Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Stadt Gdrau von 1848 bis 1900. 
Der Stadtvorsteher Josef Gerlich hatte anfangs des Jahres 1846 bei der Herr¬ 
schaft um Enthebung von seinem Posten gebeten, das Wirtschaftsamt ihm aber be¬ 
deutet, bis auf iveiteres in seinem Amte fortzufahren. Infolge seiner Beschwerde beim 
Kreisamte mußte jedoch das Wirtschaftsamt ihn und die Polizeikommissäre entheben, 
worauf dann Josef 11. Lanz von 1847—1850 Stadtvorsteher war. 
Am 7. Juls 1847 brach bei Martin Kaspar in der Obervorstadt ein Feuer 
aus, ivelches die Häuser Nr. 243, 245, 246 und 349 einäscherte. Für die Stadt 
war infolge der herrschenden Windrichtung große Gefahr vorhanden, die aber glücklich 
vorüberging. Da man hiebei zur Erkenntnis kam, daß die vorhandene Feuerspritze 
nichts mehr tauge, so beschaffte man für 550 fl. C.-M. aus dem Glockenfonde eine 
neue. Im gleichen Jahre verkaufte die Stadt die wegen ihrer Baufälligkeit unbenütz¬ 
bare Torhütte beim ehemaligen Obertor (gegenüber von Nr. 99) für 158 fl. C.-M. 
an Matthias Hausner, einen kleinen Flecken in der „Au zwischen den Wassern" für 
80 fl. dem Johann Stach und eine andere zur Wiese kultivierte Au unterhalb der 
Viehweidbrücke für 162 fl. 30 kr. dem Josef Peikert. 
Das Jahr 1848 war abgesehen von den Abwechslungen, welche die Übungen, 
Aufmärsche und Ausflüge der Nationalgarde boten, für Obrem ganz ruhig verlaufen. 
Am 23. Mai 1849 berichtete wohl der Oberamtmann der Landgräfin, daß in Fulnek 
durch die Arbeiter ein schändlicher Exzeß begangen wurde, bei welchem dem Juden 
und herrschaftlichen Propinationspächter Wolf alle Effekten, Kleider und Barschaft 
teils gestohlen, teils zerstört wurden. Selbst das obrigkeitliche Schankgebäude sei 
beschädigt und verwüstet worden und betrage der Schaden nach Angabe des Ju- 
stitiärs Lutz 900 fl.. C.-M. Auch das Leben des Juden und seiner Familie wurde 
bedroht, weil die Nationalgarde nicht hinreichend Hilfe gewährte. Anlaß zu diesem 
Exzesse sei der Verdacht gewesen, daß Wolf wucherischerweise Getreide aufkaufe. 
Es sei bereits Militärexekution eingetroffen und das Kriminalgericht mit der Unter¬ 
suchung betraut worden. Auch in Odrau wäre , es bald zu einem Exzeß gekommen, 
iveil die Fabriksarbeiter einem Getreidehändler das Getreide abnehmen wollten, ivelches 
für denselben nur durch Odrau geführt wurde, so daß der Stadtvorsteher genötigt 
gewesen sei, um einem größeren Exzesse vorzubeugen, dasselbe einstweilen in Ver- 
wahrung zu nehmen. Über Auftrag des Oberamtmannes sei dem Getreidehändler 
das Getreide wieder ausgefolgt worden, da derselbe einen Erwerbsteuerschein vorivies 
und der Getreidehandel bisher noch durch kein Gesetz verboten sei. Es herrsche auch hier 
ein böser Geist und würde selber sich erst in seinen Folgen sehr schädlich zeigen, wenn 
unsere Armee in Ungarn keine weiteren Vorteile erringen sollte. — Von weiteren 
Exzessen aus jener Zeit ist nichts bekannt. Nach dem geschilderten Vorfalle peti¬ 
tionierte jedoch die Stadtgemeinde an das Ministerium des Innern um Abschaffung 
. des Getreidewuchers. 
Der Stadtvorsteher hatte bisher die Grundbuchführung, die Paß- und Wander¬ 
bücherverleihung, die Ausnahme der Polizeikonstitute, das Quartiermeisteramt, sowie 
das Konskriptions- und Rekrutierungsgeschäft zu besorgen, was viel Zeit beanspruchte und 
viele Arbeit verursachte, und wofür er von der Stadt nur 80 fl. C.-M. bezog. Da 
sich Josef Lanz bei seiner Ernennung zum Stadtvorsteher ausbedungen hatte, daß 
ein Stadtschreiber angestellt werde, so bat die Stadtgemeinde 1847 beim Landes- 
gubernium, es möge die Anstellung eines solchen mit 40 fl. C.-M. Gehalt geivährt 
und dem Gerichts- oder Stadtdiener die Erhöhung seines Jahresgehaltes von 36 fl. C.-M. 
auf 80 fl. bewilligt werden, da das Gemeindevermögen zur Bedeckung des Mehrbetrages 
von 84 fl. C.-M. ausreiche. Letzterem wurde ferner alle zwei Jahre ein neuer Rock, 
alle Jahre ein Paar Hosen, ein Paar Stiefel und ein Vorschub zugesichert. Aus den 
Marktgeldern sollte er 32 fl. W. W. und für das Austrommeln der Verordnungen 
5 fl. W. W. erhalten. Hingegen wurde ihm das Einheben des sogenannten Georgi- 
kreuzers solvie auch das. Sammeln bei den Marktleuten verboten und ihm nur das
	        
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