Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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so erhalte der gesamte Stadtrat an Einprotokollierungsgebühr 2 fl. 30 kr., der Stadt¬ 
richter allein von jeder Klage 1 fl? 3 kr. Der Gerichtsdiener bekomme für jeden 
Arrestanten ein Sitzgeld von 4 kr. per Tag. Die Mitglieder des Magistrates be¬ 
säßen jeder ein Haus. 
Da die Herrschaft ein lebhaftes'Interesse bekundete, die Gerichtsbarkeit in ihre 
Hände zu bekommen und auf die Eingaben der Stadt lange keine Erledigung erfolgte, 
wandte sich der Oberamtmann Johann Kayl an das Kreisamt um Auskunft, ob nicht 
bei der nächsten Ratserneuerung eine Verminderung des Gerichtspersonales in Odrau 
eintreten sollte, worauf ihm unterm 14. Jänner 1787 mitgeteilt wurde, daß zufolge 
allerhöchster Entschließung vom 27. Dezember 1786 die derzeit bestehenden Gerichts¬ 
barkeiten in Bautsch, Bodenstadt, Fulnek, Königsberg, Odrau, Wagstadt und Wig- 
stadtl mit Ende März des Jahres 1787 ganz aufhören und mit 1. April an die 
Obrigkeiten übergehen, die sich bis dorthin mit einem vom k. k. Appellationsgerichte 
für wahlfähig befundenen Justitiar zu versehen haben?) Als dieser Erlaß eintraf, 
den man dem Einflüsse des der Stadt nicht gut gesinnten Grafen zuschrieb, bemächtigte 
sich der Gemeinde eine große Aufregung. Sie versammelte sich im Rathause unb 
beschloß, ein Majestätsgesuch um weitere Ausübung der seit uralter Zeit bestandenen 
Gerichtsbarkeit einzubringen, das aber am 20. März abschlägig beschieden wurde?) 
Das Kreisamt, welches nicht im klaren war, was für eine Einrichtung in jenen 
Städten, welche die Gerichtsbarkeit und den Magistrat verloren hatten, platzgreifen 
solle, erhielt am 8. März den Bescheid, daß es in Ansehung der publicorum, dann 
der Gemeindeangelegenheiten in diesen Städten so zu halten sei, wie in jenen Orten, 
die vorher nie eine Gerichtsbarkeit ausgeübt haben; daß die Verordnungen unmittel¬ 
bar an die Obrigkeiten ergehen, diesen aber es zukomme, zur Vollziehung derselben 
eine Art Vorsteher unter welch immer anderer Benennung als 
jener des Magistrates oder Stadtrates zu bestellen; daß sich der 
für die Justiz zu bestellende Justitiar jedoch jeder Einmischung in andere, die 
politica und öconomica betreffenden Geschäftsgegenstände zu enthalten und nur die 
Obrigkeit mittelst ihres Oberamtes die Leitung und Obereinsicht zu nehmen hätte?) 
Weiters erging unterm 27. April an das Oberamt ein Dekret, dem wir folgendes 
entnehmen : „Wie nach aus denen höchsten Ortes von den Stadtgemeinden wegen 
der denselben abgenommenen und an die Grundobrigkeiten übersetzten Gerichts¬ 
barkeiten so vielfältige, eingebrachte Rekurse und bittliche Vorstellungen, die leider 
aus der Erfahrung begründete Besorgnis geoffenbart hätten, daß die 
obrigkeitlichen Beamten die an sie übergehende Justizverwaltung zur Kränkung der 
Stadtgemeinden und einzelner Bürger in ihren anderweitigen Gerechtsamen, weiters 
zur Ausübung verschiedener Prävariationen und Präpotenzen mißbrauchen dürften, 
so wird den sämmtlichen Dominien und deren Repräsentanten, an welche eine vor¬ 
mals bei einer Stadtgemeinde bestandene Gerichtsbarkeit übertragen worden ist, 
gemäß obangeführter allerhöchster Entschließung ernstgemessen mitgegeben, daß sie 
diese Übertragung des Richteramtes zum Mißbrauch nicht anwenden, die unter ihre 
Gerichtsbarkeit gelangende Bürgerschaft in ihren anderweitigen Gerechtsamen keiner- 
dings unterdrücken oder kränken, unter dem Prätext des Richter- oder Justizamtes 
sich anderweitige Herrlichkeiten keinerdings anmaßen, in Verwaltung des Richteramtes, 
für welche sie Obrigkeiten Seiner k. k. Apostolischen Majestät immerhin verantwortlich 
bleiben, in dem gemessenen Zaum und Ordnung halten, mitfolglichen alle gegründeten 
Klagen so gewiß vorheugen und ausweichen sollen, als im Widrigen sie bei jedem 
Vergehen zur Verantwortung gezogen werden würden. Diese Allerhöchste Entschließung 
wird dann auch unter einem denen Stadtgemeinden, welchen die Gerichtsbarkeit ab¬ 
genommen worden, zu ihrer Beruhigung bekanntgemacht." Wie sich das Oberamt 
daran hielt, ist aus dem bereits Mitgeteilten zu entnehmen. 
*) Schloßarchiv, Kurrendenbuch 1787, x. 13, 14. — 2) Gm.-Archiv LXXXIII. 
— 8) Kurrendenbuch 1787, p. 47.
	        
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