Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

2] 
scharfem Winkel in die Ost-Westrichtung gegen das eiserne Tor umbiegt. Tief drinnen 
in dem das steile Gehänge bedeckenden Wald zwischen dem Hasensteig nnd dem 
Wessiedler Weg stehen auf dem Dörnerhügel etliche Grauwackefelsen, von denen 
die Sage erzählt, daß sie einst die Träger eines stolzen Schlosses ivaren. Ein 
wahrer Luginsland, bietet der größte dieser Felsen einen prächtigen weiten Blick 
über die ganze Oderniederung von dem Umbuge aus dem Quertal in das Längstal, 
auf die Bodenschwelle zwischen Roß- und Luhabach und auf das wasserscheidende 
Hügelgebiet Speitsch-Bölten. Von hier aus übersieht man fast das ganze Kuhländchen. 
Es dürfte daher auf dieser Stelle ebenfalls ein Signalturm gestanden haben und 
die Sage vom verzauberten Schloß nicht unbegründet sein. 
Ein dritter befestigter Grenzpunkt befand sich auf dem nordwestlich von Odrau 
liegenden, steil gegen die Stadt gtt abfallenden Milichberg. Die Sage erzählt, daß 
auf ihm einst eine Burg stand, die wegen des verbrecherischen Lebenswandels ihrer 
Besitzer mit allen Bewohnern und Schätzen versunken sei*). Die Lage auf der Höhe 
des Berges, namentlich der Umstand, daß der Platz, auf welchem die Burg gestanden 
haben soll, von der sich nach Nordwesten anschließenden Hochfläche durch einen tiefen, 
jetzt verfallenen, augenscheinlich künstlichen Einschnitt getrennt ist, läßt vermuten, 
daß die Sage einen geschichtlichen Hintergrund habe. Von diesem Punkte überblickt 
man die Straße von Odrau bis zum heutigen Dorfe Werdenberg — die alte Heer¬ 
straße nach Polen — die längs des Ziebbaches nach Fulnek führende Straße bis zur 
Pochhütte, sowie die Straße nach Mankendorf. Von hier ans übersieht man einen 
Teil des Kuhländchens und hat Ausblick auf die Burgen Stramberg und Alttitschein, 
ivo damals gewiß auch Grenzbefestigungen mit Signaltürmen sich befanden. Vom 
Milichberg zieht der kürzeste Weg über den Hennhof, über Dobischivald, Bodenstadt und 
Gr.-Ujezd nach Olmütz. Auf diesem strategisch wichtigen Punkte stand ebenso wie 
auf dem Hradisko beim eisernen Tore und dem Dörnerhügel bei Wessiedel eine 
Burg oder Warte, welche bestimmt war, auf den genannten Wegen vordringende 
Feinde abzuwehren oder mindestens von deren Herannahen durch Feuer- und 
Rauchsignale weiterhin Kunde zu geben. Daß hier wirklich eine Burg gestanden, 
geht auch daraus hervor, daß die vom Milichberge gegen Dobischwald sich hin¬ 
ziehende Hochfläche bis in das 17. Jahrhundert hinein die Namen -Han und 
ßabiehradky, auf deutsch Burgberg, führte. Erstere Bezeichnung hat sich im Namen 
Hennhof erhalten. 
Ein vierter befestigter Grenzpunkt, ein Landestor Mährens, befand sich am 
rechten Ufer der Oder gegenüber der Einmündung der Tschermenka. Er war bestimmt, 
aus dem Tschermenkatale vom Norden her einbrechende Feinde abzuwehren und 
ihnen die Geivinnung der Bodenstädter Hochfläche und somit des Weges nach Olmütz 
durch das Dorra- und Odertal zu vereiteln. Daß dort ein Landestor war, beweist die 
Bezeichnung der erwähnten Höhe mit Brany. Die Sage erzählt, daß auf dem dort 
befindlichen Felsen, jetzt Schwedenfelsen genannt, einst eine Burg gestanden habe. 
Darauf deutet auch der unter dem Felsen fließende Hradischkabach hin. Der Name 
Straßberg für die Höhe, über welche jetzt von Mariastein nach Sponau (slav. Spalow) 
der Weg führt, erinnert an die Wohnstätte der Burgwächter (straLs) und in der 
slavischen Bezeichnung von Sponau hat sich die Kunde von einem Brande erhalten, 
der diese Grenzbefestigung einmal vernichtet haben dürfte. 
Bketislaw, welcher später die Polen bis über die Oppa zurückwarf, oder sein 
*) Bei der am Abhange des Milichberges im Scheuergrunde stehenden Kapelle 
hält nach einer Sage späteren Ursprungs in der Mitternachtsstunde vom Oster¬ 
samstag auf den Sonntag ein feuriger Stier zwei. Schlüssel im Rachen, welche 
die Türen öffnen, die zu den im Berge verborgenen Schätzen führen. Hat der 
Mutige vor Ablauf der Mitternachtsstunde die Schatzgemächer verlassen, so wird er 
von einem „Mönchspater" sicher zurückgeleitet, ansonsten bleibt er unrettbar im 
Berge eingeschlossen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.