlag in Leipzig und Hildburghau 
sen 1862, nicht minder die Brochure von Theodor Hahn, 
dem Herausgeber der Rausse'schen Schriften, über denselben 
Gegenstand. 
Hören wir nun aber den einzigen „Gesundheits-Lehrer 
in der „Gartenlaube" und seine Therapie für das höchste 
Stadium des Croups. Er sagt: 
„Sodann unterlasse man es nie. den Gaumen 
und Rachen bei tiefniedergedrückter Zunge zü besichtigen. 
Finden sich die letzteren Theile entzündet (stark geschwol 
len und geröthet) und mit weißlich-grauen Faserstoffge 
rinnseln bedeckt, dann suche man den Uebergang der Ent 
zündung in den Athmungsapparat durch Bestreichen der 
entzündeten Theile mit Höllenstein (sic!) oder durch 
Bepinseln mit concentrirter Höllensteinlösung zu ver 
hindern. Auch kann jetzt schon ein Brechmittel (!!!?) vor 
bauend wirken.' 
Ferner sagt dieser Herr Verfasser: 
— „Was die Behandlung des Croup betrifft, so 
kann diese nur von einem wissenschaftlich gebildeten Arzte 
(Prießnitz, Schroth, Rausse, habt Ihr es gehört?) also 
nur von einem wissenschaftlich gebildeten Arzte 
richtig geleitet werden: Höchstens können die Angehörigen 
eines croupkranken Kindes durch öfteres Brechenlassen des 
selben mit Hülfe von Brechwein oder Kitzeln des Rache.ns 
mit einem Federbarte die Gefahr verringern." 
Ferner nochmals: 
„Von allen Behandlungsarten.'verdient übrigens die 
zweckmäßige Verbindung und Abwechselung von Brech-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.