Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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das „Zuviel" als durch das „Zuwenig" zum Er 
kranken veranlaßt werden; — oder es ist 
4) das Lymph- oder das arterielle (hellrothes Blut vom 
Herzen zu den sämmtlichen Körpertheilen führende) oder 
das venöse (dunkles, von den sämmtlichen Organen zum 
Herzen und zu den Lungen zurückleitende) Blut-Gefäß 
system, welches (außer dem gewöhnlich immer mehr oder 
weniger mit afficirten Hautsystem) durch unsere naturwi 
drigen Lebensgewohnheiten am meisten dulden muß. Diese 
Systeme leiden z. B. durch nicht genügende Athmung fri 
scher, Blut- und Nerv belebender Lust, — durch die ein 
seitige und maßlose Verwendung von Ruhe und Bewe 
gung und durch besondere Körperstellungen, ferner durch 
Diätfehler im Genuß von Getränk, Fleisch, Gewürzen und 
. Narcotica's, sowie durch den Gebrauch von Arzneien, — 
durch Blutentziehung, Impfen re. und andere sonst noch 
fatale Einflüsse physischer Art; — oder es zeigt sich 
5) das Knochen- und Muskel- oder Nervensystem ge 
stört. Letzteres insbesondere äußert sich nicht blos durch 
seine Schwächung und Ueberreizung, sondern auch 
durch die jener anderen genannten Systeme 
und Organe als erschöpft oder überspannt, und wirkt 
auf alle Systeme und Organe des menschlichen Leibes und 
also auch auf Gemüth und Geist krankmachend zurück. 
In dieser Weise also wollen die Interessenten für unsere 
Krankencorrespondenz schon selbst gefälligst künftig alle ihnen 
auffällige Krankheitserscheinungen für sich und für uns zu 
classificiren suchen. Je genauer sie dies thun, desto klarer 
wird ihnen selbst die Erkenntniß eines Krankheitsfalles als 
acuter oder chronischer (resp. als „Krisis", d. i. acutes 
Symptom innerhalb einer chronischen Krankheit) werden; desto 
besser werden sie sich selbst bewußt werden, ob und wie es 
hier die Natur des Körpers herabzustimmen oder zu 
ejiner Erregungzu erheben gilt, desto mehr ermöglichen 
sie aber auch uns eine richtige Beurtheilung des Falles und 
die Angabe der zweckdienlichsten Naturheilformen. 
Daher ist, wenn wir nun nochmals das Vorgesagte 
mehr schematisch zusammenfassen, wünschenswerth, daß der 
Krankenbericht folgende Bemerkungen und Angaben darbiete: 
I. Wenn der betr. Zustand plötzlich (resp. neuerdings) 
aufgetreten ist, mithin zu den acuten Erscheinungen 
gehört: 
1) ob das körperliche Befinden mit Fieber und Entzündungs- 
Erscheinungen verbunden ist oder nicht (Angabe der Puls 
schläge in der Minute und womöglich der Bluthitze nach 
Reaumur-Thermometer); 
2) ob sich sonst welche der oben sub A. als 'zu den Symp 
tomen acuter Krankheiten gehörig bezeichneten Erschei 
nungen eingefunden haben, besonders Blutandrang 
(Kongestion) nach dem Kopf, Herz, Lungen u. s. w. 
und Kältegefühl in den Füßen (und der äußeren 
Haut), oder Hitzegefühl, Trockenheit der äußeren 
Haut, Verstopfung und Diarrhoe u. s. w.; 
3) ob bereits ein Mittel, und welches angewandt wurde? 
4) wie alt Patient, wessen Geschlechts, welchen Berufs, 
welchen Ernährungszustandes, welcher Gemüthsart, welches 
seine körperliche Vergangenheit bezüglich gehabter Krank 
heiten , geführter Lebensweise in Essen und Trinken, Be 
wegung, Schlaf, Geschlechtsthätigkeit u. s. w. 
II. Wenn der betreflende Zustand ein schon länger 
bestandener, also chronischer ist, so hat der Kranken 
bericht zwar auch 
1) den Ort, resp. das oder die Systeme (nach obigen Klassen 
8nb B. 1 bis 5) zu bezeichnen, dessen oder deren Function 
hauptsächlich oder beiläufig gestört erscheinen, und ebenso, 
außer allen dadurch etwa herbeigeführten Erscheinungen, 
2) die unter der Angabe Nr. 4 für den Bericht über acute 
Zustände erforderlich erklärten Mittheilungen mit zu um 
fassen, indessen vor Allem und hauptsächlich hat er sich 
3) über die Zustände der äußeren Haut ausführlichst 
auszulassen, weil bei chronischen Leiden nichts so sehr, als 
die Hautbeschaffenheit, einen richtigen Blick überden 
inneren Stand bei dem betreffenden Patienten, über seine 
Lebenskraft und daher über Heilbarkeit überhaupt, über 
die nöthigen Kurformen und über die Kurdauer rc. ge 
stattet. Die äußere Haut ist für den Naturarzt der Spie 
gel des Innern des betr. Körpers, und das Lehrbuch für 
sein Handeln in Bezug auf denselben 
Daher ist speciell hier anzuführen: 
a) wie die Farbe sowohl des Gesichts, des Halses und 
der Hände, als auch der von den Kleidern in der Re 
gel bedeckten übrigen Hautstellen des Körpers ist, unter 
Angabe, wie sich die Farbe gestaltet, wenn man mit 
dem Finger stark oder schwach auf eine Hautstclle, z. B. 
am Arm, drückt und dann den Finger schnell wegzieht; 
b) wie die Form und Elastizität der Haut sich ver 
hält, z. B. ob sie, mit zwei Fingern in die Höhe ge 
hoben, langsam oder schnell in ihre gewöhnliche Lage 
zurückgeht; 
o) welches das Wärmeverhältniß in ihr, namentlich 
ob sie sich trocken oder feucht, warm oder kalt, feucht 
kalt oder feuchtwarm anfühlt, und nach kalter Waschung 
leicht oder schwer sich wieder erwärmt oder nicht; ob 
mehr Wärme an der Oberkörper- als an der Unter 
körperhaut, besonders an den Füßen wahrnehmbar; 
ä) ob sie leicht oder schwer schwitzt, und ob der Schweiß 
und wie er riecht, ob er sich regelmäßig oder nur zu 
gewissen Zeiten oder nach gewissen Anregungen, x. B. 
Waschungen, bemerkbar macht, oder die Wäsche färbt, 
und ob er nur an gewissen Körpertheilen oder all 
gemein austritt. 
Will - sich der Berichterstatter neben diesen speciellen 
Aeußerungen über das Hautsystem und dessen der- 
maligen und früheren Zustand, ebenso speciell auch 
über die etwaigen Störungen in den übrigen Functionen 
und Organenfystemen aussprechen, so kann dieß nur sehr 
nützlich sein — wiewohl wir es in derselben Ausführlich 
keit wie bei der äußern Haut nicht beanspruchen — na 
mentlich würde sich dann der Bericht darüber verbreiten 
können, 
4) ob der Patient übelriechenden Athem hat und schmal oder 
vollbrüstig ist im Verhältniß zu seinem Wuchs, oder ob er 
unbehindert und ohne Schmerz tief uud langandauernd 
Athem schöpfen kann, oder nur kurz und mehr mit dem 
Zwergfell des Unterleibes, anstatt mit den Brustmuskeln, 
athmet, und ob er hierbei Beschwerden (als Stechen oder 
sonst ein schmerzliches Gefühl irgendwo oder ein Geräusch) 
wahrnimmt; 
5) wie viel mal der Puls in der Minute (morgens) schlägt 
und wie (ob voll und dabei hart oder weich oder klein 
und dabei hart oder weich, leicht unterdrückbar oder mit 
ungeregeltem Takt und manchmal aussetzend) derselbe sich 
fühlen läßt, ob Hemmungen im Kreisläufe des Blu 
tes durch Herzklopfen oder Schlagen von Puls
	        
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