Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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bte neuesten Zettel-Anfbäummaschinen und die einfachen Spülmaschinen durch solche mit 
stehendeil Spindeln, lvelche selbsttätig beim Abreißen eines Fadens oder, wenn die 
Spule vollgefüllt ist, außer Tätigkeit gesetzt werden, zu ersetzen. Die zur Verarbeitung 
kommenden Materialien sind Ketten- uitb Schußseiden, die hauptsächlich aus Italien 
lmd Japan bezogen werden. Ein geringer Teil der feinsten Seiden kommt aus 
Frankreich, minderwertige hingegen aus Bengalen und China. Chappeseiden liefert 
die Schweiz, Banmwollzwirne besonders England. Im Jahre 1900 standeil 108 ein¬ 
fache mechanische Stühle, 35 Jäquardstühle und 4 mechanische Plüschstühle in Ver- 
wendung, die von einer Dampfmaschine mit 50 Pferdekräften betriebeil wurden. Es 
lvurden 150.000 Meter glatte, 12.000 Meter faxonierte Stoffe und 2000 Meter 
Hutplüsch erzeugt, die in Österreich Absatz fanden. Beschäftigt waren 6 Werkmeister, 
46 männliche und 100 weibliche Hilfsarbeiter, die für 300 Arbeitstage ä 10 Stunden 
31.130 fl. Arbeitslohn erhielten. Bon diesen stehen 25 schon 25 bis 40 Jahre im 
Diellste der Fabrik und 45 10 bis 20 Jahre. Der Chef der Firma, Wilhelm 
Waschka, wurde anfangs des Jahres 1901 durch den Titel eines kaiserlichen Rates 
ausgezeichnet. 
Der Tuchscherenschleifer Albert Freißler laufte 1825 das in der Niedervorstadt 
liegende Haus Nr. 37/167 (jetzt Weißkirchnerstraße Nr. 19) und betrieb dort mit 
seinen Söhnen das Tuchschergewerbe unb die Tuchscherschleiferei. Die aus der Walke 
zil ihm gebrachten Tücher wurden mit dem Kardeilkreuz gerallht unb sodann auf den 
Schertisch gespannt, wo sie dilrch zlvei mannsgroße wagrecht angebrachte Scheren, die 
durch ein Rad in Bewegung gesetzt wurden, geschoren wurden. Hierauf wurden die 
Tücher, zugerichtet und gepreßt. Sein Sohn Johann Freißler übernahm 1836 den 
Besitz lllld stellte 1842 eine Rauh- unb eine Schermaschine auf, die er dilrch ein 
Göppellverk betreiben ließ. Im Jahre 1851 besaß er vier Rauh- und Schermaschinen, 
eine Walke, sechs Zylinder und eine hydraulische Presse mit drei Wagen, richtete 
1852 den Dampfbetrieb ein unb vermietete Räume und Dampfkraft zum Teil an 
kleinere Tuchmacher. Im Jahre 1845 erwarb er das Halls Nr. 36/166 (jetzt Wei߬ 
kirchnerstraße Nr. 17) lllld 1864 von feinem Nachbar Martin Polk einen Gartengrund. 
Dort erbaute er anfangs eine ebenerdige Trockenstllbe, auf die später zlvei Stoawerke 
aufgesetzt wurden. Der Verfall der Tuchindustrie in den Siebzigerjahren richtete auch 
die Tuchscherer zugrunde. Von seinen Söhnen August und Albert, die 1871 die Fabrik 
übernommen hatten, starb August 1880 und Albert legte 1881 das Gelverbe nieder. 
Die Räume der Freißler'schen Fabrik wurden 1880 an Franz Smolka aus 
Wien verpachtet, der die Fabrikation von Seiden-Kravattenstoffen ein¬ 
führte. Er stellte im ganzen 85 Stühle (Jaquard- und Latzmaschinen) auf, darunter 
elf mechanische Webstühle, vier Spülmaschinen und solche für die Vorarbeiten, für 
Minderet unb Schweiferei, und erzeugte Faille-Tücher und fayonierte Kravattenstoffe 
aus Seide. Als im Jahre 1885 infolge Eingreifens des Gewerbeiuspektors lvegen 
des beschränkten Raumes eine Reihe von Stühlen abgeschlagen werden mußten, pachtete 
er die leergestandene Vogel'sche Tuchfabrik (Ringgasse Nr. 4) und stellte dort 75 Hand¬ 
stühle auf. Im Jahre 1887 machte sich ein großer Rückgang im Geschäfte bemerkbar, 
1888 wurde der Betrieb eingestellt und 1890 mußte sich Smolka für fallit erklären. 
Albert Freißler verkaufte nun das Fabriksgebäude 1890 für 26.400 fl. an Rudolf 
K o lisch aus Wien, der den Betrieb wieder aufnahm. Es machte sich ein Auf¬ 
schwung geltend, so daß 1893 neue Sheddsäle gebaut und in diesen 82 mechanische 
Webstühle ausgestellt werden mußten, hingegen wurde der Betrieb in der Vogel'fchen 
Fabrik aufgelassen. Es wurden 86 Arbeiter in Odrau beschäftigt, ebenso viele aber 
noch auswärts (z. B. in Bodenstadt 20). Rudolf Kolisch richtete auch in Wildenschwert 
in Böhmen eine Filiale mit 72 Stühlen für Seidenstofferzeugung ein, die aber 1900 
infolge der wegen des chinesischen Krieges eingetretenen Geschäftsstockung aufgelassen 
wurde. Auch in Odrau mußte der Betrieb auf ein Drittel herabgesetzt werden. 
Matthias Malcher errichtete 1871 in Mankendorf eine „Flachsreinigungs¬ 
stätte", indem er ein Haus aufführen und in diesem die nötigsten Vorrichtungen zum
	        
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