Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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ein Schrank sollte Vj2 Brest. Ellen lang und ein Stück Garn zum Eintrag 2 7s Brest. 
Pfund schwer sein. Da die Tücher in der Walke dem höchst schädlichen Drehen nicht 
mehr unterworfen werden durften, so mußte jeder Tuchmacher sein Webezeug und die 
Ruthe darnach einrichten. Kleider-Fleckel anzuscheren, war verboten. Am gewöhnlichen 
Zeichenort mußte der Tuchmacher sein Meisterzeichen mit blauen oder andersfarbigen 
Leinenbindfäden deutlich einnähen. Alle Meisterzeichen mußten in einer Konsignation 
dem Inspektor übergeben werden. Bei einem Kerntuche mußte am letzten Ort ein i<, 
bei einem Kürtuch ein M mit blauen Leinenbindfäden eingenäht werden. In der Walke 
durften die Tücher nicht mit allzu heißem Wasser behandelt tverden, weil dadurch viele 
Pfunde von der besten Wolle verloren gingen und die Tücher keinen rechten „Stapel" 
erhielten. Die Fettigkeit sollte ihnen nicht mit Lauge, sondern mit Follerde oder Seife 
benommen werden unter einer Strafe von 2 Rtl. im ersten Falle und Abschaffung aus 
der Walke bei wiederholter Übertretung. 
Da die an vielen Orten gänzlich unterlassene oder nicht mit dem erforderlichen 
Fleiße vorgenommene Schau oder Zensur der Tücher den meisten Anlaß zum Ver¬ 
fall des Tuchhandels gegeben hatte, so wurden die diesbezüglichen Vorschriften neu 
eingeschärft. Es mußten demnach die Tücher einer dreifachen Schau unterzogen 
werden: 1. Wenn sie vom Stuhle genommen wurden. Hiebei wurden sie über 
zwei Bäume gezogen und beurteilt, ob die Meister zu wenig oder ungleiches Garn 
genommen, ob die Gesellen Warsbrüche gemacht oder etwa gar vom Eintrag etwas 
zurückbehalten hatten. War das Tuch gut, so bekam es ein Kleeblatt und ging in 
die Walke. Hierauf wurde es über den Streichtisch gelegt und von den Streich¬ 
meistern auf die Länge und Breite gemessen. — 2. War dies geschehen, so kamen 
die Tücher in die Rahmen, wo sie unausgereckt hingen und trocknen mußten, worauf 
die zweite Schau erfolgte. Behufs gleichmäßigen Verfahrens wurden in Breslau 
Mustertücher der verschiedenen Sorten vor und nach der Walke angefertigt und 
jedem Magistrat, dem Inspektor und den Schaumeister Stücke derselben gegen Be¬ 
zahlung ausgefolgt. Ergab dann die Probe bei der Schau ein günstiges Resultat, 
so wurde das Tuch vom Schaumeister der Qualität nach mit den Kleeblättern be¬ 
zeichnet und erhielt so viele Siegel als Kleeblätter. Von jedem großen Siegel er¬ 
hielt der Schaumeister 3, von einem kleinen 2 kr. — 3. Die dritte Schau fand 
nach der völligen Zubereitung des Tuches vor der Presse statt und wurde auf dem 
Reibtische vorgenommen, ivozu ein Tuchbereiter und ein Tuchscherer beigezogen 
wurden. Kam ein Tuch vor, das mit Vorteil oder Betrug gefertigt war, so wurde 
es zerschnitten. 
Die Zahl der Schaumeister richtete sich nach der Größe der Zunft. In Odrau 
gab es zivei Schaumeister. Die Ältesten der Zunft hatten vierteljährlich die General- 
Visitation vorzunehmen. Die Partikular-Untersuchung bezüglich der Wirkstühle, der 
Tuchrahmen, der Kämme u. dgl. wurde nach Umständen unversehens vorgenommen. 
III. Jeder Geselle, der Meister iverden wollte, mußte das Sortiren der Wolle, das 
Wolleschlagen unb -scheren, das Wirkstuhlsetzen, das Zeugeinrichten, Walken u. dgl. ver¬ 
stehen. Jeder Geselle mußte drei und, wenn er eines Meisters Sohn war, zwei Jahre 
gewandert sein und sechs Wochen in einer Walkmühle gearbeitet haben, bevor er zum 
Meisterstück zugelassen wurde. Dieses bestand in einem Stück zweielligen und einem 
Stück breiten, feinen Kerntuch, ivobei der junge Meister alle Handgriffe im Beisein 
zweier Ältesten zu machen hatte. Die Tuchmacher mußten ihre Werkzeuge jederzeit in 
gutem Stand halten. Ihre Arbeiten mußten sie aus guter Scherwolle fertigen. Kürschner-, 
Gerber-oder Sterblingswolle durfte nicht gebraucht iverden. Das Rauhen der 
Tücher sollte nur auf eingenetztem Tuche mit Karden geschehen unter einer Strafe 
von 2 Rtl. Der Gebrauch von eisernen Kämmchen zum Abrechen und Rauhen 
war unter einer Strafe von 24 Tl. verboten. 
IV. Damit die Tuchsorten bei ihrer beschriebenen „Würde" verblieben, in der 
Zeichnung nicht verderben und fadensichtig würden, mußten die Tuchbereiter und 
Tuch sch er er genau nach der neuen Tuchordnung vorgehen und durften kein Tuch
	        
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