Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Kaiser Franz Josef I. hatte nach der Thronbesteigung ein Manifest erlassen, 
nach welchem die Krone ihre Rechte mit den Vertretern der Völker teilen wollte und 
alle Länder der österreichischen Monarchie einen einzigen großen Staatskörper bilden 
sollten. Aus kaiserlicher Machtvollkommenheit erließ er am 4. März 1849 eine Ge¬ 
samtverfassung für den Umfang der ganzen Monarchie. Die gesetzgebende Gewalt 
sollte mit dem Reichsrate und den Landtagen geteilt werden, der Reichsrat aus Ober¬ 
und Unterhaus und letzteres aus direkt gewählten Abgeordneten bestehen. Es sollte 
den Forderungen deD Zeitgeistes Rechnung getragen werden durch Religionsfreiheit, 
Freiheit der Wissenschaft und Lehre, Preßfreiheit, Vereinsrecht, Schutz der persönlichen 
Freiheit, Herstellung von Schwurgerichten, durch Einführung eines obersten Gerichts¬ 
hofes und durch die allgemeine Wehrpflicht. 
Der schlesische öffentliche Konvent, der ursprünglich neun Abgeordnete des 
ständischen Grundbesitzes, neun aus den Städten und neun aus den Landgemeinden 
zählte, trat am 19. Juni 1849, nachdem die Zahl der Abgeordneten aus jeder Klasse 
auf 16 erhöht worden war, zusammen. Die Reichsverfassung vom 4. März 1849, 
welche den einzelnen Kronländern die Selbständigkeit innerhalb der in der Verfassung 
festgestellten Beschränkungen sicherte, hob die ständischen Verfassungen auf und über¬ 
antwortete alle Landesangelegenheiten den Landtagen. Das Patent vom 30. Dezember 
1849 brachte nun die neue Landesverfassung für Schlesien. Der in der Regel in 
Troppau tagende Landtag sollte aus 30 Abgeordneten bestehen, wovon zehn auf die 
Höchstbesteuerten, zehn auf die größeren Städte und Märkte und zehn auf die übrigen 
Gemeinden entfielen. Odrau, Wagstadt und Wigstadtl bildeten einen Wahlbezirk für 
einen Abgeordneten. Für die Wahl der Abgeordneten aus den Landgemeinden sollte 
jeder der politischen Bezirke des Landes einen Wahlbezirk bilden. Der politische 
Bezirk Troppau hatte, zwei Abgeordnete aus den Landgemeinden zu wählen. 
Für die Rechtspflege war die Regierung Kaiser Franz I. von größter Wichtigkeit 
gewesen. Er hatte am 3. September 1803 ein neues' Strafgesetz erlassen und am 
1. Juni 1811 war das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für alle deutschen Erbländer 
erschienen, wodurch das von Kaiser Josef II. am 1. November 1786 erlassene gemeine 
Recht außer Kraft gesetzt wurde. Die Rechtspflege und die politische Verwaltung 
übten die Patrimonial- oder Herrschaftsgerichte aus, ivelche 1848 aufgehoben wurden. 
Das Patent vom 7. September 1848 bestimmte aber, daß die vorläufige Weiter¬ 
führung der Gerichtsbarkeit und der politischen Verwaltung, die jetzt getrennt werden 
sollten, den Patrimonialbehörden auf Kosten des Staates bis zur Einführung der 
landesfürstlichen Behörden überlassen bleibe. 
An die Spitze der politischen Verwaltung von Schlesien, das jetzt wieder von 
Mähren losgelöst wurde, kam als erster Statthalter Dr. Joses Ritter von Kalch- 
berg nach Troppau (1852—1854), dessen Nachfolger Anton Halbhuber von Festwill 
(1854—1860) war. Das ganze Land wurde in sieben Bezirkshauptmannschaften 
geteilt, die an die Stelle der früheren Kreisämter traten und der Statthalterei unter¬ 
geordnet waren. Die Bezirkshauptmannschaft Troppau mit den vier Gerichtsbezirken 
Königsberg, Odrau, Wagstadt und Wigstadtl hatte einen Flächeninhalt von 17'5'ü Meilen 
und 101.812 Einwohner. Auf Grund des Gemeindegesetzes vom 17. März 1849 
sollten nach dem Vorschlage des Oberamtmannes im Gerichtsbezirke Odrau die vier 
selbständigen politischen Ortsgemeinden Odrau mit den Konskriptionsgemeinden Odrau, 
Neumark und Sternfeld, Mankendorf mit Mankendorf, Kleinpetersdorf, Emaus, 
Heinzendorf, Wessiedel und Dobischwald, Großhermsdorf mit Taschendorf, Werden¬ 
berg, Neudörfel, Lautsch, Jogsdorf, Groß- und Kleinhermsdorf und Dörfel mit 
Dörfel, Kamitz, Wolfsdorf und Kunzendorf, welches neu zum Bezirk hinzukam, ge¬ 
bildet werden. Dieser Vorschlag wurde nicht genehmigt, sondern es wurden die vier 
politischen Ortsgemeinden Odrau mit Odrau, Neumark und Sternfeld, He in z en¬ 
do rf mit Mankendorf, Kleinpetersdorf, Emaus, Heinzeudorf und Wessiedel, Lautsch 
mit Dobischwald, Lautsch, Neudörfel, Jogsdorf, Kleinhermsdorf, Werdenberg und 
Taschendorf und Dörfel mit Großhermsdorf, Kamitz, Dörfel, Kunzendorf und Wolfs¬
	        
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