Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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Naturheilkunde „zu Tode", wie es die ebenfalls mit der 
Richter'schen Tinte so arg beschmutzten Professor Dr. Grabau, 
Schroth, Petsch (der Apfelweinarzt) u. s. w. gethan haben; 
wir wünschten im Gegentheil den Krähenschmutz auf dem Wei 
ßen Schwanenkleide der Naturheilkunde mit etwas mehr als 
bloßem Untertauchen und Lächeln zu beantworten und abzu 
waschen. Aber Verständigung ist am wenigsten der brutalen 
Eitelkeit gegenüber möglich, und so verschmähen wir ein Zwie- 
gefecht mit der Feder, bei dem das lesende Publikum je 
denfalls am schlechtesten wegkäme. 
So wenig wir nun aufhören können und werden, die 
Mithülfe bei Fortentwickelung der Naturheilkunde (namentlich 
der combinirten Prießnitz-Schroth'schen Methode — der Hh- 
dro-Diätetik —) nach Kräften in unserem Blatte anzustreben 
und daher soweit, als uns nöthig scheint — aber in anstän 
diger, Niemand verletzender Form — oppositionell im oben 
angegebenen Sinne aufzutreten, ebenso sehr wiederholen wir, 
wie schon oft geschehen, daß es fern von uns ist, mit dieser 
Opposition das allopathisch-ärztliche Element von dem Gebiete 
der Naturheilkunde auszuschließen. Im Gegentheile, wir hal 
ten die Betheiligung der Fachärzte bei der Prüfung und Wei 
terbildung der physiatrischen Doctrinen im Interesse der 
Menschheit und Wissenschaft für so wichtig, daß wir unserer 
Seits gern bereit sein würden, auf den jetzigen Titel unserer 
Zeitschrift zu verzichten, falls fort und fort darin eine 
„feindselige" Stellung zur ärztlichen Welt wahrgenommen 
werden sollte. Vielleicht würde diesfalls, weil ohnedies unse 
rem Verhältnisse zu dem hiesigen hydro-diätetischen Vereine 
und seinem Programm besser entsprechend, die Benennung 
„Hydro-diätetische Zeitung" der geeignetere und allgemeiner 
befriedigende Titel sein. 
5. 
In dem Prospecte zu dem heurigen Jahrgange unseres 
Blattes ist gesagt, daß der „Naturarzt" auch Rücksicht auf 
den Gebrauch der See- und Salinenbäder, der Molken-, Obst 
und Kräutersaft-Kuren und aus den Baunscheidtismus re. 
nehmen werde. Dies ist nun hie und da mit großer Ver 
wunderung aufgenommen und uns zum Theil zum Vorwurf 
gemacht worden. Wir bemerken deshalb zunächst im Allgemei 
nen Folgendes: Es kann Niemand läugnen, daß die Anzahl 
derer, welche sich jährlich theils zum Vergnügen, theils pro 
phylaktisch (um ihre Gesundheit damit desto stärker zu machen), 
theils auch als wirkliche Patienten den fraglichen, in unserem 
Programme angeführten Heilweisen zuwenden, einen großen, 
ja man möchte sagen immer größeren Umfang annimmt. 
Ebenso wenig läßt sich aber auch verkennen, daß ein sehr be 
deutender Theil dieser Personen die fraglichen Medien aus 
einer Scheu vor Medikamenten und überhaupt gewöhnlicher 
allopathischer Kurweise und Berathung aufsucht und daß sie 
mehr oder weniger zu denen zählen, welche nur noch eine 
berhältnißmäßig geringe Kluft von der hydro-diätetischen Heil 
methode trennt. Es ist meistens nur Mangel näherer Be 
kanntschaft mit den physiatrischen Grundsätzen, welche sie — 
zu einem guten Theile wenigstens — abhält, ganz in das 
Lager der Hydriatik, oder Diätetik, überzugehen. — Wenn also bei 
diesen Persönlichkeiten die mehrste Geneigtheit zur Aufnahme be- 
hufiger Belehrung vorausgesetzt werden darf, so ist es an 
und für sich und im Allgemeinen gewiß vollständig gerecht 
fertigt, wenn man die bei ihnen bisher beliebten specifisch the 
rapeutischen Maßregeln in's Auge faßt und bei deren Bespre 
chung Gelegenheit findet, von jenen Gebieten auf das unsere 
überzuführen. Ohne derartige Berücksichtigung der ihnen be 
reits bekannten und resp. liebgewordenen Medien würden 
solche Individuen weit seltener einer Belehrung weiterer Art 
zugänglich erscheinen. 
Im Besonderen aber bezieht sich dies auf die Anhänger 
der Kräutersaftkuren und des Baunscheidtismus. 
Was hier speciell nun zuerst die Kräutersaftkuren an 
langt, so steht die Frage eigentlich noch ganz offen, ob oder 
wie weit das Genießen von frischem Saft blos ausgepreß 
ter Kräuter zu einem diätetisch-nützlichen und den Anschau 
ungen der Naturheilkunde entsprechenden Verfahren zu rechnen 
sei, oder nicht. Es ist hier (bei diesen Rechtfertigungssätzen) 
zwar nicht der Ort, uns darüber unserer Seits auszusprechen; 
auch wäre es uns angenehm, darüber von verschiedenen Pri 
vatpersonen, wie von Aerzten, vorher Ansichten mitgetheilt 
zu erhalten. Aber wir halten die Erörterung dieser Frage 
im Interesse der Wissenschaft ebenso, als in. dem der Liebhaber 
der rohen Pflanzensäfte selbst in hohem Grade geboten und 
glaubten und glauben noch, deshalb unser Programm auf 
diesen Kräutergebrauch ausdehnen zu Müssen. 
Und nahezu ebenso verhält es sich mit der Besprechung 
des Baunscheidtismus, dieser Kurweise, wo mittels eines 
kleinen Stachelinstrumentes (Lebenswecker) .Stiche von mehreren 
Linien Tiefe und in großer Anzahl dicht neben einander auf 
die äußere Haut des Körpers ausgeführt werden, ein milch 
ähnlicher Saft dadurch aus dem Körper hervorgelockt, die 
betr. Wundenstellen mit einem ziemlich starken ätherischen Oele 
bestrichen und damit eine Pustelbildung bewirkt wird, welche, 
zusammengenommen mit dem Milchsaftaustritt, eine Heilung 
von einer Masse Krankheiten herbeizuführen im Stande sein 
und solche auch schon herbeigeführt haben soll. 
So große Bedenken sich physiologisch und auch rein na 
turärztlich gegen diese offenbar gegen das Blut-Blasma (den 
Bildungsstoff des Blutwassers in unserem Blute) gerichtete 
Säfteentziehung geltend machen lassen, so ist doch mit der 
bloßen Bedenklichkeit und theoretischen Gegenhaltung nichts 
gegen diese jetzt so außerordentlich in Anwendung gekommene 
Verfahrungsweise ausgerichtet; auch steht noch gar nicht fest, 
daß und welche Nachtheile wirklich daraus hervorgegangen 
sind. Wir glaubten daher und glauben noch, zur Steuer der 
Wahrheit Besprechungen über diesen Gegenstand in unserem 
Blatte herbeiführen zu müssen. Leider aber haben wir bisher 
noch keine behufigen Mittheilungen von dritter Hand erhalten, 
und wir selbst können und wollen nicht eher unsere Ansicht 
festgestellt aussprechen, als bis wir von einer größeren Anzahl 
Personen, bei denen die Anwendung des Baunscheidt'schen In 
strumentes unter unseren Augen schon erfolgt ist und bez. 
noch erfolgt, die Resultate dieser ihrer Selbst-Behandlung (oder 
Behandlung durch die damit sich, wie wohl überall, so auch 
hier sich abgebenden, oft . auch weiblichen Privatbeflisienen) zu 
sammenzustellen vermögen. 
Wir fordern aber solche, welche bisher schon an sich oder 
anderen Personen das fragt. Instrument und Oel in Anwen 
dung gebracht haben, freundlichst auf, ihre Erfahrungen und. 
Beobachtungen dabei und darüber uns zum allgemeinen Besten 
baldigst ebenfalls mitzutheilen. 
Nicht minder gerechtfertigt ist es gewiß, auch die Kuren 
mit Obst- und Baumsäften, also besonders die Weintrauben-, 
die Erdbeer-, die Birkensaft-Kur und den Gebrauch des Apfel- 
■ saftes re. in den Bereich unserer Besprechungen zu ziehen. 
Namentlich die Apfelweinkur hat sich durch dieBemühun-
	        
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