Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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der Weiße beistanden, erwehrten sich ihrer. Von hier aus setzten sie ihren Raub- 
zug in Schlesien weiter fort. 
Die Stadt Odrau war gut befestigt. Sie war mit doppelten, starken und 
hohen Mauern umgeben und hatte nur zwei Eingänge: das Ober- und das Nieder¬ 
tor. Neben diesen Toren standen runde, hohe Warttürme. Der eine beim Obertor 
war dort, wo jetzt das Haus Nr. 4, Bahnhofstraße, sich befindet, und der andere 
beim Niedertor dort, wo jetzt das Haus Nr. 9, Weißkirchnerstraße, steht. Ein 
dritter großer Turm, der weiße Turm, befand sich am höchsten Punkt des abschüssigen 
Stadtgebietes an der inneren Ringmauer hinter dem Hause Nr. 2 der Ringgasse 
in der Nähe der Schergstube (Frohnfeste). Nebst diesen Türmen befanden sich in 
der äußeren Stadtmauer in gewissen Abständen von einander turmartige Aus¬ 
buchtungen mit mehr als halbkreisförmigem Grundrisse, Eit ad inen genannt. 
Hinter den Zinnen der Außenmauer einzelner Städte befand sich ein Laufgang, 
welcher Wehrgang, Zinnengang, Wallgang oder auch Wehr allein genannt wurde 
und sehr schmal war, nur 3 bis 4 Fuß, da er sich in der Mauerdicke selbst mit 
Abschlag der Brustwehr befand. Dieser fehlte in Odrau, da die Mauer vom Fuß 
bis zur Zinne gleich dick war. Es ersetzten ihn sogenannte Mordgänge, d. h. 
hölzerne Gerüste oder Galerien, welche derart hergerichtet waren, daß sie teils auf 
senkrechten Stützen, teils auf schief gestellten Tragbalken ruhten. Um die auf der 
Mauer Kämpfenden gegen die Geschosse der feindlichen Wurfmaschinen und gegen die 
Pfeile der Bogenschützen zu decken, errichtete man auf der Plattform der Mauer 
hölzerne Schutzdächer, die auf Balken über die Zinnen nach außen und innen 
hinausgekragt waren, oder verband diese Schutzdächer unmittelbar mit dem Mord¬ 
gang. Dieser war dann so hoch, daß man darinnen gehen konnte. Nach innen zu 
war er offen. Die vorgekragten Galerien wurden nur in Kriegszeiten aufgeschlagen. 
An manchen Stadt- oder Burgmauern und -Türmen sieht man noch die unter der 
Zinnenreihe angebrachten Rüstlöcher oder die großen, aus der Mauer hervorragenden 
Tragsteine, auf welche die Holzbanke aufgelegt wurden. 
Der Raum zwischen der äußeren und inneren Stadtmauer hieß Zwinger. An 
die innere Stadtmauer waren die HinteDebäude der Bürger und Gaßler angebaut. 
Vor der äußeren Stadtmauer befand sich der tiefe, aber trockene Wallgraben. Der 
äußere Wall war flach abgeböscht und konnte aus den Schießscharten der Stadt¬ 
mauer gut bestrichen werden. 
Das Schloß, welches in der nordöstlichen Ecke der inneren Stadt stand, war 
damals ein mächtiger Steinbail, der ein Rechteck bildete, dessen Längsseiten durch 
einen Querbau verbunden waren, wodurch zlvei Höfe entstanden. In der 
Mitte der westlichen, gegen die Stadt zugekehrten Seite befand sich ein starker, hoher 
Turm. An die nordöstliche und die nordwestliche Seite schlossen sich die äußeren 
Stadtmauern an. Unterhalb des Schlosses, im jetzigen Schloßgarten, befanden sich 
lauter Teiche. 
Es ist nicht ausgeschlossen, daß erst die Husiten die alten hölzernen Türme 
und Befestigungswerke der Stadt abgebrochen und die gemauerten Befestigungen her¬ 
gestellt haben, um sich diesen strategisch wichtigen Stützpunkt zu sichern. In Odrau 
ließen sie eine starke Besatzung zurück, die unter dem Befehle Dobek Puchalas stand 
und bald der Schrecken der Umgegend wurde. Von hier aus lvurde Fulnek ein¬ 
genommen und eingeäschert, weshalb Johann von Krawarn auf Titschein, der Fulnek 
nach Benesch X. von Krawarn ans Kromau geerbt hatte, sich aber in der festen 
Burg Stramberg aufhielt, den Bürgern dieser Stadt im Jahre 1429 in Anbetracht 
des großen Feuerschadens, den diese „von geivaltiger Hand" erlitten, auf sechs Jahre 
alle Abgaben erließ und ihnen zum Wiederaufbau derselben verschiedene Be¬ 
günstigungen gewährte, ihnen die Handfeste Benesch' VH. von Krawarn vom Jahre 
1388, betreffend die Befreiung vom Heimfallsrechte, bestätigte und ihnen befahl, die 
über Wolfsdorf nach Briesau führende, unsichere und gefährliche Straße näher gegen 
Fulnek zu verlegen, worauf die Straße über Waltersdorf gebaut wurde.
	        
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