Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

255 
von Lutterbergk aus Linneburger Landt, seine Kunst eines Baders" für 70 Tl. L.-W. 
Als Beilaß wird angeführt: 1 Tisch, 1 große kupferne Pfanne, 1 kupferner Kessel, 
2 messingene Becken, 1 kupferner Brennkessel, 24 messingene Koppel, 8 große und kleine 
Badschaffel, 1 hölzerner Bottich, 1 Winkelalmer, 1 großer Spiegel, 1 hölzerner Dreh¬ 
schemel, 1 hölzerne Almer und ein Gartel, auf der Gemein beim Kalkofen gelegen. Rosen¬ 
berger starb am 12. Mai 1683 und am 26. April 1688 übernahm Johann Tepfer, 
gebürtig aus Freistadt, zufolge seiner Eheberednis für 100 Tl. schl. die Badstube. 
Im Jahre 1713 herrschten in Fulnek die Blattern und rafften viele Kinder 
weg. Der dortige Totengräber Matz Brußmann grub die Leichen während der Nacht 
aus, zog ihnen die Kleider ab und verkaufte diese dem Leipniker Hausierer Abraham, 
der sie in der Umgebung, so auch in Odrau, weiter verhandelte, wo dann alsbald auch 
die Blattern ausbrachen, an denen viele Leute starben. Als der Odrauer Feldscher 
(Bader) der Sache auf die Spur kam, wurde der Totengräber zu lebenslänglichem 
Festungsbauarrest verurteilt.*) 
Rechtspflege. 
Die Wirren des 30 jährigen Krieges hatten unsere Länder nicht bloß materiell 
arg verwüstet, sondern auch moralisch auf einen verwilderten Stand herabgebracht. 
Aberglauben, Roheit, Sittenlosigkeit und eingefleischte Vorurteile beherrschten das 
Geschlecht, welches, in Rot und Elend aufgewachsen, die verarmten Städte be¬ 
wohnte oder das ansgesogene Land bebaute, und es bedurfte langer Zeit, um bessere 
Zustände herbeizuführen. Um einen annähernden Begriff zu bekommen von der Un¬ 
menschlichkeit, mit der man damals gegen Personen verfuhr, die sich selbst entleibten, 
sei folgendes erwähnt: Der Schneider Volte, ein fast immer kränklicher, geistes¬ 
schwacher Mann, erhängte sich am 24. April 1646. Darüber entstand ein großer 
Alarm in der Stadt. Man machte aber keinen Versuch, den Unglücklichen zu retten, 
sondern schickte um den Scharfrichter nach Troppau. Dieser hieb nach seiner Ankunft 
mit seinem Schwerte den Strick durch, an dem Volte hing, und der Schinder (Ab¬ 
decker) lud den Leichnam auf einen hiezu bestimmten Karren und führte ihn bis zur 
Taschendorfer Grenze. Dort hieb ihm dann der Scharfrichter mit dem Grabscheit den 
Kopf und mit einem Beil die Finger von den Händen und warf den so zerstückelten 
Leichnam samt den abgeschlagenen Teilen in eine Grube. Den Schlußakt dieser 
Greueltat bildete ein Gastmahl beim Stadtrichter! 
Da sich die Stadt Odrau nicht den Luxus eines eigenen Scharfrichters gönnen 
konnte, so schloß sie im Jahre 1650 mit dem Troppau er Scharfrichter einen 
neuen Vertrag ab, der folgenden Wortlaut hat: 
„Ich Hans; Martin Wünckler, Scharfrichter der fürstl. Stadt Troppaw vrkunde 
vnd bekenne hiemit, vor mich, meine Erben und Nachkommende meines Standes 
8116668801-68 in Troppau, daß ich mit einem ehrbaren Rath der Stadt Odra eine 
gewisse Gleichheit tractiret und beschlossen, was hennt oder morgen und künftig ein 
Übel- oder Missethäter alda einkomben solte und derselbe wie es Recht vnd Vrtheil 
erkennen und mitbringen thäten, es sei mit dem Schwerdt, Strange, Radt, Fewer, 
Staupseile und, wie es vor Recht erkennet möchte werden (außer die sich selbst ent- 
leibeten, oder mit dem Schwert vnd Rath hingerichtet werden von denen die Gebür 
doppelt gefället), vor meine Mühe, der vom Leben zum Tode gerichtet und hinge¬ 
bracht solt werden, mich mit Zehen Thaller und vor den Knecht 1 Thl. 12 gr. be¬ 
gnügen vnd beschlagen will lassen,, darwider ich noch meine Erben und künftige Scharf¬ 
richter in Troppau nicht thun noch mehrer begehren oder fordern wollen. Hingegen 
werden vnd sollen sie schuldig sein, mir jährlich 4 Rthl. vnd zwar qnatemberlich 
1 Thl. gut zu machen. Zur Uhrkund ich mich eigenhändlich unterschrieben und mein 
gewöhnliches Signet hierin gedruckt. So geschehen Odra den 8. Decembris 1650. 
*) F. Jaschke: I, 888.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.