Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Herausgegeben von Dr. W. Meinert. 
(Dresden, Kaitzer SLr. Nr. 5.) 
Der „Naturarzt" erscheint jedes Quartal mit io Nummern 4 1 Bogen; Preis jährlich 2 Thlr. oder 4 Fl. W. W.; Abonnement pränume- 
J** a J? rt 3' ^lb- oder ganzjährig. Er ist eine erweiterte Fortsetzung des vorjährigen „Wasserfreundes", von dem Exemplare ä 2 Thlr. oder 
4 £$. W. noch drrect von dem Herausgeber bezogen werden können. Alle Briefe und Sendungen an die Redaction werden franco erbeten 
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Wie heilt man Scropheln und Tuberkulose 
am richtigsten? 
(Zugleich als Beitrag zu dem Capitel von der Schwierigkeit 
der Einbürgerung des Vegetarianismus in Deutschland.) 
Mitgetheilt von Herrn Naturarzt G. Wölb old in Stuttgart. 
(Fortsetzung.) 
Wie schon erwähnt, war ich nicht Herr über die Küche 
in Brunnthal, konnte nicht verfahren, wie ich wollte. Die 
G'sche Erfahrung ist übrigens anderen Leuten auch bekannt, 
nämlich: daß gute Bouillon am besten so bereitet wird, daß 
man das klein gehackte Fleisch mit kaltem Wasser an's Feuer 
setzt, wodurch aller Saft ausgesogen, cs selbst aber zum Ge 
nießen unbrauchbar wird; ebenso wissen Andere auch, wie 
ein saftiger Braten bereitet wird; sie wissen auch, daß Ge 
müse, Salate oder Compote dazu ein noch besseres Essen ab 
geben, als „sonst Nichts"; wiederum wissen Andere, daß, 
ohne Suppen und ohne alle Fleischspeisen, blos aus frischen 
! oder trockenen Gemüsen, sowie aus den unzähligen Mehlspei 
sen mit Compoten, Fruchtsäften sc ebenfalls ein ganz excel 
lenter Mittagstisch hergestellt werden kann; es fragt sich nur: 
welchen soll man wählen, welcher bekommt auf die Dauer 
am besten, welcher ist der gesündeste? Citirt C. Gewährs 
männer für seinen Carnivoren-Tisch, so ist man gar nicht ver 
legen, ebenso viele und ebenso gewichtige für den vegeta 
bilischen, den nicht cadaverösen, anzuführen! In seinem 
Falle handelt es sich eben darum: welchen hält der Arzt 
für den Krankheitszustand seines Sohnes am passendsten? 
Wohin seinen Heinrich alle guten Tische seit Jahren 
gebracht hatten, das wollte Herr C. nicht einsehen, nicht 
einsehen, daß eben auch ein Bock — Böcke schießen kann!! 
Was ferner das C.'sche belobte Hausbrod, aus Wei 
zenmehl, aus dem nur die groben Kleien ausgesiebt und das 
deshalb gut stickstoffhaltig sei, anbelangt und den Ausfall auf 
die Münchener Semmeln, welche aus dem feinsten (?) Weizen- 
mehl zubereitet und deshalb blos stärkemehlhaltig sein 
sollen, so irrt sich der Briefschreiber gewaltig. Gerade in der 
auch bei seinem aus gebeuteltem Mehle zubereiteten Haus 
brode weggeworfenen groben Kleie ist hauptsächlich der 
Getreidestickstoff enthalten; wollte C. also ein recht stickstoffrei 
ches Hausbrod haben, so mußte er sich bei seinem Bäcker ein 
sogenanntes Grahambrod*), d. h. Brod aus ganz ungebeu- 
teltem Weizenmehle, bestellen. Auf das plus von ein paar 
Loth mehr oder weniger Stickstoff beim Centnerverglciche sei 
nes Brodes mit den keineswegs aus so feinem Weizenmehle 
bereiteten Münchener Semmeln kommt es nun vollends gar 
nicht an, denn gebeutelt ist — gebeutelt, etwas dicker oder 
dünner, das bleibt sich gleich! (?); da. ißt man eben ein bis 
zwei Stück jener Semmeln täglich mehr, als jener von seinem 
Brode ißt, dann ist der Unterschied ausgeglichen! Stickstoff 
ist aber auch im fein st-gebeutelten Mehle. enthalten, so ge 
wiß als in der Kartoffel, denn beide nähren, wie die Erfah 
rung lehrt, man darf nur in hinreichender Quantität da 
von consumiren; es geht damit gerade wie mit dem Münche 
ner Bier, das nach Baron von Liebig's Erklärung auch nicht 
nähren soll, das aber, wie die Erfahrung lehrt, doch — 
nährt! — Ich habe Jahre lang nur solche verrufene Sem 
meln gegessen, und mein Körpergewicht ist dasselbe geblieben, 
natürlich ich lebte nicht von Semmeln allein; ebenso wenig 
sollte aber auch Heinrich blos von Semmeln leben, obgleich 
ich wiederum aus eigener Erfahrung (16 Wochen Schroth'sche 
Kur) davon sprechen kann, .daß man auch bei mehrere Wochen 
lang fortgesetztem alleinigen Semmel-Genuß noch lange 
nicht zu Grunde geht, geschweige denn, wenn Einer Milch, 
Wasser, Semmeln und Obst nach Belieben bekommt 
und dabei Nichts zu schaffen hat, sondern den ganzen Tag 
in der warmen Stube zubringt! C.'s Freßfieber. wie sein 
Hungerfieber, haben daher auf seinen Heinrich gar keinen 
Bezug! Wohl aber bei den armen Webern in Schlesien — da 
kennt man das H ung erfieber, und unter den oberen, in Hülle 
und Fülle lebenden Classen findet man — das Freßfieber! 
Der Schluß des Briefes wird vollends bedenklich! Wie 
mag nur so ein exquisiter Stickstoff-Verehrer, der wegen Gicht 
schon vor 20 Jahren auf dem Gräfenberge war und sie bei 
den Fleischtöpfen dort nicht losbekam, von einer Stimme 
der Natur sprechen? 
Wo in aller Welt denn bietet uns, den Afterculturmen 
schen, diese von ihm angerufene Natur eine Bouillon von 
ausgepreßtem Fleische, wo excellente Beefsteaks mit Ei fix 
und fertig dar? wie will er beweisen, daß nur bei dieser 
famosen Fleischkost die menschliche Gesundheit gedeihen könne, 
*) Anmerkung. Ueber dieses Grahambrvd werde ich demnächst 
einen besonderen Aufsatz bringen, auf den ich jetzt schon verweise!
	        
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