Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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halten. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Viehbeschan blieben dadurch unbe¬ 
rührt. — Die Bäcker wurden 1865 in die Gemeindekanzlei berufen und ihnen im 
Hinblicke auf die niederen Getreidepreise aufgetragen, das Gebäck im verhältnismäßigen 
Preis zum Verkauf zu bringen und es ordentlich und genießbar herzustellen. Weiter 
wurde ihnen aufgetragen, von Georgi bis Michaelis von 5 Uhr früh an, und von 
Michaeli bis Georgi von 6 Uhr an ausgekühltes Gebäck zum Verkaufe bereit zu halten, 
widrigenfalls sie mit Strafen von 1—5 fl. belegt würden. 
Mit dem Neichsgesetze vom 5. März 1862 wurden grundsätzliche Bestimmungen 
zur Regelung des Gemeindewesens gegeben, und das Landesgesetz vom 15. November 
1863 stellte die Gemeindeordnung sowie die Gemeinde-Wahlordnung 
für Schlesien fest. Die wahlberechtigten Gemeindeglieder wählen den Gemeindeaus¬ 
schuß, der in Odrau, entsprechend dem letzteren Gesetze, aus 18 Mitgliedern besteht, 
der wieder aus seiner Mitte den Gemeindevorsteher und drei Gemeinderäte wählt, 
die den Gemeindevorstand bilden. Der Gemeindeausschuß ist das beschließende und 
überwachende, der Gemeindevorstand das verwaltende und vollziehende Organ. In 
allen Gemeinde-Angelegenheiten entscheidet die absolute Majorität im Gemeindeaus¬ 
schusse. Der Gemeindevorsteher und die Gemeinderäte haben beim Antritte ihres 
Amtes Treue und Gehorsam dem Kaiser, Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte 
Erfüllung ihrer Pflichten in die Hände der Bezirksbehörde in Gegenwart des Ge¬ 
meindeausschusses an Eidesstatt zu geloben. Der Wirkungskreis der Gemeinde ist 
ein doppelter: a) ein selbständiger, b) ein übertragener. Zum selbständigen Wirkungs¬ 
kreis gehören: 1. Die freie Verwaltung ihres Vermögens und ihrer auf den Gemeinde¬ 
verband sich beziehenden Angelegenheiten; 2. die Sorge für die Sicherheit der Person 
und des Eigentums; 3. die Sorge für die Erhaltung der Gemeindestraßen, Wege, 
Plätze, Brücken sowie für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehres auf Straßen 
und Gewässern, und die Flurpolizei; 4. die Lebensmittelpolizei und die Überwachung 
des Marktverkehres, insbesondere die Aufsicht auf Maß und Gewicht; 5. die Ge¬ 
sundheitspolizei ; 6. die Gesinde- und Arbeiterpolizei und die Handhabung der Dienst¬ 
botenordnung; 7. die Sittlichkeitspolizei; 8. das Armenwesen und die Sorge für die 
Gemeinde-Wohltätigkeitsanstalten; 9. die Bau- und Feuerpolizei, die Handhabung 
der Bauordnung und Erteilung der polizeilichen Baubewilligungen; 10. die durch 
das Gesetz zu regelnde Einflußnahme auf die von der Gemeinde erhaltenen Mittel¬ 
schulen, dann auf die Volksschulen, die Sorge für die Errichtung, Erhaltung und 
Dotierung der letzteren mit Rücksicht auf die noch bestehenden Schulpatronate; 11. der 
Vergleichsversuch zwischen streitenden Parteien durch aus der Gemeinde gewählte 
Vertrauensmänner; 12. die Vornahme freiwilliger Feilbietungen beweglicher Sachen. 
Den übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde, d. i. die Verpflichtung derselben zur 
Mitwirkung für die Zwecke der öffentlichen Verwaltung bestimmen die allgemeinen 
Gesetze und innerhalb derselben die Landesgesetze. 
Im Jahre 1855 hatte die Regierung mit dem Papste das Konkordat abgeschlossen. 
Der im Jahre 1856 eingesetzte Odrauer Pfarrer Josef Hilscher verlangte dann alsbald, 
daß ein besonderer Begräbnisp latz für die Akatholiken und ein solcher für die des 
kirchlichen Begräbnisses nicht teilhaftigen Personen ausgemittelt werde. Die k. k. Landes¬ 
regierung beauftragte mit dem Erlasse vom 25. September 1857 das Bezirksamt 
Odrau, hierüber nach Maßgabe des Ministerial-Erlasses vom 21. Mai 1856 die 
kommissionelle Verhandlung unter Zuziehung aller Beteiligten zu pflegen. Diese 
Verhandlung fand am 20. Oktober 1857 statt. Teilnehmer an derselben waren: 
Bezirksvorsteher Franz Walleczek, Aktuar Anton Sattle, Dechant Johann Zohner, 
Pfarrer Josef Hilscher, evangelischer Pfarrer in Zauchtl und Senior in Mähren 
Johann Szepessy, Bezirksarzt Dr. Josef Czeike, Vogtei-Kommissär Franz Thienelt, 
Bürgermeister Johann Göbl, die Gemeindevertretung und die Familienhäupter der 
größeren, in Odrau lebenden evangelischen Familien: Josef Kahlich, Anton Sturm 
und Johann Sturm. Der Friedhof in Odrau, nach dem Kataster mit Parzellen¬ 
nummer 31 bezeichnet, der bisher allen Konfessionen gedient hatte, besaß eine Fläche
	        
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