Volltext: Der Naturarzt 1863 (1863)

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dige Leibesöffnung als Heilobject nur als Nebensache, als 
Bagatelle ansehe. — Niemals ist es mir vorgekommen, daß 
ich ein Bedürfniß nach Salz und Oel als Attribut gefühlt 
hätte, obwohl ich die Mehrzahl meiner Kurgäste 2 bis 3 
Klystiere täglich nehmen lasse. 
Aus mehreren Fällen werde ich später ' einen besonders 
interessanten Fall der Verstopfung mittheilen, welcher zur 
gänzlichen Heilung gebracht wurde. 
Nun gehe ich zum mechanischen und physikalischen Theile 
der Klystiere über. 
1. Wie wir gesehen haben, ist die genaue Bemessung 
der Klystiere in ihrer Größe eine Hauptsache Mancher wird 
sich freilich denken, soll ich mir das Wasser jedesmal mit der 
Waage abwiegen; das wäre allerdings eine langweilige, un 
praktische Sache. Nein, dieses wird sehr einfach beseitigt. 
Von allen mir noch bekannten Klystier-Apparaten habe ich in 
dieser Beziehung nichts so zweckdienlich und billig gefunden, 
als die gewöhnliche zinnerne Klystierspritze mit einigen kleinen 
Verbesserungen. 
Vorstehende Zeichnung zeigt in A. eine aufgezogene 
Spritze Nr. 3 nach Wiener Gebrauch, welche, ganz voll an 
gezogen, 16 Loth oder ^ Wiener Pfund Wasser enthält. 
Am Stiel der Spritze sieht man 8 Ringe (2) eingezeichnet, 
so daß jede Abtheilung zwischen 2 Ringen 2 Loth Wasser 
bezeichnet. Beim Appliciren des Klystieres sieht man demnach 
ganz genau am Stiel das Gewicht, welches man giebt. Dieses 
läßt sich leicht an jeder Spritze anbringen. Man wiegt näm 
lich einmal das in eine Spritze voll sich einziehen lassende 
Wasser ab, und für jede 2 Loth macht man sich am Stiele 
des Kolbens gleichmäßig eingetheilt einen Ring, und das 
Ganze ist praktisch hergerichtet. Da die Hausspritzen, wie 
man sie bei den verschiedenen Familien vorfindet, sehr ungleich 
sind, mit 5 bis 24 Loth, wie es mir vorkommt, so scheint 
mir, daß sowohl mündliche, wie besonders schriftliche Ordina 
tionen auf Klystiere, am besten nach dem Gewicht des Was 
sers ertheilt werden, und es dürfte die Lotheintheilung eine 
ziemlich praktische sein, da doch in bereits allen Ländern das 
Pfund in 32 Loth getheilt ist. (Im Zollverein in 30 L. D. R- 
2. Zum Selbstklystieren ist ein zinnernes Bogenrohr Y 
das zweckmäßigste und die richtige Stellung, in welcher man 
es sich (natürlich von vorn) applieirt, nach einigen Proben 
leicht gefunden. Das Röhrchen C ist das gewöhnliche, beim 
Klystier-Appliciren durch eine zweite Person angewandte, und 
D ist ein Bogenrohr zur Selbst-Applieirung von weiblichen 
Scheiden-Klystieren *). 
3. Ein wichtiger Punkt im mechanischen Theile der 
Spritzen sind die Spitzen der Röhrchen0 und der Bogenröhren 
*) Für das weibliche Geschlecht ist, wenn das Klystier während 
des Tages, also in gewöhnlicher Kleidung und ohne daß ein Ausklei 
den erfolgt, angewendet werden soll, der Gummischlauch 6-— Weiler 
gewöhnlich länger, als das zinnerne Rehr zum Selbstgebrauche — 
das Bequemere. Aber das sich leichte Verdrehen des Gummischlauches 
und seine leichtere Abnutzung sind, neben seiner auch schwierigen 
Reinhaltung, Uebelstände, welche uns veranlassen, auch Damen das 
Zinnrohr anzuempfehlen und ihnen zu rathen, sich ein solches in et 
was größerer Länge lieber besonders anfertigen zu lassen, und zwar 
dann sogleich mit 2 verschiedenen Spitzen, eine für den Darm und 
eine für die Scheide bestimmt und am Ende des Rohres (bei 8) an-? 
schraubbar. 
Den Verbindungsort (V) der Spritze mit dem Rohre zum Selbst- 
bedienen übrigens anlangend, so haben wir erfahrungsmäßig die Form 
V. V. einfacher und praktischer (auch billiger) gefunden, als die Form 
V (mit innerem Schraubengewinde für AA); sie erspart die Zeit des Ab- 
schraubens des letzteren und ermöglicht auch, das Rohr zum Selbstbe- 
VS und DS. Diese sind durchgehends viel zu spitz fabricirt. 
Mit einem Knopfe von ca. \ Zoll Durchmesser an der Spitze 
versehen, wie ich sie eigends dazu anfertigen lasse, führt man 
dieselbe ohne Gefahr und leicht im Mastdarm ein, dagegen 
man mit der gewöhnlichen wegen ihrer zu seinen Spitze seine 
liebe Noth hat und mitunter verletzt, was außerordentlich 
schmerzhaft ist. — Selbst den kleinsten Kindern lasse ich stets 
mit so dicken After-Röhrchen die Klystiere geben. Für Mast 
darm-Hämorrhoidarier ist dies besonders wichtig, denn da heißt 
es manchmal zwischen Scylla und Charybdis durchführen. — 
Jedermann, der diese dickeren Spitzen probirt, wird sich von 
der Richtigkeit ihrer leichteren Anwendung überzeugen. 
4. Giebt eine zweite Person einer anderen das Klystier 
(wobei sich manche schrecklich ungeschickt anstellen, selbst Chi 
rurgen und Aerzte), so darf das Beinröhrchen 6 nie auf der 
Spritze aufgesteckt in den After eingeführt werden, sondern 
stets für sich allein, indem man es als kleinen, leicht beweg 
lichen Theil viel besser in seiner Gewalt hat. Dieses Ein 
führen des Röhrchens muß in der Richtung ziemlich parallel 
mit dem Rückgrat doch die Spitze eher etwas gegen das Rück 
grat, als gegen die Bauchdecke gerichtet geschehen. Ferner 
soll dieses Einführen nicht einfach in einem Gradausschieben 
bestehen, sondern mittelst spiralförmiger Drehung des Röhr 
chens, damit die Spitze in jeder Richtung eine gleitende und 
nicht stechende Bewegung mache. Außerdem tauche man das 
Röhrchen vor jedesmaligem Einführen in Oel, was wiederum 
wesentlich die Application unterstützt. 
5. Um die Spritze mit Wasser anzufüllen, ist es nicht 
nothwendig, den Deckel abzuschrauben und das Wasser hinten 
einzugießen, sondern man steckt einfach die Spitze in das 
Wasser und zieht den Kolben mittelmäßig rasch bis an den 
Deckel an, hierauf stellt man die Spritze senkrecht auf den 
Stiel, damit die eingezogene Luft an der Spitze nach oben 
sich sammle, drückt in dieser senkrechten Stellung auf das 
Rohr, bis das bloße Wasser oben ausläuft. Nur so ist man 
sicher, Wasser und nicht Luft in den Leib zu bringen, obwohl 
auch Luftklystiere an ihrem Orte sehr wohlthätig wirken 
können. 
6. Eine Hausfpritze, ob im Gebrauch stehend oder nicht, 
soll stets aufgezogen, aber nicht ausgezogen sein, wie in der 
Zeichnung sub A, damit der Stiel nicht schimmelt und mürbe 
wird, dagegen der Kolben angeschwollen bleibt. Wurde eine 
Spritze länger nicht gebraucht, so daß selbst der Kolben aus 
getrocknet ist, so stecke man den Kolben bei einem plötzlichen 
Gebrauche für einge Minuten in heißes Wasser und nach dem 
Abtrocknen fette man ihn noch etwas ein. 
Eine täglich gebrauchte Spritze sollte etwa alle Monate 
ausgezogen, dann Rohr und Kolben von allem Fett, welches 
gewöhnlich mit feinen Metallspähnen vermischt ist und zu 
einer klebrigen Masse sich verdichtet, gereinigt und dann wie 
der frisch über Glut der Kolben eingefettet werden, damit 
der Lauf (spiralförmige Drehung) des Kolbens sanft und 
gleichmäßig sei. 
7. Bei einer gut behandelten Spritze darf der Kolben 
weder zu leicht, noch zu hart gehen. Im ersteren Falle läßt 
er das Wasser durch und es geht hinter den Kolben, statt 
in den Leib. Schon deswegen ist es gut, nach jedesmaligem 
Gebrauche den Kolben ganz zurück- oder aufzuziehen, um 
dienen vorher und für sich in den Darm, resp. Scheide einzuführen 
und dann erst, die Spritze aufzusetzen, was vielfach eine große Annetm- 
lichkeit und Erleichterung darstellt.
	        
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