Volltext: Geschichte der Stadt und des Gerichtsbezirkes Odrau

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Landrechte erhobenen Beschwerde Folge gegeben und sie von der Bezahlung des 
Bieres losgesprochen.*) 
Damals bürgerte es sich ein, „gemengtes Bier" zu brauen, d. h. zu einem 
Gebräu von 12 Scheffeln, 6 Scheffel Weizen und 6 Scheffel Gerste zu schütten. 
Trotzdem verlangte der Hauptmann Wilhelm Gemmenstorfser von jedem solchen 
Gebräu eine Abgabe von 2 Viertel Weizen, was sich die Schankbürger zu leisten 
weigerten, da sie ein solches Gebräu nur für „ein HalbesWeizenbier" ansahen und 
demgemäß nur ein Viertel Weizenmalz ablieferten. Am 1. August 1675 wurde 
dann folgender Vergleich wegen des gemengten Bieres und des Maut¬ 
malzes geschlossen. Die Schankbürgerschaft verwilligte sich, für die restlichen 
50 Metzen Mautmalz 100 fl. rh. bar zu erlegen, und der Graf erlaubte ihnen, ge¬ 
mengtes Bier zu brauen, sie mußten sich aber verpflichten, von einem gemengten 
Gebräu von 12 Scheffeln, als ob es lauter Weizenbier wäre, ztvei Viertel und von 
einem Gebräu von 24 Scheffel vier Viertel Weizenmalz in das Odrauer Hofkasten¬ 
amt abzuschütten. Auch wurde in diesen Vertrag eingesetzt, daß die Herrschaft eben¬ 
falls befugt sei, Weizen-, Gersten- oder gemengtes Bier zu brauen, dieses in ihren 
vier Dörfern und, so oft in der Stadt ein Mangel an gemengtem Bier wäre, auch 
hier ausschenken zu können. 
Auf jede mögliche Weise suchte die Herrschaft das Brauurbar der Bürger in 
ihre Hände zu bekommen, doch hielten diese fest an ihrem alten Rechte. Karl Mansued 
von Orelly, der jetzt Sekretär des Grafen tvar, richtete am 20. Juli 1679 nach¬ 
stehendes Schreiben an den Stadtrat: 
„Ehrsamer, Wohlweiser Stadtrath! Es hat Überbringer dieses, Georg Herz- 
mansky, bei dem gnädigen Herrn Grafen von Verdenberg um Confirmierung der 
über seine Behausung habenden Freiheiten gehorsamst angehalten, wobei mir der 
Herr Graf vermeldet, daß Gemeiner Stadt Rath gleichmäßiger Ansinnung um ihrer 
habenden Privilegien wegen gegen Erlag oder Bezahlung einer discretion von 300 fl. 
zu thun vermeinet. Daher habe nach Verständnis dessen aus wohlgeneigter und wohl¬ 
meinender Willen demselben nicht verhalten können, daß nicht ohne das ein Jeder 
sucht bei seiner Freiheit gelassen und geschützt zu werden, aber herentgegen auch zu 
betrachten, ivie schwer einer Obrigkeit es falle, daß sie das versteuere, was sie sonst 
nicht genießet. Nun ist Ihnen selbsten nach Genügen wissend, daß Sie des Bier¬ 
verlages auf den Dörfern genießen, herentgegen die Herrschaft vor solche Nutzung 
die jährliche Contribution zahlen muß, also nit finde, wie obrigkeitliche Verfahren 
solches Jus haben hinüber lassen können, weshalb sich der Graf öfter bei ihme be¬ 
schwert und des willens, diese Ungleichheit gehöriger Instanz anzubringen, um sowohl 
das onus der Contribution zu der Nutznießung hinüber zu schieben. 
„Und damit beider Seiten genüglich abgeholfen wird, habe ich meine rathsame 
gute Meinung denenselben entdecken tvollen, daß ich es auf mich nehme und bei dem 
gnädigen Herrn Grafen solcher Gestalt zu vermitteln meine, tvenn sie der gnädigen 
Herrschaft den Bierverlag cmf den Dorfschaften, von welchen sie ohnedies, wenns 
anderst Wohl in consideration gezogen und debatirt wird, einen schlechten Nutzen 
ziehen, wiederumb hinüber lassen wollen, ihnen eine andere verträgliche und der 
Gemein hingegen nutzbare Ergetzlichkeit darfür zu Wege bringen tvollte, und ztvar 
fürs Erste, daß der Verlag des Weines ihnen völlig aufgehebt, neben deme auch ihre 
Privilegien vmbsonsten confirmieren lassen, item auch die Waisenstellung aufzuheben 
und sie zu befreien, und endlichen den verlangten Wochenmarkt zu placidiren. Ver¬ 
meinen also es werden sich hierüber nicht zu beschweren haben und wollen das 
Gegenanerbieten reiflich überlegen, damit nicht der gnädige Herr Uhrsach habe, seine 
Meinung werkstellig zu machen. Nebst Erwartung einer verläßlichen Antwort ver¬ 
bleibe Euer dienstwilligster Carl M. v. Orellv." 
Sie gingen aber auf dieses Anerbieten nicht ein. Im Jahre 1683 ließen sie 
*) Bd. l. Schankb.-Lade. Gem.-Arch.
	        
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