Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Donnerworten ehrerbietig die Hand und bat dich lächelnd um 
Verzeihung, wenn er dazu beigetragen, daß Du ihn hinsicht 
lich Deiner mißverstanden. 
Aber Du kleiner Schalk, Pauline! Du stelltest Dich vergebens 
vor den Tisch mit den Medicinflaschen, als Adolph, nach ge 
thanen ersten hydriatischen Werken, seine Umschau im Kran 
kenzimmer hielt, forschend nach den etwa in der Atmosphäre 
des Zimmers und überhaupt außer und um die erkrankte 
Lina vorhandenen Hemmnissen der Heilkraft ihres eigenen 
Körpers. Da hals keine Fürbitte und Rücksichtnahme auf die 
Vorliebe der Großmama und keine, später sogenannte und ein 
gestandene, Nothlüge, daß Du selbst gern Medicin einnähmest 
und die schönen Flaschen nicht durch's Fenster oder auf den 
gewissen großen Haufen im Hofe wandern sehen mögest. 
„Siehst Du, liebes Kind", sagte Adolph, „wie man Dich kein 
buntgefärbtes Spielzeug in den Mund nehmen läßt, ängstlich 
vor dem Gift seiner Farbe Dich behütend, so sollst Du auch 
fortan keine Arznei mehr in den Mund nehmen; denn sie ist 
Dir — wenn auch langsam wirkend — doch ebenso schädlich, 
als das bunte Spielzeug; beide enthalten Gifte oder überhaupt 
Deinem Körper nachtheilige, weil nicht nährende, sondern ihm 
fremdartige Stoffe; das eine Gift — das an den bunten 
Spielsachen— wirkt nur etwas schneller, das andere— das 
in den Arzneiflaschen — etwas langsamer zerstörend auf Deinen 
Körper. Also — lieb' Paul'chen, darf ich Dir beim besten 
Willen nicht nachgeben. Muß und darf ich mich dem Ge 
schmack der Großmama unterwerfen — so muß ich dagegen 
Deinem kleinen Unverstand entgegentreten. Kinder und Greise 
sind zwar in ihren Wünschen oft einander ziemlich gleich, aber 
das Verfahren gegen sie ist bei beiden ein gar sehr verschie 
denes; dem Alter kann und muß ich sein oft eingebildetes 
Glück lassen; Dich aber muß ich zu dem Deinigen zwingen." 
Uebrigens wurden Adolph und Pauline bald die besten Freunde, 
und jetzt sieht sie sich durch Befolgung seiner Grundsätze zu 
einem gesunden, gar blühenden und hübschen Mädchen er 
wachsen, bei dem nie die Rede von Bleichsucht und Blut 
armuth war. 
Und die Katze endlich und der Hund, fragt Ihr — kleine 
Mitleser — hie und da in den Familien, wo zeitige verstän 
dige Hinlenkung Eures Kindesgeistes auf die Eure körperlichen 
Angelegenheiten betreffenden Lehren den „Naturarzt" Euch re 
gelmäßig in die Hände führt — was sollen die auf dem 
Bildchen noch bedeuten? Doch nicht, daß der Naturarzt und 
der Doctor der Medicin wie Katze und Hund sich gegenüber 
stünden? O nein, Ihr lieben, kleinen Freunde, das soll nicht 
damit gesagt sein; denn so braucht sich im Leben die Stel 
lung der Vertreter beider, freilich sehr auseinander gehender 
Richtungen nicht zu gestalten, und glücklicher Weise ist sie auch 
keine derartige feindselige mehr. Nachdem der Kampf der Ho 
möopathie und Allopathie einmal ausgekämpft ist und einem 
friedlichen gegenseitigen Ertragen Platz gemacht hat, ist in der 
Hauptsache jedem neuen von der Arzneiheilmethode abweichen 
den Heilsystem die Möglichkeit des Daseins gestattet, kampf- 
und schmerzloser, als ehedem der Homöopathie. Die Allo 
pathie gleicht jetzt ziemlich unserer guten Neuborn'schen Groß 
mutter aus dem ihr gegebenen bequemen, weichgepolsterten 
Lehn- und Armstuhl; wir lassen sie in ihrem Besitz und in 
ihren Ueberzeugungen unbehelligt, d. h. wir unternehmen we 
niger, die Allopathen von den innehabenden Lehrstühlen an 
den Universitäten und von ihren Stellen an öffentlichen Heil 
anstalten nnd Militairspitälern zu verdrängen — obgleich es 
ungerecht und der Jetztzeit, in ihrem Streben nach Gleichbe 
rechtigung, sehr unangemessen ist, akademische Stühle nur mit 
Vertretern der Allopathie zu besetzen und den Kranken in öf 
fentlichen Krankenhäusern zuzumuthen, sich nur allopathisch 
behandeln zu lassen —, wir beabsichtigen auch nicht, die 
Analysen der Medicinbereitungen aufzutischen und die 
allopathischen Medicinen selbst zu zergliedern und zu bekäm 
pfen, vielmehr wollen wir direct unsere den neueren Erfah 
rungen aus dem Heilgebiete ungehörigen Grundsätze darzulegen 
streben. Wir lassen also Großmutter Allopathie möglichst in 
Ruhe; aber wir müssen natürlich auch wünschen, daß sie ihrer 
Seits nicht ein großmütterliches Urtheil über Systeme fällt, 
welche, jünger als ihre Anschauungen und Erfahrungen, dem 
Geiste und der Erkenntniß der Neuzeit angehörig sind, und 
daher entweder ebenfalls frisch studirt oder unbehelligt zu las 
sen sind. Nein! unsere Katze und unser Hund bedeuten ganz 
was anderes. Man soll auch nicht, in dem Anschmiegen der 
Katze — als gewissermaßen Vertreterin des Naturlebens im 
Hauskreise und als Repräsentantin des thierischen Magnetis 
mus — an «Adolph, ein Hindeuten auf diese Dinge sehen — 
nein, wir meinen mit der Katze viel Anderes und Schlimme 
res; wir wünschen sie als Symbol der Falschheit in's Auge 
gefaßt und in ihrem Schmeicheln das traurige Factum erkannt 
zu sehen, daß viele Aerzte nicht aus innerem Trieb und aus 
inniger Ueberzeugung, sondern aus bloßer elender Gewinn 
sucht sich zu scheinbaren Vertretern der Naturheilkunde machen, 
also als falsche heuchlerische Kreaturen bei und neben ihr 
stehen, sich ihr aufdrängen zu ihrem Leid und großem Nach 
theil der bethörten Leidenden Auf diese Unwürdigen möge 
des Doctors Hund, d. h. die Wuth der Allopathen, losfah 
ren, auf diese elenden, nur aus Habsucht abtrünnig Gewor 
denen. Frisch auf, mein Hund, beiß zu! wir helfen dir, und 
beißen, da nMhig, mit! 
Ueber Gesundheitspflege 
mit" Rücksicht auf die Resultate, die bei Behandlung der 
verschiedensten Kinderkrankheiten mit Wasser erzielt worden 
sind. 
Mitgetheilt von A. Fr. in Stettin. 
I. 
Wenn ich die Aufmerksamkeit der geneigten Leser, Freunde 
der Naturheilkunde und Missionäre der Gesundheitspflege auf 
einen Gegenstand lenke, auf den man nicht oft genug zurück 
kommen kann: „die Gewinnung einer Grundlage für die ra 
tionelle Gesundheitspflege neben der Verbreitung des hhdro- 
diätetischen Naturheilverfahrens", so geschieht dies, um die 
dazu nöthigen möglichst einfachen und allgemein anzuwenden 
den Formen bei Behandlung des Körpers mit Wasser zur 
Anschauung und näheren Prüfung zu bringen, damit das 
Material für die beregte Grundlage der Gesundheitspflege zur 
Reife gelange. Zur Lösung dieser Ausgabe habe ich es ver 
sucht, die Frage zu beantworten — inwieweit dem Menschen 
die Fähigkeit innewohnt, sich dauernde Gesundheit zu ver 
schaffen. Als Beleg hierfür folgen die gewonnenen Resultate 
bei Behandlung der verschiedensten Kinderkrankheiten, und zum 
Schluß werde ich den Spiegel aufzustellen mich bemühen, in 
dem sich die körperliche Degeneration der Menschheit mit ihren 
Ursachen erkennen läßt.
	        
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