Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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fürstliche „Placeti Regii oder Exequatur“ vorausgehen müsse, am 4. Mai die An¬ 
ordnung, daß mehrere Bullen aus allen Ritualbüchern entfernt werden müssen, am 
29. Mai die Verordnung, daß von nun an alle großen Zunftfahnen abgeschafft und 
nur kleine Schwung- als auch kleine Kirchenfahnen, die einer allein zu' tragen ver¬ 
möge, gewählt werden sollen, wie nicht minder alle Musik bei den Fahnen am Fron¬ 
leichnamsfeste, sowie alle besondere Kleidung der Fahnenträger weggetan werden 
solle. Am 11. Juni 1781 erschien das Zensur-Edikt, wodurch dem Gedanken- 
und Redeverkehr ein bisher unbekanntes Feld eröffnet wurde, am 8. August die Be¬ 
stimmung, daß alle früheren Religionspatente aufgehoben seien, und am 13. Oktober 
das Toleranz-Edikt, welches den Akatholiken (Anhängern der augsb. und helv. 
Konfession und den nichtunierten Griechen) die Privatübung ihres Glaubens, das 
Recht, Bürger zu werden, Grundstücke zu erwerben und zu Staatsämtern zu gelangen, 
gewährte. Am 23. Oktober erschien die Verordnung, daß jene Untertanen, welche 
der Religion ivegen auswandern mußten, wenn sie zurückkehren, ohneweiters aufge¬ 
nommen werden müssen. Am 12. Jänner 1782 verfügte der Kaiser, daß alle Klöster, 
deren Mitglieder ein beschauliches Leben führen, weder Schulen halten, noch Kranke be¬ 
dienen, noch sich der Seelsorge widmen, aufgehobenwerden. Die Gebäude derselben, 
ihre Kirchen und Kapellen, mit Ausschluß der heil. Gefäße und Altäre, und ihre 
Grundstücke wurden an den Meistbietenden verkauft. Die Kruzifixe, Bilder, Me߬ 
gewänder und Wäsche wurden an die benachbarten armen Pfarreien verteilt. Aus 
dem eingezogenen Klostervermögen wurde der Religionsfond gebildet, welcher 
zunächst den vielen hilflos gewordenen Mönchen und Nonnen den kärglich bestimmten 
Unterhalt gewähren, in Hinkunft jedoch zur Errichtung und Begabung neuer Seel- 
sorgstätten, Schulen und Wohltätigkeitsanstalten dienen sollte. Am 7. Oktober wurde 
angeordnet, daß überall dort die Anstellung eines Pfarrers oder Lokal¬ 
kaplans (Kurat) vorzunehmen ist, wenn 1. die Pfarrkinder durch Wasser oder hohe Ge¬ 
birge oder durch schwere, im Winter aber üble Wege schwer zu ihren Pfarrkirchen kommen 
können oder gar davon getrennt sind, 2. die Entfernung von der Mutterkirche über 
eine Stunde Weges beträgt, 3. die Gemeinde über 700 Personen oder bei einer mit 
anderen Religionsverwandten vermischten Bevölkerung 500 oder 400 Personen stark 
ist, und 4. die Gemeinde durch Dokumente nachweisen könne, daß sie früher schon 
einen Pfarrer gehabt oder den nötigen Fond zur Erhaltung eines Geistlichen habe. 
Zufolge Hofdekretes vom 14. August 1784 wurde dann bestimmt, daß in dem zum 
Dekanate Odrau gehörenden Dörfern Bernhau, Pohorsch, Neuwaltersdorf und Dörfel 
eigene Pfarren errichtet werden sollen. Der Sitz der Pfarre Mankendorf wurde nach 
Petersdors verlegt und in Mankendorf ein Lokalkaplan bestellt. Ein solcher 
kam auch nach Kunzendorf. Das Dekanat von Odrau bestand demnach aus den 
Pfarren Odrau, Bodenstadt, Dörfel, Fulnek, Petersdors und Sponau und den Lokalien 
Kunzendorf, Mankendorf, Neuwaltersdorf, Pohorsch, Bernhau, Liebental, Mildes und 
Rudelzau, doch wurden die vier letzteren bald darauf dem Dekanate Bautsch zu¬ 
gewiesen. Die F r o n f e st e n k a p e l l e in Odrau mußte 1783 gesperrt werden. Die Pfarr¬ 
kirche erhielt damals aus dem aufgehobenen St. Klarastifte in Troppau eine 4 Ztr. 
schwere Glocke, die jedoch der Harmonie wegen gegen eine gleichschwere in Kunzendorf 
vertauscht wurde. Ferner kam die Statue der unbefleckten Empfängnis 
Mariä hieher, welche 1785 am Stadtplatze an der Ostseite des Rathauses aufgestellt 
wurde. Hier stand früher eine uralte Statue aus Holz inmitten von vier Linden. 
Da aber die neue Statue zu niedrig stand, so verwendete man zur Erhöhung derselben 
die Steine des aufgelassenen Prangers, der oberhalb des Rathauses vor dem Schank¬ 
bürgerhaus Nr. 47 (jetzt Stadtplatz Nr. 10) gestanden hatte. Alsbald verbreitete 
sich in der Nachbarschaft die Kunde, in Odrau stehe die hl. Maria am Pranger. 
Im Jahre 1772 war die Verordnung ergangen, daß von nun an Friedhöfe 
nur mit Bewilligung der Landesbehörde errichtet werden dürfen, und 1777 wurde 
verfügt, daß die Grüfte in den Kirchen selbst nicht mehr geöffnet werden dürfen; daß 
die Leichen durch einen von außen anzubringenden Gang in dieselben einzutragen
	        
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