Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Herzog von Böhmen, rüstete mit dem Fürsten Swatopluk von Olmütz, dem Sohne 
Ottos I., gegen die Polen, söhnte sich aber ohne Rücksicht auf Swatopluk zu nehmen, 
mit dem Polenherzog Boleslaw III. aus, worauf die Polen 1104 in Mähren ein¬ 
fielen und die Provinz Olmütz ausplünderten. Die beutebeladenen Feinde wurden 
auf dem Rückzüge von den Mährern angegriffen, und in den Gebirgen an den 
polnisch-mährischen Marken, vielleicht auf unserem Gebiete, kam es zur Schlacht. Die 
Mährer siegten zwar, konnten aber, da sie selbst stark geschwächt waren, den Polen 
die gemachte Beute nicht abjagen?) 
Von den Nachfolgern der genannten Herzoge von Böhmen und den Fürsten 
von Mähren sei nur erwähnt, daß 1158 der deutsche König Friedrich I. dem Herzog 
Wladislaw II. von Böhmen (1140—1173) aufs neue die Königswürde erteilte. 
Fürst Friedrich II,, der Olmütz von 1169—1173 hatte, wurde 1173 König von 
Böhmen, zog 1185 gegen den Fürsten Konrad von Znaim, der sich Mähren 1182 
von Kaiser Friedrich als Markgrafschaft hatte zum Lehen geben lassen, und besiegte ihn. 
Friedrich starb 1190, und 1197 wurde festgesetzt, daß Mähren als Markgrasschaft 
nicht unmittelbar dem römischen Reiche, sondern der Krone Böhmen zu Lehen gehen 
sollte. Ptemysl Ottokar I., König von Böhmen, und sein Bruder Heinrich Wladislaw, 
Markgraf von Mähren, schlossen 1197 einen Vertrag, demzufolge jeder von ihnen 
in seinem Lande eine eigene Herrschaft führen sollte, worauf die ununterbrochene Reihe 
der Markgrafen von Mähren beginnt. Nichtsdestoweniger ließen sich die Könige von 
Böhmen einen gewissen Einfluß auf die Regierungsgeschäfte in Mähren niemals 
nehmen?) 
Das Land war damals der slavischen Verwaltung entsprechend in Kreise 
(Zupett) eingeteilt, in denen man zwei Hauptorte zählte: eine Burg, als Waffenplatz 
und zur Verwaltung der fürstlichen Gefälle, und eine Stadt, zur Rechtspflege?) 
Die obersten Beamten waren der Burggraf (comes, castellanus, praefectus, zupan), 
in dessen Händen sich die ganze Vollzugsgewalt, sowohl in Bezug auf die Rechts¬ 
pflege als auch auf die Benützung der fürstlichen Hoheitsrechte (Regalien) befand. 
Er hatte mit seinen Burgmannen für die Ruhe und Sicherheit in seinem Bezirke 
zu sorgen. Ihm waren die Ministerialen, das sind solche, die Hofdienste leisteten, unter¬ 
geordnet, er verfügte sowohl über die zur Burg unmittelbar gehörigen Güter, als auch 
über die Staatsfrohnen. Seine Gewalt besaß er gleich den übrigen Beamten weder 
erblich noch lebenslänglich. Der zweite Beamte war der Kreisrichter oder 
Zaudner (judex provincialis, czudarius). Das Gerichtsprotokoll führte ein 
Notar, der auch die anderen schriftlichen Geschäfte besorgte. Der dritte war der 
Kämmerer (camerarius), der über die fürstl. Kammergefälle wachte, dieselben 
erhob und verwaltete und auch die gerichtliche Polizei besaß. Ihm war der Meier 
(villious), der Verwalter der fürstl. Besitzungen, beigegeben. Die Wälder und die 
Jagdbarkeit standen unter der Verwaltung des Jägermeisters (supremus venator 
sylvarum). 
Die Gerichtsverfassung hatte bis zum 13. Jahrhundert einen rein 
slavischen Anstrich. Abgabenbefreiungen, Ausnahmen, Sonderrechte und Vorrechte 
gab es nicht. Alle Bewohner eines Kreises standen gleichmäßig unter der Gerichts¬ 
barkeit der Zaude. Dem großen Gerichte für wichtigere Rechtshändel saß der 
Zaudner vor, dem kleinen Gerichte für minder wichtige Streite der Kämmerer 
oder der Meier. Es wurde nicht nach einem geschriebenen Gesetzbuch, sondern nach 
althergebrachten Grundsätzen entschieden. Ein Berufungsgericht gab es damals noch 
nicht. Das slavische Rechtsverfahren über Mord nannte man hlawa, das über Diebstahl 
swod, das über Gewalt närok. Bei letzterem waren Gottesgerichte (Ordalien), die 
Wasser- und Feuerprobe, gebräuchlich. Es bestand ferner bis in das 13. Jahrhundert 
die slavische Einrichtung der Gesamtbürgschaft, d. h. sämtliche Einwohner eines kleineren 
*) Chron. Poion. in Mon. Germ. IX, 454. — 2) Müller: Gesch. v. Olmütz, 
p. 31. — 3) Palacky: Geschichte Böhmens, II, 1:18 u. ff.
	        
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