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den beabsichtigten Zweck erfüllt. Das Essen von Pfefferkuchen
und dergl. in Wasserheilanstalten") und der Gebrauch somancher
anderer Diätmittel, die man anwendet, weist darauf hin. Erfurth
empfiehlt einen Zusatz von Kochsalz oder Oel zum Lavement. Ist
Zeit zum Abwarten, so mag das gehen, ist aber nicht viel
Zeit, so geräth man in Verlegenheit. Es ist durchaus nicht
zu leugnen, vielmehr vollkommen begründet, daß das Lave
ment, zumal das kalte, nicht nur bis zum oberen Theile des
Dickdarmes, sondern durch Reflex sogar bis zum Magen hin
wirke, während das Wasser gar nicht etwa sehr hoch in den
Darm gespritzt werden kann. Es steht aber wiederum fest-
daß der Darm mitunter so unrührig gefunden wird, daß ihn
ein Lavement gar nicht anzufechten scheint, ja, wo kaum die
gangbaren Abführmittel etwas vermögen. Ich denke hier nicht
an die gefährlichen Fälle von Einschiebung der Därme inein
ander, Verschlingung derselben, Druck auf sie durch eine in
nere Geschwulst, sondern nur an die bei manchen Menschen
und im Alter sich nach langer Vernachlässigung einstellende
Erlahmung der Muskelhaut des Darmes, so daß nichts oder
nur wenig von der eigenthümlichen wurmförmigen Bewegung
desselben gemerkt wird. Diese Fälle sind höchst fatal und oft
so hartnäckig, daß der Arzt in Verzweiflung geräth. Ich er
innere mich eines Falles bei einem noch jungen Manne, wo
weder durch Lavements aller Art, noch durch starke drastische
Arzneien etwas bezweckt wurde. Endlich half hier das Auf
legen von Schnee auf den Leib, so daß letzterer ganz und
gar durchkältet wurde; da endlich wurde Bahn gebrochen.
Diese eiskalten Umschläge sind in hartnäckigen Obstructions-
fällen wichtige Mittel, denn sie bewirken außerordentliche
kräftige Reflexe in den Nervenparthieen des Unterleibes
und bringen die schlaffe Muskelfaser des Darmes zur Zu
sammenziehung. Ebenso möchte ein scharfer, sehr kalter Strahl
auf den Unterleib etwas auszurichten vermögen. Letzterer ist
in der Privatpraxis freilich nicht zu beschaffen.
Um die Wichtigkeit der Lavements und die Nothwendig
keit, daß sich jede Familie mit einem guten Apparate dazu
versorge, einzusehen, will ich seinen Wirkungskreis etwas näher
beleuchten.
Zuvörderst ist das Lavement einfaches Entleerungs
mittel bei einfacher Obstruetion und Hartleibigkeit. Bei Ge
sunden sowohl, als namentlich bei Kranken ist es wichtige Re
gel, für tägliche Leibesöffnung zu sorgen, und sie nie über
2 Tage anstehen zu lassen**). Blutandrang nach dem Kopfe,
Herzklopfen. Unbequemlichkeiten im Unterleibe und daher rüh
rende schlechte Laune entspringen außerordentlich häufig aus
der Unregelmäßigkeit der Leibesöffnung. Wird dieselbe nicht
beachtet, wie es namentlich häufig bei-Frauen geschieht, die
ohnedies mehr dazu geneigt sind, als Männer, so verhärtet
sich der Darminhalt, bleibt fest in den Falten und Ausbuch-
*) Anm. d. Red. Solches ist in gut dirigirten Anstalten nicht
geduldet
* * *) t Anm. d. Red. Nach den Erfahrungen der Naturheilkunde
bedarf dieser Satz der Modification. Es kommen sowohl in acuten
Krankheiten Fälle vor (namentlich bei natürlichen Blutverlusten und
überhaupt hohen Schwächezuständen), wo das längere Gefülltsein der
Därme, selbst des Dickdarmes, noch allein die nöthige, wenn auch ge
ringe Ernährung des Körpers vermitteln muß und wirklich vermittelt,
wie es auch in chronischen Krankheiten (wir verweisen besonders auf
die Schroth'schen Kuren) häufig sich zuträgt, daß Darmentleerungen
mehrere Wochen lang ohne Nachtheil des ^Patienten unterbleiben und
sich oft dann ganz von selbst regeln. Andererseits stimmen wir aber
dem Herrn Verfasser vollkommen darin bei, daß die Rücksichtnahme auf
die Darmfunction meistentheils eine höchst wichtige Sache und Vernach
lässigung derselben bei Gesunden eine sehr schlimme Angewohnheit ist.
kungm des Darmes hasten und die vielen zähen Speisereste,
wie Fasern von Gemüse, sehnige Theile des genossenen Flei
sches, die harte zähe Schale der Hülsenfrüchte, Weinbeeren
und dergl. bilden harte knollige Massen, die nach und nach
den Darm ausdehnen, ihn reizen, seine Muskulatur lähmen
und ihn endlich tief, mitunter unheilbar erkranken lassen; zu
mal wenn sich jene Massen endlich zu zersetzen beginnen, üben
sie einen höchst schädlichen Reiz aus, es entsteht langwieriger
Durchfall, aber trotz desselben bleiben jene verhärteten Massen
oft an den Wänden kleben und begrenzen einen nur engen
freien Kanal. Daher gar häufig trotz Durchfall noch auf den
Stuhl gewirkt werden muß, um die veralteten Massen endlich
los zu bringen. Hier sind häufige, kräftige Lavements unter
stützt von reichlicherem Trinken das beste Mittel. Wenn aber
die Reizlosigkeit des Darmkanals erst bedeutend ist, so rufen
sie in den oberen Darmparthieen keine Reflexwirkung mehr
hervor und es tritt die Nothwendigkeit ein, das Wasser mög
lichst hoch hinauf zu bringen, indem man eine elastische Röhre
möglichst weit in den Darm hineinzubringen sucht, durch
welche man dann das Lavement appliciren kann. Ein sehr
beschwerliches Unternehmen, was nicht immer gelingt. Ich
kenne einen Herrn, der sich auf seine Weise zu helfen suchte.
Er hatte eine kleine Pumpe construirt und pumpte damit so
lange, bis er den oberen Theil des Dickdarmes (den queren
Tbeil desselben in der Magengegend) sich anfüllen fühlte. Ein
Experiment, das ich Niemand anrathen möchte, denn durch
zuviel kann man den Darm leicht übermäßig ausdehnen und
bedenkliche Wirkungen Hervorrufen. Jenem schadete es zwar
nichts, doch hat er seine Versuche später unterlassen. Bei
einem anderen Patienten war Alles vergebens. Er hilft sich
jetzt durch die stärksten drastischen Arzneimittel, die er in enor
men Gaben nimmt, aber auch nicht mit sonderlichem Erfolg.
Der Darm ist ganz gelähmt. Zu helfen wäre noch zur Noth
durch kalte Douchen, aber dazu entschließt er sich nicht.
Wie nothwendig es daher ist, die tägliche gehörige Lei
besöffnung nicht zu vernachlässigen, ist sattsam klar. Das
kalte Lavement, nebst gehöriger körperlicher Bewegung durch
Arbeit oder Gymnastik, ist das beste und sicherste Mittel, den
Darmkanal zu kräftigen und seine Verrichtung normal zu er
halten. Daß aber auch eine passende Diät dabei geführt
werden muß, versteht sich von selbst. Die Hauptsache im
ärztlichen Wirken bleibt immer, das Uebel womöglich zu ver
hüten, denn wenn es schon arg eingerissen ist, wird die Hülfe
schwieriger, und je später, desto mißlicher.' Es ist viel ge
schrieben worden über dieses Capitel und eine Menge Charla-
tans sind durch den Verkauf ihrer Abführmittel reich gewor
den, ich erinnere nur an Strahl. — Eine Lavementspritze im
Hause spart manche Kosten, wenn sie zur rechten Zeit ange
wendet wird. Großes Aufsehen machte seiner Zeit Kämpf
durch seine Kräuterlavements.
Das Lavement ist ferner eines der wichtrgsten Ablei
tung s mittel von den oberen Regionen des Körpers, Kopf,
Brust, Magen. Kreyßig wurde durch den Gebrauch der Ab
führungen ein berühmter Arzt. Er brauchte dieselben nur als
Ableitungsmittel. Sein Glück in Herzkrankheiten war weit
verbreitet. Dasselbe Glück kann man durch wohlangebrachte
Lavements haben. Bei den häufig plötzlich auftretenden fieber
haften Zufällen der Kinderwelt habe ich allein durch kalte
Lavements die Krankheit gehoben, sobald nicht ein tiefer lie
gendes Leiden vorlag. Wie oft bin ich Abends, Nachts zu
solchen Fieberkranken gerufen worden; ein Lavement brachte
in den meisten Fällen Ruhe, Schlaf, aus dem sie am andern