Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Zur Gesundheitspflege. 
Von H. Keil. 
Luft, Wärme, Licht. 
Jedes Geschöpf athmet, d. h. es nimmt durch seine Ath- 
mungswerkzeuge, die Lungen, Lust in seinen Körper auf, und 
die Lungen müssen in immerwährender Thätigkeit sein, um 
diese Luft zu erneuern. Was die Nahrungsmittel für den 
Magen, das ist die Luft für die Lungen. Die Luft besteht 
aus etwa einem Theile Sauerstoff und vier Theilen Stickstoff. 
Durch das Athmen will der Körper sich den Sauerstoff an 
eignen, der Stickstoff aber dient nur zur gehörigen Verdün 
nung des Sauerstoffes, welcher, rein eingeathmet, sehr bald 
die Athmungsorgane vernichten würde Der Sauerstoff nun 
verbindet sich in den Lungen zum Theil mit dem Kohlenstoffe 
des Blutes und bildet Kohlensäure (fixe Luft), welche ausge- 
athmet wird. Auf diese Weise wird der Kohlenstoff aus dem 
Körper entfernt, ein Theil des Sauerstoffes aber geht in das 
Blut über. Die Aufnahme von Sauerstoff in die Lungen 
dient also dazu , das Blut seines Kohlenstoffes zu entledigen, 
den es nicht mehr gebrauchen kann, das Blut zu kräftigen 
und zu erfrischen. Um aber diesen Vorgang vollständig zu 
machen, ist es nöthig, daß die Luft, welche eingeathmet wird, 
rein sei, daß sie keine anderen Stoffe und Gasarten ent 
halte, welche der Körper nicht brauchen kann, oder die sogar 
schädlich aus das Blut wirken. Daher muß der Mensch Be 
dacht nehmen, immer möglichst reine Luft zum Athmen zu 
haben und von solcher umgeben zu sein. 
Die Beschaffenheit der Luft einer Gegend hängt ab von 
der Beschaffenheit des Bodens, über dem sie sich befindet. 
Große Wassermassen, wie das Meer, große Seen machen die 
Luft feucht, trockener Boden trocken. Die Last führt stets 
einen Theil Wasserdunst bei sich, und eine mäßig damit ver 
sehene Luft ist am geschicktesten zum Athmen. 
Unrein und demnach ungesund wird die Luft vorzüglich 
durch die Fäulnißgase verwesender Thier- und Pflanzenstoffe, 
sowie durch die Ausdünstungsstoffe lebender Wesen, sobald 
solche zu einer Anhäufung in der Luft Gelegenheit haben. 
Ferner aber auch durch mechanisch ihr beigemengte Stoffe, 
wie Staub und Dämpfe verschiedener Art, welche in feinzer 
theiltem Zustande mit in die Athmungsorgane übergehen. 
In sehr wasserreichen, sumpfigen Gegenden, wo eine 
Menge Pflanzenstoffe im Wasser faulen, herrscht eine unge 
sunde Luft, die sogenannte Sumpfluft (Malaria), die mancher 
lei Krankheiten, vorzüglich das kalte Fieber, erzeugt. Auch 
nach Ueberschwemmungen, wenn der Boden wieder zu trocknen 
beginnt, erzeugt sich namentlich diese Luft. Manche Gegen 
den, vorzüglich der heißen Erdstriche, find durch sie verrufen, 
denn Wärme und Feuchtigkeit begünstigen die Zersetzung und 
Fäulniß aller Thier- und Pflanzentheile. Wo solche daher 
in großer Menge angehäuft sind und der Verwesung verfal 
len, schwängert sich die Luft mit ungesunden Gasen, um so 
mehr, je wärmer und feuchter.die Witterung ist. Selbst unter 
der Erde faulende Pflanzen- und Thierstoffe lassen einen 
Theil ihrer Fäulnißgase aus der Erde entweichen, daher in 
der. Nähe großer Kirchhöfe eine ungesunde Luft herrscht. 
Wo viele Menschen beisammen wohnen, wie in großen 
Städten, häufen sich auch deren Auswurfstoffe und Ausdün 
stungen bedeutend an und erfüllen die Luft mit ungesunden 
Gasen. Ueberall überhaupt, wo wenig Luftwechsel stattfindet, 
ist die Luft ungesund, so in engen Thälern, an mit Wald 
umschlossenen Stellen, in Bergwerken, Tunneln, auf Schiffen, 
in geschlossenen Eisenbahn- und Postwagen re. Gegen alle 
dergleichen Schädlichkeiten kann sich der einzelne Mensch frei 
lich weniger schützen, er muß die Luft athmen, welche ihm 
sein Wohnplatz bietet und sich in Umstände schicken, die er 
als Einzelner nicht abzuwenden vermag. 
Dagegen ist er im Stande, auf seine Häuslichkeit mög 
lichste Sorgfalt zu verwenden und hier wenigstens eine mög 
lichst reine Luft herzustellen. Denn begreiflicher Weise muß 
in geschlossenen Räumen die Luft viel eher der Verderbniß 
ausgesetzt sein, als im Freien, wo durch die immer mehr oder 
weniger bewegte Luft ein Wechsel derselben herrscht. 
Das Athmen ist zugleich der Erzeuger und Unterhalter 
der dem Körper eigenthümlichen Wärme. Alle Geschöpfe er 
zeugen und erhalten dadurch zwar ihre eigene Wärme sich 
selbst, doch bedürfen sie auch einer von außen kommenden 
Wärme zu ihrer Entwickelung uud zu ihrem ferneren Bestehen. 
Alle Wärme, welche die äußere) kältere Temperatur der Lust 
im rauheren Klima und in der kälteren Jahres- und Tages 
zeit ihm entzieht, ist der Körper nicht im Stande zu ersetzen. 
Deshalb sucht sich der Mensch durch Wohnung und Kleidung, 
so wie durch die Wärme des Feuers zu schützen und seinen 
Körper auf diese Weise mit einer wärmeren Luftschicht zu 
umgeben. 
Nächst der Wärme ist eine andere wesentliche Lebensbe 
dingung das Licht. Die Sonne spendet dem Erdkörper bei 
des: Wärme und Licht; sie ist daher das eigentlich Leben 
weckende, Befruchtende. Zum Gedeihen aller lebenden Wesen 
ist Licht durchaus nöthig. Wie bei den Pflanzen die Zer 
setzung der Kohlensäure und das Aushauchen von Sauerstoff 
nur unter dem Einflüsse des Lichtes stattfindet, so wirkt ähn 
lich das Licht der Sonne auf die Haut und das gesammte 
Nervensystem der Thiere und des Menschen. Daffelbe ist ein 
mächtiger Reiz für die Nerven, deren Thätigkeit bei seiner 
Anwesenheit erhöht, bei seiner Abwesenheit aber vermindert 
wird. Bekannt ist die Wirkung des Lichtmangels auf Pflan 
zen, sie werden bleich, wachsen zwar Anfangs üppig, gehen 
aber zuletzt ein. So auch bei Menschen und Thieren. Das 
Licht hat zersetzende und eomponirende, entwickelnde Kraft. 
Es bethätigt das Leben der Haut, die durch dasselbe ihre 
lebhafte Farbe erhält, während sie bei Lichtmangel erbleicht. 
Menschen, welche viel in düsteren Zimmern, in Gefängnissen, 
in Bergwerken re. zubringen, sehen bleich und krank aus. 
Ihr Blut wird dünn und wässerig, ja sie verfallen in einen 
bleichsüchtigen, scorbutischen Zustand, ihre schlechte Ernährung 
macht sie zur Fettbildung geneigt, denn statt kräftiger Fleisch 
faser erzeugt sich bei ihnen formloses Fett. 
Die Haut, welche den Körper von der Außenwelt schei 
det, ist zugleich das wichtigste Absonderungsorgan der verleb 
ten Stoffe, die es an die Außenwelt zurückgiebt. Außer der 
Absonderung der Schweißdrüschen (von denen auf einen Qua 
dratzoll Haut etwa 1000 kommen) dem eigentlichen Schweiße, 
giebt die Haut durch unmerkliche Abdunstung über zwei Pfund 
verbrauchten Stoff täglich ab. Sie steht mit der äußeren 
Lust in stetem Wechselverkehr, und dadurch wird ihre Thätig 
keit und Beschaffenheit vom wichtigsten Einflüsse auf das 
Wohlsein des Körpers überhaupt. Die größere oder geringere 
Empfänglichkeit für Krankheit hängt daher wesentlich von der 
Haut ab, deren Schwächung und Erkrankung für den ge 
summten Körper üble Folgen hat. Die Haut ist, wie die 
Lunge, auch Athmungsorgan, obgleich sie meist nur ausath-
	        
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