Volltext: Der Naturarzt 1869 (1869)

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Todt, nachdem das Leben aus ihnen gewichen und nachdem 
ie zerlegt und zersetzt, zerschnitten und verkohlt und verbrannt, 
nag der Chemiker allerdings wohl die gleichen Grundstoffe 
inden in den Leichen vorher lebendiger Formen und Wesen 
-das ist ja selbstverständlich, das Leben hat seine Geburts— 
rätte, seine ausschließliche Quelle, aus und auf der es sich 
ufbaut, in der todten Natur;, aber nicht Stickstoff, nicht 
dohlenstoff, nicht Kali, nicht Kalk, sondern lebendiger Stoff, 
elebte, beseelte, vom geistigen Hauche durchwebte Formen 
nd Gebilde sind es, die das Leben darstellen, an und mit 
iesen und anderen vorher todten Stoffen allerdings, aber 
nneuen lebendigen Verbindungen, nicht nach den Gesetzen 
»ꝛer todten Physik und der unorganischen Chemie, sondern 
ach denen der organischen, der physiologischen, der Lebens— 
hemie. 
Die „mechanische“ oder „chemische“ oder „physikalische“ 
Auffassung des Lebens ist darum ein Unsinn, eine Harleki— 
jade, wie etwa das Messer ohne Scheide, an welcher die 
Ainge fehlt; das Leben gestattet keine „todte“, sondern einzig 
iur eine „lebendige“, eine „organische“, eine „physiologische“ 
Auffassung. Leider ist in Folge der eigenthümlichen Richtung 
n der heutigen Natur- und Heilkunde, des Anatomisirens 
ind Analysirens und Specialisirens die todte Auffassung des 
debens bei den Aerzten die herrschende geworden und ihnen 
or lauter Leichen und Leichentheilen und Leichenasche der 
Begriff von Leben und Menschenleben so vollständig abhanden 
sekommen, so daß es schwere und ausdauernde Arbeit und 
Jahre und Jahrzehnte Zeit, ja vielleicht den ganzen Hin— 
jang der heutigen Naturforscher- und ärztlichen Generation 
rauchen wird, bis eine gesundere, naturwahrere, lebendigere 
md lebenskräftigere Anschauung vom Leben wieder Platz greift. 
Vie die Kirche, statt selbstständig aus der Gemeinde heraus— 
entwickelt, uns schon vor bald fünfzehnhundert Jahren von 
den cäsarisch-despotisch regierten Römern in hierarchisch— 
nechanischer Form aufgezwungen wurde, und wie uns gleich— 
'alls die staatliche Einrichtung, statt sie uns in ur⸗ und 
aaturwüchsiger Form zu belassen, mit monarchisch-bureau— 
kratischer Form aufgedrängt wurde, so auch erhielten die 
Stätten wissenschaftlicher Bildung unter solchem staatlichen 
und kirchlichen Drucke eine herrisch-willkürlich-mechanische 
Lerfassung und Anordnung; begreiflich mußte da auch, und 
jar im Verein mit einer materiell-genußsüchtigen Zeitrichtung, 
zanz im Besondern die Wissenschaft von Leben eben von den 
solcher Weise leiblich materiell und staatlich mechanisch be— 
einflußten „Männern der Wissenschaft“ eine abgestorbene, rein 
nechanische, todt-physikalische Auffassung erleben, und mit 
illem Rechte klagt ein neuerer Arzt (Medizinalrath Dr. A 
dortüm, „Das System der Medizin“, 1868, S. 22): 
„Der Physiologie fehlt vor Allem ein bestimmendes Prinzip; 
n der Gestalt, in welcher sie in den heutigen Lehrbüchern 
erscheint, hat sie weder einen Mittelpunkt, noch einen An⸗ 
ang, noch ein Ende. Isolirte (abgesonderte) Untersuchungen 
yon Details (Einzelheiten) nehmen ihre besten Kräfte so 
iberwiegend in Anspruch, daß das Verständniß des lebenden 
Menschen als Ganzen, in welchem jeder Einzelwerth nur 
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iie nicht in dem Maße gefördert wird, wie es die unzwei— 
deutige Aufgabe dieser Wissenschaft iste·.. — 
Nicht todte chemische und nicht todte physikalische Krüfte 
also herrschen im belebten Wesen, sondern unter die einheit— 
lichen Gefetze des Lebens, der Lebenskraft gestellt, kommen 
sie in einheitlicherer und mannigfaltigst abgeänderter Weise 
uu belebtem, zu lebendigem Ausdruck. Und nicht in den vier 
odten Wänden des kalten und finstern Laboxatoriums des 
xchemikers, sondern im Licht und Wärme und Leben athmen— 
den, frischen, freien Laboratorium der großen Natur wird 
der Schöpfungsruf „Es werde!“ über allen entstehenden or— 
janischen Wesen ausgesprochen. 
Nochmals sei es gesagt: die Naturforschung mag je 
änger je mehr die Mitgültigkeit chemischer und physikalischer 
dräfte und Vorgänge im lebendigen Haushalt der Natur, 
iachweisen — und sie mag und darf jede weitere Entdeckung 
sierin auch gerne als einen neuen Triumph der Wissenschaft 
ezeichnen, aber jeder weitere Nachweis in dieser Richtung 
vird auch ein Beweis weiter für die Gültigkeit des Satzes 
ein, daß die Gesetze der Chemie und Phystk und Mechanik 
m lebenden Wesen in eingeschränkter, in bedingter, in einer 
hesondern dem Leben, der Lebenskraft untergeordneten Weise 
um Ausdruck kommen. Die Kräfte der todten Natur, sind 
m lebenden Wesen zu Kräften der lebendigen Natur umge— 
vandelt; und die einfachen Grundstoffe, die Stoff-Ele— 
mente der todten Natur, der Sauer- und Stick- und Kohlen⸗ 
und Wasserstoff und das Kali und Natrum und Kalk und 
Phosphor und Eisen und Chlor u. s. w., sie sind, in die 
debendigkeit eines Wesens eingetreten, innig verwebt und zu 
vöherer Vieleinigkeit geordnet, zu neuen Elementen höherer 
Ztufe, zu sogenannten Gewebs-Elementen aufgebildet 
vorden, die als Blutzelle, als Muskelzelle, als Nervenzelle 
u.“s. w. wieder eine gewisse grundstoffliche, elementarische 
Finheit, mit gewisser Selbstständigkeit und Widerstandsfähig— 
eit und eigenartiger Leistungs- und Bildungs-, Anziehungs— 
und Abstoßungsfähigkeit begabt sind, freilich in höherer Form, 
de i. eben in lebendiger, in lebenskräftiger Form. 
Das Leben ist Bewegung Edtoffwechsel, Bildung, 
Ernährung und Ausscheidung, Verrichtung, Thätigkeit); eine 
blos innere Bewegung, eine Säfte treibende, nährende und 
bhildende bei den Pflanzen, eine auch äußere von Ort zu 
Ort, mittels besonderer Glieder zum Zwecke der Aufsuchung 
von Nahrung in einem weiteren Umkreise bei den Thieren 
und beim Menschen. J 
Das Leben ist auch Selbstständigkeit. Freilich ist 
—V— 
odte Stoff, der leblose Körper in gewissem Sinne bewahrt, 
zegrifflich zu trennen von dem Grade der Selbstständigkeit, 
velchen sich die einzelnen verschiedenen lebenden Wesen von 
der niedersten Stufe organischen Lebens bis zum Menschen 
serauf zu bewahren suchen und zu bewahren wissen in ihrem 
Kampf um's Dasein“. Die Selbstständigkeit jedes Einzel— 
ebens knüpft sich an seine besonderen Lebensbedingungen, die 
e nach Form, nach Dauer, nach Art des Bestandes, nach Art 
der Ernährung wechseln. Je nachdem noch neue Lebensbe— 
»ingungen, bei den pflanzlichen Organismen blos physika— 
ische und stoffliche, bei den thierischen Organismen meist auch 
ohysfiologische und psychologifche (lebendige und seelische) zu 
den früheren Bedingungen hinzutreten, je nachdem gestaltet 
sich auch die Art und Form und die Dauer und der Grad 
der Selbstständigkeit des Einzellebens, der Einzelwesen. 
Das Leben ist endlich auch Vermehrung, Fort— 
pflanzung. Der todte, unbelebte Stoff vermehrt sich nicht, 
er pflanzt sich nicht fort; er geht höchstens Loͤsung und neue
	        
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