Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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in die Arbeit nehmen, das nicht vorschriftsmäßig gefertigt war. Die Tücher durften 
nicht länger gespannt werden als die Nummer des Siegels auswiest Jeder mußte 
einen Sumpf mit Fluß- oder Regenwasser zum Einnetzen der Tücher vor dem Rauhen 
haben, da der Gebrauch von Brunnenwasser hiezu verboten war. 
V. Bezüglich der Tuch färb er wurde folgendes bestimmt: Jeder Färber hatte 
unter einer Strafe von 50 Rtl. seine Färbekunst nur mit bezunfteten Gesellen und 
Lehrjungen auszuüben. Kaufleute, die eine eigene Färberei besaßen, sollten einen be¬ 
zunfteten Meister aufnehmen und nur ebensolche Gesellen fördern. Die Färber und 
Färbmeister mußten der Zunft m Breslau oder einer in einer anderen Stadt in¬ 
korporiert sein. Sie hatten sich an die aufgestellte Taxe zu halten unb durften Ver¬ 
änderungen im Preise nur mit Bewilligung des schles. Oberamtes vornehmen. An 
die geblaut-schwarzen Tücher hatten sie ein spezielles Siegel zu hängen, an die 
anderen ein gewöhnliches Bleisiegel. Bezüglich der hohen Cochenillefarben hatte es 
bei den früheren Siegeln zu verbleiben, nur war ein weißer Bindfaden durchzuziehen. 
Durch allzulanges Kochen in der Farbe und durch allzulanges Liegen im Kessel 
durften die Tücher nicht verbrannt und fleckig gemacht werden. Bei der dritten 
Schau hatte der Färber dem Schaumeister von einem breiten Tuch 1 Silbergroschen 
und von schmalen Tüchern oder Boyen 2 Gröschel zu reichen. 
VI. Da die Tuchmacher klagten, daß die Tuch Händler die guten, untadel¬ 
haften Tücher nicht nach ihrem Werte bezahlen, hingegen von ihnen Tücher von 
geringerer Gattung und Qualität verlangen, damit sie die Preise erniedrigen und 
dadurch mehr Kunden an sich ziehen könnten, so wurde ihnen dies unter einer Strafe 
von 200 Rtl. verboten. Auch ivurde ihnen unter einer Strafe von 200 Rtl., 
Verlust der Handlung und des Bürgerrechts verboten, die Siegel der Schaumeister 
abzureißen und statt dessen ihre eigenen Sondersiegel anzuhängen. Nebenbei konnten 
sie dies tun. Da es dem Handel zu empfindlichem Abbruche gereichte, wenn die 
Handwerker, die bei ihrer Hantierung verbleiben sollten, sich den Handel in das 
Ausland anmaßten, so wurde den Tuchmachern, Tuchbereitern, Tuchscherern und 
Färbern bei Verlust des Gewerbes untersagt, mit Tuch im großen zu handeln oder 
von Ausländern Faktorien (Handelsniederlagen) anzunehmen. Hingegen konnte 
jeder Tuchmacher seine eigenen Erzeugnisse außer Landes verschicken, während dies 
sonst nur den Tuchhändlern gestattet ivar, wobei sie zollfrei waren. Den Schaumeistern 
hatte der Tuchhändler von den breiten 50-elligen Tüchern 3 Silbergroschen, von 
den breiten 30-elligen 2 Silbergroschen und von einem 2-elligen oder 7-viertligen 
Tuch 3 kr. zu zahlen. Mäkler wurden nicht geduldet. 
Infolge dieser neuen Tuchordnung nahm dann die Tuchindustrie wieder einen 
wesentlichen Aufschwung. 
Die ehemaligen Ärzte, die Bader, waren nicht wissenschaftlich gebildete Dok¬ 
toren, sondern Handwerker. Der Baderlehrling begann ebenso wie ein anderer Lehr¬ 
ling mit Nebenarbeiten. In der Bade- und Barbierstube wurde er lange und viel 
verwendet, bevor er das Schröpfen oder Aderlässen lernen konnte. Darin mußte er 
ivohl beivandert sein, ehe er an eine andere Operation gehen konnte. Übrigens war 
das Badergeschäft verrufen und galten die Bader gleich den Schäfern, Schindern 
und Scharfrichtern für unehrlich, wenn sie die Ehrlichkeit für ihre Familie nicht vom 
Könige erkauft hatten. — Im Jahre 1611 heiratete der Bader Prokop Schneider 
Judith, die Tochter des Taschendorfer Richters. Als er 1618 starb, heiratete seine 
Witwe den Diakon Heinrich Albinus. Damals nannte man die heutige Schulgasse 
„Badergasse". Nach ihm finden wir einen Blasius Brustmann als Bader in 
Odrau. Dieser heiratete am 15. August 1622 Marianne, die Witwe des Hans Köhler, 
welche am 25. September 1624 an der Pest starb, worauf er am 14. Oktober 1625 die 
Susann« Fichtnerin ehelichte. Er selbst starb am 7. September 1653. Einige Jahre hatte 
dann Martin Weiß die Badstube inne. Als dieser aber starb, ohne sie ausgezahlt zu 
haben, verkauften der Rat und die Erben des Brustmann am 28. August 1659 „die Bad¬ 
stuben, zwischen der Schul und Jakob Maskule gelegen, dem Andreas Rossenberger
	        
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