Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Das billigste, reinlichste und gesundeste Lager giebt ohne 
Zweifel das Stroh. Bei einigem Geschick kann jede Haus 
frau eine vortreffliche, zwar härtere, aber, sobald man sich 
nur daran gewöhnt hat, ganz vortreffliche Matratze selbst fer 
tigen. Man benutzt dazu langgeschnittenen Häcksel*). Eine 
solche Matratze, wenn sie gut gestopft ist, halt lange aus 
und läßt sich mit wenigen Kosten erneuern. 
Zur Decke des Bettes können leichte Federdecken, wollene 
Decken, wattirte (Stepp-)Decken dienen**). 
Leider sind gar viele Leute durch Federbetten so ver 
wöhnt, daß sie sich an kein anderes Lager gewöhnen können 
oder wollen, dennoch sind geradem Federbetten das ungesundeste 
Lager. 
Betten müssen möglichst häufig der Sonne und Luft 
ausgesetzt und ausgeklopft (gesömmert) werden, um sie von 
in ihnen festsitzenden Ausdünstungsstoffen und von Staub zu 
befreien. Vorzüglich ist dies nöthig nach stattgehabten Krank 
heiten. Nach ansteckenden Krankheiten (Nervenfieber, Pocken re.) 
sind sie einer ganz vollständigen Reinigung durch Waschen 
zu unterwerfen. 
Bei dem Ankaufe schon gebrauchter Betten und Kleider 
muß man sehr vorsichtig sein und darf sie nicht eher in Ge 
brauch nehmen, bis sie vollständig gereinigt sind. 
Um die Bettstücken vor Beschmutzung zu schützen, versieht 
man sie mit Betttuch und Ueberzug, die von Zeit zu Zeit, 
mindestens alle 4 bis 6 Wochen, gewechselt und gewaschen 
werden müssen. 
Bei Kranken und Wöchnerinnen ist aus ein reinliches 
Lager ganz besonders zu achten. Dasselbe muß eben und 
glatt sein, um den Druck der Falten zu vermeiden. Das 
Läger muß Morgens und Abends in gehörige Ordnung ge 
bracht, gut gelüftet und sorgfältig getrocknet werden, wenn 
es vom Schweiß durchnäßt ist. 
Jeder einzelne Mensch muß sein eigenes Nachtlager ha 
ben, denn das Zusammenschlafen zweier Personen in. einem 
Bett hat eines Theils manches Nachtheilige, anderntheils ist 
es dem natürlichen Schamgefühle und der Sittlichkeit zuwider. 
In Bezug auf den ersten Punkt verdirbt ein Schlafkamerad 
dem anderen durch das zu nahe Aneinanderliegen die Ath- 
mungsluft, ferner werden Krankheiten durch die innige Be 
rührung der Körper leicht von einem auf den anderen über 
tragen. Schädlich ist es auch, wenn Kinder mit alten Leuten 
zusammen schlafen, denn bei der innigen Berührung zweier 
Personen während des Schlafes übt die eine auf die andere 
einen gewissen Einfluß ein. Es werden verschiedene Fälle be 
richtet, wo Kinder abzehrten, die bei ihren Großeltern schlie 
fen. In sittlicher Beziehung wird das Zusammenschlasen 
junger Leute dadurch gefährlich, daß sie sehr leicht zu ge 
schlechtlichem Unfug verleitet werden. (Fortsetzung folgt.) 
Einiges über kurmäßige Wasseranwendnng. 
Vom hydro-diätetischen Vereine zu Dresden. 
Wir erlaubten uns neulich (s. Nr. 25 S. 199), unsere 
Ansichten über Erst- und Nachwirkung der Wasser- 
*) Anm. der Red. Auch trockene Blätter von Mais (türkischer 
Weizen) sollen vorzügliche Matratzen geben. 
**) Anm. ber Red. Unmittelbar auf den Leib sollten niemals 
Federbetten kommen. 
an Wendung auszusprechen, thaten dies aber damals ganz 
in allgemeiner Hinsicht und speciell mit Hinblick aus das Heil 
same des Sommer-Flußbadens. Es könnte aber leicht 
von manchem Leser daraus gefolgert werden, daß wir dieses 
wichtige Moment der Erst- und Nachwirkung der Wasseran 
wendung blos bei hygieinischem Gebrauche des Wassers, also 
nur als Mittel zur Gesunderhaltung des Körpers in's Auge 
gefaßt zu sehen wünschten. Dem ist aber durchaus nicht so 
und wir wenden uns daher heute, wenn auch vor der Hand 
nur ganz kürzlich, dem Gebrauche des kalten Wassers als 
Heilmittel zu. Hier gilt nun als oberster Grundsatz 
folgender: „Seine Anwendung muß hinsichtlich der 
Dauer und der Temperatur stets mit der Stärke 
der zu bekämpfenden Krankheit und insbesondere 
mit dem Maße der vorhandenen Körperkräfte im 
richtigen Verhältnisse stehen." Um diesen Grundsatz 
gehörig würdigen und besser verstehen zu können, werde er 
noch durch einige aus der Natur der Sache selbst herfließende 
und durch die Erfahrung bestätigte Sätze etwas näher er 
läutert : 
1. Die Stärke der Erstwirkung des kalten Wassers 
wird bedingt durch die Dauer der Anwendung und durch 
die Temperatur des Wassers. 
2. Die Nachwirkung ist um so stärker und länger 
dauernd, oder schwächer und kürzer, je nachdem die Erst 
wirkung der Kälte stark oder schwach war. 
3. Die Erst Wirkung des kalten Wassers, die Kälte, 
darf hauptsächlich nur dann vorherrschen, wenn Hitze zu däm 
pfen ist, oder eine starke örtliche Zusammenziehung, z. B. bei 
Blutungen, geschehen, oder wenn Wärme total oder partiell 
in der Peripherie beschafft werden soll. Hier muß die Kälte 
durch öftere Erneuerung des kalten Wassers so lange fort 
dauern, als es der erstrebte Zweck erfordert, und darf nur 
mit diesem, jedoch immer die Individualität berücksichtigend, 
nach und nach abnehmen, und nicht eher., als bis nach völli 
ger Besiegung des Uebels, aufhören. 
4. Je weiter das kalte Wasser gleichzeitig an alle 
Theile des Körpers gebracht wird, und je kälter es ist, 
desto kürzer muß die Dauer der Anwendung sein; je ört 
licher aber und je weniger kalt man dasselbe in Gebrauch 
zieht, desto länger kann es unausgesetzt applicirt werden. 
5 Die Nachwirkung darf nie, und selbst in den 
Fällen nicht unberücksichtigt bleiben, bei denen es (wie bei 
Fiebern und Entzündungen) von vorn herein hauptsächlich der 
Er st Wirkung (der Kälte) bedurfte, vielmehr muß sie an 
diese auch hier sich zuletzt allemal anschließen, deshalb aber, 
je nach dem Kraftzustande des Patienten, das betr. Wasser 
kühler oder wärmer (10—20° R) angewandt werden. 
6. Je schneller und kräftiger die Reaction eintritt, desto 
wohlthätiger, nachhaltiger und heilsamer sind ihre Erfolge. 
(Aeußere Unterstützungsmittel zum baldigen und 
kräftigen Eintritt der Reaction sind: a) daß man den Kran 
ken während und nach dem Gebrauche des kalten Wassers 
körperliche Bewegung machen läßt. Wenn dies aber 
nicht möglich ist: d) Frottiren des Körpers mit nassen 
Händen und beim Abtrocknen mit Tüchern, c) daß man die 
Anwendung des Wassers und die Entblößung des^Körpers in 
einem Raume, resp. Temperatur, von ca. 15 0 R. vornimmt. 
NB. Bei Kindern ist es mit diesen Unterstützungsmitteln be 
sonders darum genau zu nehmen, weil bei ihnen der Reac 
tionskraft im Allgemeinen weniger zugemuthet werden darf 
und weil sie auch selten über den Eintritt der Reaction, wel
	        
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