Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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diese Länder kaum weniger verwüstete, als früher die Hnsitenkriege. Unbesiegt starb 
König Georg am 22. März 1471. Die böhmischen Stände wählten nun den 
polnischen Prinzen Wladislaw zum Könige, worauf König Matthias von Ungarn 
den Kampf erneuerte. Herzog Victorin, der zur Zeit des Ablebens seines Vaters 
in ungarischer Gefangenschaft weilte, vom Utraquismus abgefallen und für Matthias' 
Sache gewonnen worden war, erhielt 1472 bei der Teilung des väterlichen Erbes 
das Herzogtum Troppan. Ihm ist es zu danken, daß das Interdikt*), welches über 
die Anhänger Georgs verhängt worden war, 1473 aufgehoben wurde. König Matthias 
von Ungarn war somit Herr im Troppauischen. Da hie Bestrebungen der päpstlichen 
Gesandten, den Frieden zwischen Böhmen und Polen einerseits und Ungarn ander¬ 
seits herzustellen, vergeblich waren, so loderte die Kriegsflamme in Schlesien wieder 
aller Orten auf. Als König Matthias hieherkam, um Ruhe und Ordnung herzustellen, 
belagerte er 1476 auch die benachbarte Burg Wigstein, die damals im Pfandbesitze 
des Hinek Berka von Nassidl, des Landeshauptmannes von Troppan, des einstigen 
treuen und tapferen Anhängers des Königs Georg, war, nahm sie nach hartnäckigem 
Widerstände ein und zerstörte sie. Später wurde sie wieder aufgebaut. Ob Odra» 
damals auch in Mitleidenschaft gezogen wurde, melden unsere Quellen nicht. 
Schon nach der Belehnung des Herzogs Nikolaus II. mit Natibor (1337) hatte 
sich ein bedenkliches Schwanken und später ein immer entschiedeneres Hinneigen der 
Troppauer Fürsten zu dem nachbarlichen Schlesien bemerkbar gemacht. Häufig traten 
die Premysliden unseres Landes mit den schlesischen Fürsten gemeinsam in öffent¬ 
lichen Verhandlungen auf und gierigen ohne Rücksicht auf Mähren Verträge mit 
auswärtigen Herren ein. Es stießen auch die Bestrebungen der Troppauer Fürsten, 
sich Schlesien anzuschließen, auf keinen erheblichen Widerstand bei den Königen von 
Böhmen, denn sie blieben als schlesische Fürsten doch immer Lehensherzoge der 
böhmischen Krone. Die ersten Schwankungen des Troppau-Jügerndorfischen, bezüglich 
des Verhältnisses/ zu Mähren, waren in den husitischen Kämpfen wenig bemerkt 
worden. Wie aber die Absonderung Troppans von Mähren erkennbar wurde, hielt 
der Adel zähe zur Markgrafschaft. Der Herren- unb Ritterstand des Troppauer 
Landes hatte sich schon bei der Aussetzung desselben zum Herzogtums alle Rechte 
und guten Gewohnheiten, welche die mährischen Stände besaßen, verbriefen lassen. 
Immer ließen sie sich dann die Zusage erteilen, daß alle Freiheiten, welche die 
Stände Mährens haben oder haben werden, auch ihnen zuzukommen hätten. Als 
jedoch König Matthias von Ungarn einen Oberst-Hauptmann für Schlesien einsetzte, 
mußten sich auch die troppauischen Stände der von ihm eingesetzten Steuer fügen, 
was Grund genug war, das Bestreben zu fördern, ans der bereits vorgeschritteneren 
Verbindung mit Schlesien, die den Ständen ungewohnte Lasten auferlegte, heraus¬ 
zukommen. Das Tobitschauer Buch, in welchem gesagt wird, daß das Herzogtum 
Troppan von altersher. der Markgrafschaft Mähren immer zu Hilfe war und sein 
soll, und daß es nicht zu den schlesischen Fürstentümern zähle, erinnerte die Stände 
Mährens, allerdings viel zu spät, an die einstige staatsrechtliche Stellung Troppans 
zu Mähren. Auf ihre verbrieften Rechte gestützt, hofften jedoch die Troppauer 
Stände die gelockerte Verbindung mit Mähren wieder festigen zu können. Um eine 
vollständige Vereinigung mit Mähren war es ihnen aber gar nicht zu tun. Im 
Gegenteil, sie wünschten sich ihre Sonderstellung zu bewahren, dabei aber der größeren 
Freiheiten der Mährer teilhaftig zu werden, während die mährischen Stände eine 
vollständige Vereinigung des Troppauischen mit Mähren anstrebten. 
Herzog Victorin verkaufte 1475 die Herrschaft Fulnek, die von jeher zuni 
Troppauer Land gehört hatte und in dessen Landtafel eingelegt war, an Johann 
von Zierotin, der sie 1480 mit allem Zugehör in die Olmützer Landtafel einlegen 
ließ, wodurch sie vom Troppauer Land abgelöst wurde und zu Mähren kam. Als 
man die Herrschaft Odrau auch der Markgrafschaft Mähren einverleiben wollte, 
*) Verbot des Gottesdienstes wegen Ungehorsams gegen die Kirche. 
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