Volltext: Der Naturarzt 1869 (1869)

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fen*) hervorgebracht ist, verhindert die freie Ausdehnung des 
Brustkastens und vermindert die Menge der eingeathmeten 
Luft. So auch und in noch weit höherm Maße vermindert 
das Einzwängen von Brust und Bauch durch Corsetts und 
enge Kleidung die einathmende Kraft der Lungen und schwächt 
alle Lebenskräffte. 
Wohl neun Zehntel aller Frauen dieses Landes und 
etwa die Häfte aller Männer, bringen fast nie den haupt— 
sächlichen Athmungsmuskel in Anwendung — das Zwerch⸗ 
fell. Enge Kleider und eine zusammengezwängte Körperhal⸗ 
tung verhindern seine Thätigkeit. Die Folge davon ist, daß 
die Brust nur in der Seitenrichtung ausgedehnt wird, und 
deßhalb sich die Lungen nur theilweise mit Luft füllen. Wenn 
das Zwerchfell, dieser Hauptathmungsmuskel, natürlich arbei— 
—X kaun, wenn der Körper ungehindert 
ist, so drückt er bei jeder Einathmung Magen, Leber und 
Gedärme ab⸗ und auswärts, und die Zusammenziehung der 
Bauchmuskeln drängt sie bei jeder Ausathmung wieder in 
die vorige Lage zurück; dadurch wird eine beständige Be— 
wegung der Verdauungsorgane unterhalten, die für ihre ge— 
regelte und gesunde Thätigkeit sehr wichtig ist. Ohne diese 
Bewegung koönnen die Organe nicht richtig arbeiten und Un— 
thätigkeit der Leber, Verstopfung des Unterleibs und andere 
Unordnungen in der Verdauung treten ein. Ein Beispiel der 
erkünstelten Art des Athmens können wir bei jeder mode— 
süchtigen Dame erblicken: Der obere Theil der Brust ar— 
beilet mühsam, weil unnatürlich, und das ist Alles — da 
ist ke ine Ausdehnung des untern Theils der Brust, der 
Seiten, des Unterleibes, wie das der Fall ist bei solchen 
Leuten, welche, physisch gesprochen, rechtschaffen gelebt und 
die es nie versucht haben, das schöne Werk unseres Schö— 
pfers, „die göttliche Menschengestalt“, zu verschlimmbessern, 
indem sie sich nach den Befehlen der modernen Mode klemm— 
len und drückten. Neugeborne Kinder athmen immer rich— 
tig, wie auch sämmtliche Thiere. Schaut auf sie, beobach— 
tet sie und thut es ihnen nach! Bei der natuͤrlichen Ein— 
athmung ist die hauptsächlichste sichtbare Bewegung im Un⸗ 
terleib. Der obere Theil der Brust dehnt sich wenig aus, 
der untere Theil derselben und die Seiten mehr, und der 
Unterleib am allermeiste. 
Athmet nicht durch den Mund, — die Nase ist der 
wahre Eingang zu den Lungen, der Mund zum Magen. Die 
natürliche Stellung des Mundes ist die geschlossene, und man 
sollte ihn nur öffnen zum Essen, Trinken und Sprechen; die 
hatuürliche Haltung der Nasenhöhlen ist die offene und sie 
schließen sich nie, wie auch, so lang das Leben anhält, das 
Athmen nie aufhört. 
Koörperliche Bewegung ist ebenso wichtig in Beförderung 
der gefunden Thätigkeit der Lungen, wie jedes andern Or— 
ganes unseres Körpers. Sie beschleunigt die Zahl der Athem⸗ 
züge, bringt bei jeder Einathmung eine größere Luftmasse 
in die Lungen, vermehrt dadurch bedeutend die Menge der 
eingeathmeten Luft und reinigt und belebt in höherm Maße 
das Blut. J 
*) Der Mensch der Natur, wie jedes Kind anfänglich noch instink⸗ 
liv, liegt und schläft am liebsten und besten ganz wagrecht. Der Mensch der 
Afterkultur schläft sich durch zu hohe Kopflage Kopfkongestion, Lungen⸗ 
leiden, Obstruktion und Hämorrhoiden an den Leib. Darum weg mit 
Kopfkissen und Kopfpolster! Der Herausgeber. 
Vom Bücherkische. 
Die Pflege und Vehandlung des gesunden und kranken Rindes 
während der ersten Kebensperioden. Belehrung für Müt⸗ 
ler. Von Dr. Jos. Mich. Götz. 3. Auflage, bearbeitet 
von Dr. Frz. Lihar zik. Wien 1867. Herzfeld und 
Bauer. Preis: 2 fl. oͤsterr. W. — 1 Rthlr. 10 Sgr. 
S. VIII und 384. 
Wir hatten im vor. Jahr schon Gelegenheit, ein Buch gleichen 
Inhalts in den Kreis unserer Besprechung zu ziehen, Nr. 2, 
S.15. Was wir an jenem rügen mußten, haben wir auch an 
diesem zu tadeln — es steht, wie jenes, auf dem Standpunkte 
eines noch ziemlich orthodoxen medizinischen Köhlerglaubens. 
Es empfiehlt z. B. S. 51 und 172 die Entfernung des sog. 
Kindspeches beim Neugebornen mittels eines leichten Abführ— 
mittels, als Mannasaft, Rhabarber, Chamillenthee, Molke; 
S. 199 wird den Müttern, bei denen während des Stillens 
des Kindes schon die Periode wieder eintreten sollte, etwas 
Magnesia mit Chamillenthee einige Male des Tages empfohlen; 
8. 208215 werden für Kinder, denen aus irgend einem 
Grunde die Mutterbrust entzogen bleiben mußte, als Ersatz 
aacheinander Molken, Mehlbrei, Arrowrot, Cacaoschaalen und 
Bohnen, Eichelkaffe, Isländisches und Carrageen⸗Moos, Raca⸗ 
hout, Wassersuppe, Kalbs⸗ und Rindssuppe, die einen diätetisch, 
Lie andern arzueilich empfohlen; S. 217 kann ein schwacher 
Zusatz von Kaffe zur Milch für den Säugling „geduldet“ wer⸗ 
den; S. 354 wird gegen die englische oder Gliederkrankheit der 
ehr lange fortgesetzte Gebrauch des Eisens, der Magnesia, der 
Krebsaugen (kohlensaurer Kalk, Kreide) und der Fleischkost an⸗ 
geordnet. In der Hausapotheke will der Verfasser ferner ver— 
kreten wissen (S. 271 und folg.): Magnesia und Krebs— 
augenpulver, Eibischwurzeln, Königskerzen, Linden— und Flieder⸗ 
blüthe, Graswurzeln, Ehamillenthee, Kümmel, Fenchel, Anis, 
Senf und Sauerteigl! I 
Als diätetische Ungehörigkeiten wären zu rügen: S. 69 
will der Verfasser die Temperatur des Kinderzimmers stets 
auf 160 R. erhalten wissen. Wir erachten diese Temperatur 
als um volle 2—30 zu hoch gegriffen; S., 90 wird dem 
Kinderhäubchen das Wort geredet. Der Herausgeber bekennt, 
schon sieben Kinder ohne alle und jede Art von Kopfbedeckung 
während der ersten Altersjahre großgezogen zu haben, selbst 
niedrige Kältegrade des Winters und im Freien nicht aus— 
zenommen, und statt mit Nachtheilen, stets mit verschiedenen 
Vortheilen, getreu dem Motto des berühmten Dum oulin: 
„Die Füße warm, aber den Kopf — kalt!“ —4 
S. 32 werden die bekannten Staͤrke⸗, oder Reis⸗, oder 
Hexenmehle zum Einstreuen in die wunden Gelenke und Falten 
der Kleinen empfohlen. Herausgeber muß dieselben aber ent—⸗ 
schieden verwerfen; man kommt mit orgfältiger Reinlichkeit, 
—V mäßig lauem 
Wasser, und in höheren Graden 6⸗8⸗10maligem Ein— 
den frisch genäßter Leinwandläppchen oder Charpie viel 
rascher und für das Kind schmerzloser zum Ziele der Ab⸗ 
und Ausheilung. 
S. 100 will Verfasser die Kleinen wahrend der in das 
erste Lebensjahr fallenden Winterszeit gar nicht ins Freie 
hinausgetragen wissen. Nach des Herausgebers Erfahrung 
geht diese Vors orge jedenfalls zu weit. Wenn er allerdings auch 
nicht dafür ist, daß die Kleinen trotz jeden Schneesturmes 
und „wenn Bein und Stein vor Frost zerbricht“, alltäglich 
» 
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