Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Eine der ersten Aufgaben aber für das ganze Leben ist, 
daß schon durch Erziehung die Jugend hingeleitet werde auf 
Selbstbeherrschung und Entbehrung; denn nur darin, 
daß wir kraft unseres eigenen Willens uns beherrschen 
und mit freiem Willen Genüsse entbehren und uns Ge 
nüsse versagen lernen, nur darin liegt der Inbegriff von Le- 
bensfreude und Genuß, dadurch vermeiden wir in Allem 
Uebersättigung, Ekel und Widerwille und darin liegt schon 
eine Sicherheit, unsere Gesundheit zu erhalten und unseren 
Charakter zu befestigen. 
Alle unsere Sinne erhalten und erheben sich dann zu 
ihrer natürlichen Schärfe als einzig untrüglichem Führer — 
das ist: Instinkt. 
Durch Uebergenuß verlieren wir aber diese angeborene 
Stimme der Natur, und durch Uebersättigung legen wir den 
Keim zu Störungen im Organismus, zu Krankheiten In 
der civilisirten Welt ist es soweit gekommen, daß ein Herr 
Professor, Hofrath oder Doctor angeben muß, was, wann 
und wie viel der Mensch essen oder trinken darf — was im 
Thierreiche durch den angeborenen Instinkt feststeht und in 
ihm ungestört den Genuß und das Wohlsein erhält 
Allopathisch-hydriatischer Wettlauf. 
(Eine Mittheilung von A. Rikli, Naturarzt zu Triest 
unv? Veldes). 
Einem Landärzte hatte ich durch vielfältige Diseussionen 
sowie durch einige klinische Proben, worunter auch seine eigene 
Gattin (die durch Gicht an allen Extremitäten contract und 
durch die Wasserkur schnell wieder hergestellt worden war); so 
ziemlich für das Naturheilverfahren gewonnen. Als ein Mann 
schon in reiferen Jahren und in der allopathischen Praxis 
beinahe ergraut, war ihm dennoch nicht zuzumuthen, daß er 
die Superiorität des Naturheilverfahrens allgemein anerkenne, 
trotz einiger glänzender Resultate durch das letztere in subacu 
ten Fällen, wo ihn seine Medicin gänzlich im Stich gelassen 
und er mich selbst zu den betreffenden Patienten geholt oder 
eingeführt hatte. So kamen wir endlich in unseren vielfäl 
tigen freundschaftlichen collegialischen Berührungen auch aus 
eine Dame zu sprechen, die unlängst zum achten Male gebo 
ren hatte, und deren beide Brüste hochgeschwollen verhärtet 
waren. Da machte ich, halb Spaß, halb Ernst, den Vor 
schlag eines Wettlaufs zwischen Allopathie und Hydropathie; 
die eine Brust solle er allopathisch, die andere ich hydriatisch 
behandeln. Hier wäre keine Ausrede bezüglich der Ungleich 
heit der Individuen, sondern dasselbe Uebel sei an ein und 
demselben Körper, und somit sei es ein Fall, die verschieden 
artige Wirkung unpartheiisch zu constatiren; ich erbot mich 
noch, die schlimmere Brust zu übernehmen, nämlich diejenige, 
welche derselben Dame schon nach der ersten Niederkunft 
ganz verhärtete und damals in Eiterung überging, und jetzt 
eine größere Härte zeigte. Wir wurden endlich einig; denn 
daß das kalte Wasser organische Verhärtungen aufzulösen 
vermöge, dazu noch besser, als die alte Allopathie mit ihren 
Salben, das bezweifelte er denn doch stark und freute er sich 
nicht wenig auf den Sieg. Jetzt handelte es sich noch darum, 
die Hauptperson für die Wette zu gewinnen, nämlich die 
kranke Dame selbst, ohne deren Einstimmung, ihre Brüste zu 
Experimenten herzugeben, wir die Rechnung ohne den Wirth 
gemacht hätten. Dies war besonders meine Aufgabe, und es 
bedurfte gewiß nicht wenig Pathos und feurigen Redeflusses 
mit Hinweis auf dies und jenes schöne Resultat der Hydriatik, 
um die Dame dahin zu stimmen, ihre eine verhärtete Brust 
der Kaltwasserbehandlung zu überlassen! Doch es gelang 
endlich und nun begannen wir, jeder mit seinen vermeintlichen 
besten Hülfsmitteln, gegen die verhärteten Brüste zu Felde zu 
ziehen, versteht sich nur mit äußerlicher Anwendung, er durch 
Belegung der Brust mit frisch geschorener Schafwolle und mit 
einer Salbebestreichung, ich einfach mit erregenden (kalt aufgelegten 
und zur kräftigen Selbsterwärmung mit Flanell bedeckten) Lein 
wandumschlägen, welche stets so oft in frisches Brunnenwasser 
getaucht, gut ausgerungen, aufgelegt oder gewechselt wurden, 
als sie nicht wehr das Gefühl angenehmer Belebung bewirk 
ten, wozu es gewöhnlich 3 — 4 Stunden bedurfte. Außerdem 
ließ ich diese Brust täglich ein erregendes Bad nehmen, ganz 
einfach der Art, daß Patientin die Brust in ein Waschbecken 
hielt, welches mit frischem Brunnenwasser gefüllt war, und 
worin die Brust durch 10—12 Minuten kräftig srottirt 
wurde; auf dieses Bad ließ ich die Brust stets trocken (mit 
Flanell) so lange reiben, bis die Reaction (Selbsterwärmung) 
vollständig eingetreten und lästig war, was gewöhnlich 
1—1| Stunden dauerte. Hierauf wurden stets wieder die 
früheren nassen erregenden Umschläge aufgelegt. Die Dame 
verspürte durch dieses Verfahren augenblicklich große Linde 
rung, und am 5ten Tage war meine behandelte Brust voll 
ständig erweicht und für den Säugling milchfähig, während 
mein College 14 Tage dazu gebrauchte und die Dame dabei 
weit mehr litt. So ward er endlich überzeugt und geschla 
gen, und hatte ich durch diese einfache Kur großes Geschrei 
und Aufsehen bei seinen Collegen und besonders den Hebam 
men erregt, aber sie doch noch zu keiner Nachahmung gewonnen. 
„Es hätte auch können sehr schief gehen", hieß es. Sic! 
Kranken-Korrespondenz und Briefkasten. 
Herrn Forstm. I. Z. in Schw. Um die bei Ihnen offenbar durch 
Blutstockungen herbeigeführten sogen. H am or rh oi d alb es ch werden 
und deren Reflexe nach dem Kopfe gründlich zu heben, haben Sie 
Viererlei zu thun: a) die äußere Körperhaut durch fleißige, wenigstens 
einmalige tägliche Waschungen ausscheidungsfähiger zu machen, früh 
beim Aufstehen kält er (14"), mit darauffolgender Bewegung, besser aber 
auch des Abends vor Bettgehen, dann ober lau (18"); b) die 
innerlich lösende und zugleich beruhigende Einwirkung durch nächt 
liche Rumpfeinschläge vorzunehmen. Diese werden mit einem 
Betttuch ausgeführt, welches man, dreimal gefaltet, (so daß die dadurch 
entstehende Breite von den Achselhöhlen bis zu den Hüften reicht) in 
frisches Wasser taucht, scharf wieder auswindet und sich nun dergestalt 
um den ganzen Rumpf, von den Achselhöhlen bis zu den Hüften rei 
chend, umlegt, daß die Enden des dreifach liegenden Tuches vorn über 
Brust und Bauch übereinander zu liegen kommen und daß daselbst 
also das Leinen sechsfach anfliegt. Dieser feuchte Rumpsumschlag wird 
mit einer großen wollenen Leibbinde, besser aber noch mit einer ganzen 
Wolldecke, auf welche man sich legt, und in welche man also den 
ganzen Körper von den Achselhöhlen an abwärts einschlägt, so fest und 
gut verpackt, daß durchaus keine Luft zudringen kann. Früh Leim 
Aufstehen und bei der dann erfolgenden Auspackung wird zuerst der 
Rumpf, wo also der feuchte Umschlag gelegen und gewirkt hat, dann 
aber der ganze übrige Körper gehörig abgewaschen, natürlich im war 
men Zimmer, wohin man mit etwas um die Füße gelüfteter Decke 
zuerst sich begiebt (und mit Wasser von ca. 12", wenn Sie überhaupt 
muskulös und kräftig, mit wärmerem bis zu 16", wenn Sie weniger 
fleischig und weniger nervenstark sein sollten; c) gegen die Empfindun 
gen am After und Mittelfleisch sind besonders laue Sitzbäder anzu 
wenden, also Bäder, welche blos mit dem Gesäß in einem besonders dazu
	        
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